Der anhaltende Krieg im Gazastreifen hat die Lebensbedingungen der Menschen drastisch verschlechtert. Zerstörung, Blockaden und humanitäre Engpässe prägen den Alltag. Kann man im Gazastreifen unter diesen Umständen überhaupt noch leben und wie geht es weiter? Die Antworten von Auslandredaktorin Susanne Brunner.
Wie realistisch ist ein Frieden?
Wir reden immer über eine Waffenruhe. Diese ist auch bitter nötig, für die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten. Aber wirklich einen Frieden zu schaffen, das wird enorm schwierig. In Israel will Premierminister Benjamin Netanjahu den Krieg weiterführen, bis die Hamas komplett zerstört ist. Das ist nach fast eindreiviertel Jahren nicht gelungen. Zudem gibt es in der Regierung Netanjahus die Vorstellung, dass man den Gazastreifen zum grossen Teil israelisch besiedeln müsste, damit es überhaupt Frieden geben könnte. Es scheint, als würden die Vorstellungen von Frieden viel zu weit auseinander gehen, als dass dieser jetzt möglich wäre.
Wie steht es um internationale Friedensbemühungen?
Alles macht den Anschein, dass es keine internationale Hilfe gibt, um einen Frieden wirklich umzusetzen. Auch beispielsweise bei US-Präsident Donald Trump, der nach eigenen Angaben den Krieg beenden will, ist unklar, wie er das machen will. Es bleibt die Frage, wie viel Druck er dafür auf Regierungschef Netanjahu ausüben will, aber auch auf die Hamas ausüben kann.
Könnten Palästinenserinnen und Palästinenser den Gazastreifen überhaupt verlassen?
Es heisst immer wieder, dass die Palästinenserinnen und Palästinenser den Gazastreifen freiwillig verlassen können sollen. Im Moment können sie ihn aber überhaupt nicht verlassen – mit ganz wenigen Ausnahmen von Personen, die ausgereist sind, zum Teil mit hohen Geldsummen oder weil sie einen Pass eines anderen Landes haben. Solange es jedoch kein Land gibt, das eine grosse Anzahl von diesen zwei Millionen Menschen aufnimmt, ist eine freiwillige Auswanderung leeres Geschwätz.
Weshalb werden palästinensische Flüchtlinge nicht von anderen Staaten aufgenommen?
Der eine Grund ist historisch: Bis heute gibt es palästinensische Flüchtlinge, zum Beispiel im Libanon oder in Jordanien. In der Vergangenheit gab es jedoch nach Ankunft von Palästinensern auch Probleme. In Jordanien versuchten sie etwa, den König umzubringen, als sie aufgenommen wurden. Und im Libanon wird ihnen mindestens eine Teilschuld am Beginn des Bürgerkrieges in die Schuhe geschoben. Der andere Grund: Wer Palästinenserinnen und Palästinenser aufnimmt, gilt sozusagen als Totengräber des palästinensischen Staates. Denn wenn die Bevölkerung erst einmal vertrieben ist, wird die Zukunft eines palästinensischen Staates noch unrealistischer.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke