- Grenzkontrollen behindern Pendler und Wirtschaft in der sächsisch-polnischen Grenzregion.
- Unternehmen fürchten, dass polnische Arbeitskräfte sich dauerhaft neu orientieren.
- Verbände fordern Ausnahmeregeln für Berufspendler und grenzüberschreitenden Warenverkehr.
Jeden Morgen geht Armin Hübner auf Tour. Der Bäcker aus der Oberlausitz fertigt nach alten Rezepten Brote. Die liefert er auch nach Polen. "Es ist mittlerweile so, dass die Bäcker in Polen weniger werden. Die Polen sind ein Volk, das auch viel Brot isst. Wir machen im Endeffekt kreative Brotsorten und das kommt in Polen gut an."
Doch Hübner hat ein Problem. Wegen deutscher Grenzkontrollen steht er immer wieder im Stau. "Wenn es richtig schlecht läuft, dann bin ich anderthalb Stunden unterwegs. Wenn es gut läuft, dann bin ich 50 Minuten unterwegs." Seit diesem Montag könnte es noch länger dauern. Denn nun kontrolliert auch Polen an der Grenze. Das betrifft rund 13.000 Pendler in der Region, darunter hunderte Polinnen, die im Görlitzer Werk des Sandalen-Herstellers Birkenstock arbeiten.
Sächsische Unternehmen in Grenzregion fürchten um Fachkräfte
Auch Alexander Jakschik, Chef der Maschinenbaufirma ULT in Löbau, hat polnische Beschäftigte, die nun mehr Zeit für den Arbeitsweg benötigen. "Wenn das über längere Zeit anhält, ist natürlich meine Sorge, dass sich die Kolleginnen und Kollegen einen Job in Polen suchen. Polen hat sehr stark aufgeholt und hat inzwischen auch attraktive Arbeitsplätze. Und das würde uns hier nur schaden in der Grenzregion."
Aus Sicht von Frank Großmann ist der Schaden schon da. Der Büroleiter der Industrie- und Handelskammer in Görlitz erzählt, Firmen klagten schon seit den deutschen Grenzkontrollen über Schichtarbeiter, die an der Grenze aufgehalten werden. Lieferungen kämen zu spät: "Es gab Vertragsstrafen, die gezahlt wurden, wegen Unpünktlichkeit. Ein Unternehmen ist uns bekannt, das auch einen größeren Auftrag verloren hat durch Unpünktlichkeit aufgrund der Grenzkontrollen", sagt er.
Forderung nach pragmatischen Lösungen für Grenzpendler
Großmann fordert: Die Politik müsse den Wirtschaftsverkehr wieder erleichtern. "Indem man überlegt: Kann man Grenzpendler anders behandeln? Gibt es separate Übergänge für Grenzpendler? Oder kann es eine Möglichkeit geben, dass der Warenverkehr quasi aus der Kontrolle rausgenommen wird. Klar ist: Wenn man im Wirtschaftsverkehr grenzüberschreitend tätig ist, ist jede Grenze hinderlich."
Stationäre Grenzkontrollen und den Grenzgängern Hürden in den Weg zu stellen, ist genau der falsche Weg. Wir wollen eine grenzüberschreitende Fachkräfteentwicklung.
Auch den Deutschen Gewerkschaftsbund sorgt, dass europäische Nachbarn wieder Grenzen ziehen. Anna Bernstorf, Sprecherin des DGB Sachsen, resümiert, eigentlich sollte das Dreiländereck Polen, Tschechien und Deutschland doch zusammenwachsen. "Stationäre Grenzkontrollen und den Grenzgängern Hürden in den Weg zu stellen, ist genau der falsche Weg. Wir wollen eine grenzüberschreitende Fachkräfteentwicklung. Wir wollen gute Arbeitsplätze sowohl für polnische Beschäftigte als auch für Einheimische hier in Sachsen. Es ist vollkommen klar, dass diese stationären Grenzkontrollen abgebaut werden müssen."
Ob die Kontrollen bleiben, entscheiden die Regierungen in Berlin und Warschau. Polen will zunächst nur vorübergehend kontrollieren – bis Anfang August. Vielleicht gibt es bis dahin eine Einigung. Der sächsischen Grenzregion würde das helfen.
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