Nach monatelanger politischer Krise hat Rumänien wieder eine Regierung. Sie wird vom pro-europäischen Liberalen Ilie Bolojan angeführt, der bei seiner Vereidigung sagte: «Wir müssen den Menschen die Wahrheit sagen: Zauberlösungen gibt es nicht.»
Damit stimmte der 56-Jährige die Bevölkerung darauf ein, dass das Land sparen muss. Rumänien hat das höchste Haushaltsdefizit in der EU. Bolojan verspricht aber auch, Privilegien abzuschaffen, das Leistungsprinzip hochzuhalten und in Gesundheit und Bildung zu investieren. Er will die Beamtenlöhne deckeln und die Zahl der Staatsangestellten um 20 Prozent senken.
Ruhm ist Bolojan egal
Das sind wohl keine leeren Ankündigungen, denn Bolojan, der frühere Bürgermeister der Stadt Oradea, gilt als nüchterner, effizienter Verwalter, dem Prunk und Ruhm egal sind. Er hat in Oradea die Verwaltung verschlankt und in Infrastruktur, Gesundheit und Bildung investiert.
Danach war er Senatspräsident und amtete während der Krise infolge der annullierten Präsidentschaftswahl als Interims-Staatspräsident. Er machte seine Sache so gut, dass er als beliebter Politiker gilt. Er ist fast so populär wie der neugewählte Staatspräsident Nicusor Dan.
Ein Vertrauensvorschuss für das neue Duo an der Spitze des Staates ist also da – und das sind gute Nachrichten für ein Land, in dem das Misstrauen gegenüber der Politik weit verbreitet ist.
Bolojan führt eine Regierungskoalition aus allen pro-europäischen Parteien an, inklusive der postkommunistischen Sozialdemokraten und der Nationalliberalen – Parteien, die für die alten Seilschaften in der Politik und für Misswirtschaft stehen.
Ultrarechte regieren nicht mit
Die Sozialdemokraten haben denn auch die Bedingung gestellt, dass sie ab Frühling 2027 den Regierungschef stellen dürfen. Das heisst im Klartext: Sie schauen zu, wie Bolojan die schwierigen Reformen umsetzt, sich unbeliebt macht, und dürfen danach die Regierung übernehmen. Ein kluger Schachzug, aber die Voraussetzung dafür, dass die Regierung überhaupt gebildet werden konnte.
Die Ultrarechten übrigens, die im Parlament zahlreiche Sitze haben, sind aussen vor. Sie werden wohl den Unmut über die Sparmassnahmen befeuern, wo sie nur können, um damit zu punkten.
Doch zunächst ist die neue Regierung am Zug, mit neuen Köpfen, neuen Ideen und viel Energie. Bemerkenswert ist die Ernennung des Arbeitsministers: Der Historiker und Menschenrechtsaktivist gehört zur Minderheit der Roma – es ist das erste Mal, dass diese einen Minister stellt.
Dies ist ein Schritt von grosser Bedeutung, leiden doch die Roma nach wie vor unter Marginalisierung und Unsichtbarkeit. Und es ist ein Schritt, der Hoffnung auf positive Veränderungen macht – nach all den Monaten der politischen Unsicherheit.
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