Die kurdische Untergrundorganisation PKK begann im Nordirak damit, ihre Waffen niederzulegen. PKK-Gründer Abdullah Öcalan hatte im Februar die Kämpfer aufgerufen, den bewaffneten Konflikt gegen den türkischen Staat nach rund 40 Jahren zu beenden. SRF-Auslandredaktor Philipp Scholkmann ordnet den Vorgang ein.
Ist die Niederlegung der Waffen der PKK-Kämpfer mehr als ein symbolischer erster Schritt?
Ein paar Dutzend Kämpfer sind aus ihren Rückzugsgebieten in den nordirakischen Bergen in die Nähe der Stadt Suleymanieh gekommen, um dort ihre Waffen auszuhändigen und offenbar gleich ins Feuer zu werfen. Das ist nach all den Deklarationen die erste konkrete Tat in diesem Prozess, mit dem ein Schlussstrich unter vier Jahrzehnte langer, blutiger Konfrontation gezogen werden soll. Die Zeremonie war als öffentliche Inszenierung gedacht, dann fand sie aber ohne Medien und ohne Liveübertragung statt, aus Sicherheitsgründen, wie es hiess. Das illustriert vielleicht, wie kompliziert und fragil der ganze Prozess ist.
Warum ging alles so schnell im türkisch-kurdischen Friedensprozess?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Präsident Erdogan hofft im Parlament auf kurdische Stimmen. Dafür ist er gewillt, die Hand ein Stück weit auszustrecken, wobei die Gelegenheit für ihn sehr günstig war. Denn die PKK ist extrem schwach geworden. Die türkische Armee hat sie in ihre Rückzugsgebiete im Nordirak abgedrängt und dort mit einem gnadenlosen Drohnenkrieg überzogen. Kommt hinzu: In den kurdischen Gebieten der Türkei sehnen sich viele nach einem gewaltfreien Neustart, das hat den Prozess begünstigt. Hinter den Kulissen hat man sich in den letzten Tagen offenbar gefunden. Die Details der Absprachen kennen wir nicht. Aber der türkische Geheimdienstchef war im Nordirak, und Öcalan hat sich nochmal öffentlich geäussert.
Wie reagiert die offizielle Türkei auf die Niederlegung der Waffen, während das türkische Militär im Norden Iraks nach wie vor gegen die PKK kämpft?
Erdogan sprach von Neuigkeiten von historischer Dimension, mit Verweis auf die heutige Aktion. Gleichzeitig warnt der Präsidentenpalast davor, dass sich die Entwaffnung über zu viele Monate hinziehen könnte. Da bestehe das Risiko von Sabotage, der ganze Friedensprozess könne aus der Bahn geworfen werden. Ziel ist jetzt offenbar, bis Ende September die Entwaffnung abgeschlossen zu haben. Ein Problem bleibt, dass es keine starke dritte Kraft gibt, welche den Friedensprozess von aussen kontrollieren würde. Die beiden Seiten wollen das untereinander regeln, wobei die kurdische Seite am kürzeren Hebel sitzt.
Können die Kämpfer, die noch im Irak sind, zurück in die Türkei, ohne fürchten zu müssen, belangt zu werden?
Darüber wird spekuliert. Wie eine Amnestie konkret aussehen könnte, bleibt noch unklar. Ebenso ist unklar, welche politischen Zugeständnisse der türkische Staat gegenüber dem kurdischen Fünftel der Türkei tatsächlich machen will. Öcalan hat einen demokratischen Prozess gefordert, er hat vorgeschlagen, dass das türkische Parlament eine Kommission dafür einsetzen solle. Aber wie viel für die kurdische Minderheit und die kurdische Kultur in der Türkei tatsächlich herausschauen kann, bleibt doch offen – auch wenn man an den autoritären Regierungsstil von Präsident Erdogan denkt und an die Tatsache, dass die türkisch-nationalistischen Strömungen in der türkischen Gesellschaft sehr stark sind.
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