Es war ein Achtungserfolg: Der chinesische Konzern BYD hat im April erstmals in Europa mehr E-Autos verkauft als US-Rivale Tesla. Die Chinesen setzen auf Europa, weil auf dem Heimatmarkt ein Preiskampf tobt und der US-Markt ausfällt.

BYD ist Weltmarktführer bei Elektro-Autos und auf dem Heimatmarkt China Platzhirsch. Als nächstes nimmt der Konzern nun wieder stärker Europa im Visier. Nicht zuletzt, weil die USA als Absatzmarkt nicht mehr infrage kommen.

Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen weltweit 4,27 Millionen Autos verkauft. Die meisten in China, aber auch in anderen Ländern von Japan bis Brasilien. In diesem Jahr sollen es 5,5 Millionen werden. Auslandsverkäufe sollen 800.00 Stück dazu beitragen.

"BYD hat sich mit viel Dynamik und guten Modellen auf dem Automarkt etabliert", analysiert Jürgen Pieper, unabhängiger Automobil-Analyst. Zugleich habe der chinesische Konzern die Trägheit insbesondere deutscher Hersteller in den vergangenen Jahren zu nutzen gewusst. "Dabei hat BYD auch von der Schwäche Teslas profitiert."

Weißer Fleck USA

Einen weitgehend weißen Fleck gibt es auf der Landkarte von BYD allerdings: Die USA. Der Grund sind 100 Prozent Zölle auf chinesische Elektro-Autos, die in die USA importiert werden. Das war keine Idee von US-Präsident Donald Trump, sondern von seinem Amtsvorgänger Joe Biden. Das Ziel: die heimische Auto-Industrie zu schützen. Denn BYD sucht neue Absatzmärkte außerhalb Chinas.

Und so lenkt BYD sein Augenmerk immer mehr auf Europa. Der europäische Fokus lag bisher auf Großbritannien, Spanien und Italien: In Großbritannien gibt es keine nennenswerte heimische Auto-Konkurrenz. Und in Spanien und Italien werden gerne eher günstige Autos gefahren. "Das ist für BYD ein Vorteil", sagt Experte Pieper.

Eigenes Werk in Deutschland geplant

Seit längerem ist Deutschland im Blickfeld - hier soll ein drittes europäisches Werk entstehen. Bisher produziert BYD in der Türkei und in Ungarn für Europa. Nach Deutschland liefert BYD seine Fahrzeuge vorläufig noch per Schiff. Und dafür mussten bisher noch nicht viele Schiffe unterwegs sein. 2024 wurden gerade Mal 2.891 BYD hierzulande verkauft - rund 1.000 weniger als im Jahr zuvor.

"In Mitteleuropa ist das Geschäft für BYD schwieriger", begründet Pieper, "denn hier ist die Konkurrenz größer und stärker." BYD habe außerdem noch kein nennenswertes Händler-Netz.

Preise als Kampfansage

Auf seiner Website listet der Autohersteller tatsächlich lediglich 29 Verkaufsstellen in Deutschland auf. "Das muss ausgebaut werden", sagt der Automobil-Experte, denn: "In Europa funktioniert der Autokauf nach wie vor über die traditionellen Vertriebswege statt online." Wer einen BYD kaufen oder eine Probefahrt machen möchte, muss also unter Umständen erst einmal weit fahren.

Doch die Preise sind eine Kampfansage: Aktuell kostet ein Dolphin Surf von BYD im Aktionspreis 19.990 Euro. Der Volkswagen ID 2 soll ab 25.000 Euro kosten, doch dieser wird erst 2026 auf den Markt kommen. Mit dem ID Every1 wollen die Wolfsburger dann ein Modell für auch rund 20.000 Euro anbieten. Geplanter Start ist aber erst das Jahr 2027.

Servicestellen als "neuralgischer Punkt"

Neben dem Preis ist ein weiterer Punkt gerade in Mitteleuropa nach Einschätzung des Experten wichtig: Service: "Darauf legen Kunden in Europa viel wert und das ist der neuralgische Punkt", sagt Pieper. Hier habe BYD noch wenige Anlaufstellen, und der Aufbau dauere. Darüber hinaus sei in Deutschland das Firmenkunden-Geschäft wichtig - gerade bei E-Fahrzeugen. Da brauche es gute, wettbewerbsfähige Leasing-Angebote.

Hier setzt BYD auch auf Partnerschaften: Seit Neuestem kooperieren die Chinesen hierzulande mit dem Auto-Abonnement-Anbieter Finn. Kundinnen und Kunden können ab 259 Euro im Monat einen BYD Dolphin abonnieren. Steuern, Wartung und Versicherung sind bei den Abo-Modellen bereits enthalten. Allerdings werden höherwertige Modelle schnell teurer. So kostet der SUV Sealion 7 mindestens 439 Euro monatlich.

Holprig an der Börse

An der Börse gab es in den vergangenen Monaten immer wieder kräftige Einschnitte: Zuletzt weil BYD auf seinem Heimatmarkt die Preise bis zu 34 Prozent gesenkt hatte. Analysten von Morgan Stanley rechnen damit, dass sich der Preiskampf fortsetzt, weil andere Hersteller nachziehen müssen und die Kundinnen und Kunden nun erst einmal abwarten.

Experte Pieper sieht hier eine Parallele zu Tesla: "BYD kommt in der Normalität an wie Tesla vor zwei Jahren. Die Preissenkungen könnten Vorbote einer schwierigen Entwicklung sein."

Wer bleibt auf der Strecke?

Eine schwierige Zukunft für E-Auto-Hersteller sieht auch John Murphy, Autor des gerade erschienenen "Car Wars Reports" der Bank of America. Er warnt, dass viele chinesische Autohersteller aufgrund ihrer "überambitionierten Elektropläne", der überbordenden Konkurrenz, des Preiskampfes und der Menge an Anbietern nicht überleben werden.

Der Präsident des chinesischen Autoherstellers Great Wall zog bereits eine Parallele zum eingebrochenen Immobilien-Markt in China: "Eine Krise wie in Evergrande gibt es in der Automobilindustrie bereits. Sie ist nur noch nicht ausgebrochen."

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