Flüchtlingscamps oder andere permanente Flüchtlingsunterkünfte gibt es auf Kreta nicht. Denn bisher war die Insel im Süden des Landes kaum Ziel von Geflüchteten. Das hat sich geändert: Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der UNO kamen dieses Jahr bisher von den insgesamt 18’000 Geflüchteten und Migranten, die Griechenland erreichten (Stand 22.6.) über 7000 Menschen nach Kreta und Gavdos, fast 40 Prozent aller Migrantinnen und Migranten also.

Die libyschen Behörden sollen Flüchtlingsboote noch in libyschen Gewässern abfangen und die Migranten zurück nach Libyen bringen.
Autor: Kiriakos Mitsotakis Premierminister in Griechenland

Dies ist eine Entwicklung, die Griechenland unter anderem mit der Entsendung von Kriegsschiffen bekämpfen wolle, sagte der griechische Premierminister Kiriakos Mitsotakis nach dem EU-Gipfel in Brüssel letzte Woche. «Griechenland hat Schiffe ausserhalb der libyschen Hoheitsgewässer stationiert und versucht, Kontakt zu den libyschen Behörden aufzunehmen, wenn Boote gesichtet werden. Die libyschen Behörden sollen diese Boote noch in libyschen Gewässern abfangen und die Migranten zurück nach Libyen bringen», so Mitsotakis.

An der Grenze zur Türkei am Fluss Evros und in der östlichen Ägäis sind die Zahlen der ankommenden Migranten hingegen laut dem griechischen Migrationsministerium zurückgegangen.

Thema am EU-Gipfel

Im Kampf gegen die Schleuser aus Libyen sucht die griechische Regierung nach Verbündeten: «Es ist positiv, dass das Thema sowohl in inoffiziellen Treffen als auch am EU-Gipfel mit allen Ministerpräsidenten der EU besprochen wurde. Wir hatten die Gelegenheit, unsere Kollegen über den Anstieg der Zahlen der Migranten aus Libyen und auch über die neue Route nach Kreta zu informieren.»

Legende: Im Hafen von Sfakia auf Kreta sind Migrantinnen und Migranten angekommen. (27.5.2025) Reuters/Nicolas Economu

Nach Angaben des griechischen Migrationsministeriums zieht Griechenland eine Reihe weiterer Schritte in Erwägung, die zur Abschreckung derjenigen dienen sollen, die via Libyen ins Land kommen wollen: So könnte bald der Asylprozess für diejenigen, die Kreta erreichen, ausgesetzt werden und die ankommenden Migranten in Abschiebehaft kommen.

In absoluten Zahlen können wir – mit einigen Tausend ankommenden Menschen – nicht von einer Krise sprechen, wie die Regierung das tut.
Autor: Lefteris Papagiannakis Greek Council for Refugees

Der Jurist Lefteris Papagiannakis von der Nichtregierungsorganisation Greek Council for Refugees kritisiert diese Pläne: «Prozentual gibt es zwar einen Anstieg auf Kreta, aber in absoluten Zahlen können wir mit einigen Tausend ankommenden Menschen nicht von einer Krise sprechen, wie die Regierung das tut. Dass Griechenland nun das Asylverfahren für diese Menschen aussetzen möchte, ist besorgniserregend. Das hat Griechenland schon einmal gemacht, im Jahr 2020, als viele Menschen versuchten, die griechisch-türkische Grenze zu überqueren. Der Fall befindet sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.»

Leuchtraketen gegen Migranten

Unterdessen kippt auf Kreta die Stimmung in der Bevölkerung. In der Stadt Rethymno auf Kreta haben aufgebrachte Einheimische mit Leuchtraketen auf fünfhundert Migranten gezielt.

Dieses Bild von Menschen, die Migranten angreifen, passt einfach nicht zu uns.
Autor: George Marinakis Stadtpräsident von Rethymno

Stadtpräsident George Marinakis appellierte im Fernsehen an seine Mitmenschen: «Wir sind eine touristische Destination. Dieses Bild von Menschen, die Migranten angreifen, passt einfach nicht zu uns. Und dem Tourismus auf unserer Insel hilft es auch nicht, im Gegenteil.»

Legende: In der kretischen Stadt Rethymno wurden Geflüchtete erst auf einem Fussballfeld untergebracht. Dort wurden sie von Einheimischen mit Leuchtraketen beschossen. Reuters/Stefanos Rapanis

Die Europäische Union will von Libyen Massnahmen zur Bekämpfung der Migration Richtung Europa einfordern. Zu diesem Zweck werden nächste Woche der EU-Kommissar für Migration zusammen mit den Migrationsministern der Länder Griechenland, Italien und Malta Libyen besuchen und mit den libyschen Behörden über das Thema sprechen.

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