Nach den Angriffen Israels gegen iranische Infrastruktur schauen Analysten zu Wochenbeginn vor allem auf die Energiepreise. Der Iran gilt trotz seines relativ geringen Anteils von drei Prozent an der weltweiten Ölproduktion als strategisch wichtige Größe in der Region – vor allem, da es wichtige Transportwege blockieren kann. Und insofern wunderte es auch niemanden, dass erste Indikatoren bereits am Freitag auf steigende Öl- und Gaspreise in den kommenden Tagen hindeuten. Der für Europa richtungsweisende Gas-Terminkontrakt Amsterdam TTF stieg am Freitag beispielsweise um bis zu 6,6 Prozent.

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Dieser Trend dürfte sich wohl in dieser Woche fortsetzen – und damit auch die Preise an deutschen Tankstellen erhöhen. Grund dafür ist, dass in den meisten Indikatoren bislang noch gar nicht die Angriffe auf die iranische Erdgasverarbeitungsanlage South Pars eingepreist sind. Bei South Pars handelt es sich um das größte Gasfeld der Welt, das gemeinsam von Iran und Katar ausgebeutet wird. Nach Israels Angriff auf das Gasfeld musste derjenige Teil der Anlage abgeschaltet werden, der das geförderte Gas an Land reinigt und weiterverarbeitet. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Dazu musste auch eine Gasförderanlage auf See stillgelegt werden.
Analysten betonen unisono, dass dieser Schlag einen hohen Stellenwert für den Weltmarkt habe. "Das ist vermutlich der bedeutendste Angriff auf die Öl- und Gasinfrastruktur seit Abqaiq", sagte Rystad Energy-Analyst Jorge Leon zur Nachrichtenagentur Bloomberg. 2019 wurde bei einem Angriff auf die Ölverarbeitungsanlage Abqaiq und das Ölfeld Churais kurzfristig die Hälfte der saudischen Ölproduktion vom Markt genommen. Offiziell verantwortlich erklärten sich die Huthi-Rebellen aus dem Jemen. Andere Länder wie die USA machen jedoch den Iran dafür verantwortlich. Damals stieg der Ölpreis kurzfristig um 20 Prozent.
Öl-Exporte vor allem nach China
Ganz so schlimm dürfte es für Konsumenten wohl nicht werden. Dafür sprechen mehrere Gründe. Der Iran nutzt das Gasfeld South Pars vor allem für den eigenen Bedarf, wodurch nur wenig Gas auf den Weltmarkt strömt – anders als 2019 in Saudi-Arabien, wo in Abqaiq vor allem für den Weltmarkt produziert wird.
Das größere Risiko für den Weltmarkt liegt in einer weiteren Eskalation. Denn auch, wenn der Iran zuletzt nur etwa drei Prozent des weltweiten Öls produzierte – im April rund 3,3 Millionen Barrel pro Tag, und das vor allem für China – kontrolliert das Land doch wichtige Transportwege. Experten schauen dabei vor allem auf die Straße von Hormus. Durch die Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman fließen laut der Agentur Argus Media allein etwa 65 Millionen Tonnen Flüssiggas (LNG) pro Tag – 15 Prozent des weltweiten Handels. Auch nach Europa wird das Gas über diese Wasserstraße gefördert.

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Eine totale Blockade der Meerenge wäre wohl ein Worst-Case-Szenario für die Märkte. Die US-Bank J.P. Morgan rechnet in diesem Fall mit einem Anstieg des Rohölpreises auf 130 Dollar pro Barrel. Die ING sieht sogar Potenzial für ein neues Allzeithoch jenseits von 150 Dollar, was zuletzt 2008 beinahe erreicht wurde.
Israel beschränkt sich bislang auf Gas
Eine solche Blockade würde auch sämtliche preisdämpfenden Effekte überlagern, die zuletzt für fallende Energiepreise sorgten – etwa die schwache Weltkonjunktur und Lockerungen bei den nötigen Gasspeicher-Füllständen in Europa.
Bislang beschränken sich die Angriffe Israels zudem noch auf Erdgas, was auch dafür sorgte, dass die Öl-Börsen am Freitag nach einem sprunghaften Anstieg auch wieder etwas nachgaben. Nach einem Anstieg um 12 Prozent auf 78,5 Dollar je Barrel Brent, fiel der Preis noch am Freitag auf 73 Dollar. Am Montagmorgen lag er leicht im Plus bei etwa 75 Dollar.
Dennoch liegt der Ölpreis damit wieder auf dem Niveau von März, wo der Liter Diesel in Deutschland durchschnittlich 1,72 Euro kostete. In der vergangenen Woche kostete er nur 1,54 Euro im Durchschnitt. Da sich die Benzinpreise in der Vergangenheit schneller an Preiserhöhungen beim Öl anpassten als an Preissenkungen, dürfte das Tanken damit auch recht kurzfristig teurer werden in Deutschland.
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