Im Zentrum des Skandals steht der Bürgermeister selbst, Beppe Sala. Auch gegen ihn wird ermittelt. Am Montag wies Sala jedoch jegliche Schuld weit von sich: «Meine Hände sind sauber. Ich habe mich über mein Amt nie persönlich bereichert», sagte der von einer Linkskoalition getragene Bürgermeister. Salas Stadtrat fürs Bauwesen trat allerdings zurück. Zu gross war der Druck aufgrund der Enthüllungen geworden.
Neue Form von Korruption?
Was ist aufgrund der Ermittlungen bisher bekannt? Jene Behörde, die Baugesuche prüft und bewilligt, soll Projekte auch dann durchgewunken haben, wenn sie gegen Bauvorschriften verstossen hätten. Im Gegenzug seien den bewilligenden Beamten von Baufirmen üppige Zuwendungen zugeflossen. Dies der Verdacht der Mailänder Ermittlungsbehörden.

Lirio Abbate ist Journalist und schreibt seit langem über die italienische Korruption. Die habe sich in den letzten Jahren verändert: «Anders als vor 30 Jahren wird heute nicht mehr ein Couvert mit Banknoten übergeben. Schmiergeld wird heute getarnt, zum Beispiel als Beratungshonorar.» Zahlungen in Form eines Beratungshonorars oder eines Gegengeschäfts sind eine Grauzone, in der es nicht auf Anhieb klar ist, was noch als zulässig und was schon als Korruption gilt.
Der Boom-Stadt droht der Stillstand
Gemäss italienischen Medien, die sich auf Ermittlungsakten stützen, sollen grosse Mailänder Baufirmen Millionen von Euro an Beamte überwiesen haben, die Bauprojekte prüften. Mitglieder der Bauprüfungskommission sollen zum Teil selbst an den von ihnen beurteilten Projekten beteiligt gewesen sein.
Involviert sind diverse Grossprojekte, zum Beispiel das Olympische Dorf für die Spiele im nächsten Februar. Zweifel gibt es aber auch beim Neubau des Fussballstadions von San Siro. In ganz Mailand sind derzeit über 100 Baustellen wegen laufender Ermittlungen blockiert.

Betroffen davon sind auch Leute, deren Wohnung längst hätten fertig sein sollen. 200'000 Euro hat Maristella Ghiazza in eine Eigentumswohnung investiert. Nur hat die Justiz die Grossbaustelle am 7. November des letzten Jahres gesperrt. Niemand weiss, ob und wie es mit dem Bauprojekt weitergeht. Sie fürchte um ihr ganzes Erspartes, sagt Ghiazza.
Bis die Justiz Klarheit geschaffen hat, kann es Jahre dauern. Darum drohe der Boom-Stadt Mailand der Stillstand, warnt die rechte Opposition.
Mailands Linke hat ein Problem
Für Lirio Abbate, den Korruptionsexperten der Zeitung «la Rebubblica», geht es in dieser Affäre aber nicht nur um rechtliches, sondern vor allem um politisches Fehlverhalten. In Mailand haben Leute mit tiefem oder mittlerem Einkommen zunehmend Mühe, eine Wohnung zu finden. Viele werden aus der Stadt vertrieben. Und nun ermittelt die Justiz gegen 74 Exponenten aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung, weil sie sich mit Bauprojekten illegal bereichert haben sollen.
Das ist ein Problem, vor allem für die Linke, die Mailand seit 14 Jahren regiert. Die rechte Opposition wirft den Sozialdemokraten vor, nicht auf der Seite der Wohnungssuchenden, sondern auf jener der Spekulanten zu stehen.
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