Die EU will eine spätere Befüllung der Gasspeicher erlauben. Damit sollen Preisschwankungen angesichts der geopolitischen Instabilität verringert werden. Was bedeutet das für den Erdgas-Preis?

Damit Europa genug Gas für den Winter hat, sollen die Gasspeicher der EU weiter verpflichtend gefüllt werden müssen - allerdings erst etwas später im Jahr als bislang. Unterhändler des Europäischen Parlaments und der EU-Staaten einigten sich in Brüssel auf eine Verlängerung der Gasspeicherverordnung um zwei Jahre, wie aus einer Mitteilung der Länder hervorgeht.

Demnach soll das bisherige Füllziel von 90 Prozent erhalten bleiben, aber dieses soll "irgendwann zwischen dem 1. Oktober und 1. Dezember" erreicht werden. Bislang müssen die Gasspeicher in der EU bis zum 1. November zu 90 Prozent gefüllt sein. Die neuen Vorschriften müssen nun noch vom Parlament und den Ländern formell angenommen werden.

Strikte Vorgaben sorgten für teures Gas im Sommer

Wie die Länder mitteilten, einigten sie sich mit dem Parlament auf diese Richtwerte, "um die Vorhersehbarkeit der Speichermengen zu gewährleisten und gleichzeitig den Marktteilnehmern genügend Flexibilität zu lassen, um das ganze Jahr über Gas zu kaufen, wenn dies günstiger ist". Die bisher strikten Vorgaben hatten zu Preissteigerungen beigetragen: Steht zu einem bestimmten Datum die Befüllung der Speicher an, rechnen die Märkte in den Monaten davor mit einer höheren Nachfrage, sodass der Preis steigt.

Wie eine Untersuchung des Wirtschaftswissenschaftlers Axel Ockenfels zusammen mit zwei Ökonomen des Beratungsunternehmens Frontier Economics zeigt, war Gas wegen des staatlichen Bewirtschaftungssystems zuletzt oft teurer als im Winter. Das ist eine neue und marktwirtschaftlich unübliche Entwicklung. Denn normalerweise wird im Winter viel Gas für Heizung und Warmwasser gebraucht, weshalb in dieser Zeit die Großhandelspreise einst hoch waren.

Erdgas, das im Sommer durch die Pipelines strömte, fand dagegen vor Einführung der staatlichen Bevorratungs-Regeln nur mühsam Käufer - und so blieben die Großhandelspreise niedrig. Für Betreiber von Gasspeichern lohnte es sich, im Sommer billig zu kaufen und im Winter teuer zu verkaufen.

Wegen der EU-Regelung wurden zuletzt im Sommer die nötigen Gasmengen gekauft, um den vorgeschrieben Füllstand rechtzeitig zu erreichen. Das könnte sich jetzt ein wenig ändern und auch Auswirkungen auf die Preise haben: Bereits die Ankündigung einer Flexibilisierung der Speichervorgaben hatte Anfang des Jahres dafür gesorgt, dass die Gaspreise leicht sanken.

Gasspeicher deutlich leerer als in den letzten Jahren

Die Gasspeicherverordnung wurde Mitte 2022 erlassen und soll die Gasversorgung der EU sicherstellen. Mit der Änderung nun soll die Anfälligkeit der EU für Preisschwankungen im Zusammenhang mit der geopolitischen Instabilität seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verringert werden, hieß es von den Ländern. Der Einigung war ein Vorschlag der EU-Kommission vorangegangen.

Schon die vorherige deutsche Bundesregierung hatte sich in Brüssel für "weniger rigide Speicherfüllstandsvorgaben" eingesetzt. Die Gasspeicher in Deutschland, die fast ein Fünftel der EU-Kapazitäten zum Aufbewahren von Gas ausmachen, sind derzeit zu rund 48,5 Prozent gefüllt. In der EU beträgt der Füllstand rund 57 Prozent. In den vergangenen zwei Jahren lagen die EU-Reserven zum gleichen Zeitpunkt im Jahr noch bei mehr als 70 Prozent.

Die niedrigeren Füllstände stellen zwar keine unmittelbare Gefahr für die Versorgung dar, über den Sommer steht nun aber die Befüllung an. Nach Angaben der EU-Kommission machen die Gasreserven in den Wintermonaten knapp ein Drittel des Gasverbrauchs in der EU aus.

Hoffnung auf Kriegsende lässt Preis sinken

Der Preis für europäisches Erdgas war gestern mit der Hoffnung auf eine Entspannung der Lage im Nahen Osten eingebrochen. Der richtungweisende Terminkontrakt TTF für europäisches Erdgas zur Auslieferung in einem Monat rauschte in den ersten Handelsminuten um mehr als zwölf Prozent nach unten. Der Terminkontrakt wurde zeitweise zu 35,40 Euro je Megawattstunde (MWh) gehandelt, nachdem er am Vortag noch bei etwa 41 Euro gelegen hatte.

Mit der Talfahrt erreichte der Gaspreis wieder in etwa das Niveau, das er zu Beginn des Kriegs zwischen Israel und dem Iran am 13. Juni hatte. In den vergangenen Handelstagen war die Notierung vor allem durch Sorgen vor einer Eskalation des Kriegs zwischen Israel und dem Iran mit einer möglichen Blockade der Meerenge von Hormus als wichtige Transportroute auch für den Handel mit Flüssiggas nach oben getrieben worden.

Zwar wird der Großteil des Gases, das die Meerenge von Hormus passiert, nach Asien geliefert. Engpässe und höhere Preise auf dem asiatischen Markt hätten aber auch Folgen für den Gashandel in Europa gehabt, da beide Regionen um einen begrenzten Anteil der globalen Versorgung mit Flüssiggas konkurrieren. Angesichts der Hoffnung auf eine Deeskalation gehen Marktbeobachter nun davon aus, dass sich die Händler wieder darauf konzentrieren, die europäischen Gasvorräte mithilfe der steigenden Lieferungen aus den USA aufzufüllen.

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