Elon Musk hat sich für seine Gehirnchip-Firma Neuralink weitere 650 Millionen Dollar besorgt. Das bringt den Milliardär seinem Ziel, einer Symbiose von Mensch und KI, wieder ein Stück näher.
Ein Mensch, der nur durch die Kraft seiner Gedanken Maschinen steuert: Das klingt für die meisten nach Science-Fiction. Nicht so für Elon Musk. Der Milliardär hat eigens zu diesem Zweck sogar 2016 eine Firma gegründet - Neuralink. Nach einer neuen Finanzierungsrunde, die weitere 650 Millionen Dollar einbrachte, ist das Neurotechnologie-Unternehmen nunmehr rund neun Milliarden Dollar wert. Doch wozu genau braucht Neuralink das viele Geld?
Eine Schnittstelle zwischen Gehirn und Computer
Herzstück von Neuralinks Technologie ist ein winziger Chip - eine Gehirn-Computer-Schnittstelle (englisch: brain-computer interface, BCI). Dieser Chip ist mit Dutzenden Elektroden verbunden, die dünner sind als ein menschliches Haar und gezielt in bestimmte Hirnareale implantiert werden.
Dort erfassen sie neuronale Impulse, wie sie etwa bei der Bewegungsplanung und -steuerung entstehen. Ein kleines Gerät hinter dem Ohr oder im Schädelinneren überträgt diese Signale dann kabellos an einen Computer, der sie interpretiert.
"Ich tippe das mit meinem Gehirn"
2024 erhielt erstmals ein Querschnittsgelähmter ein Neuralink-Implantat, mittlerweile haben laut Unternehmensangaben insgesamt fünf Menschen einen solchen Chip in ihrem Gehirn. Ein Patient berichtete, dass er nach der Implantation in der Lage war, im Internet zu surfen, Schach zu spielen und sogar das Videospiel "Mario Kart" zu steuern.
Im vergangenen November erhielt auch der US-Amerikaner Bradford G. Smith ein Neuralink-Implantat, wie er im vergangenen Monat auf X mitteilte: "Ich bin der dritte Mensch weltweit, der das Neuralink-Hirnimplantat erhalten hat. Der erste mit ALS. Der erste, der nicht sprechen kann. Ich tippe dies mit meinem Gehirn. Es ist meine primäre Kommunikationsform", schrieb Smith unter seinem Nutzernamen "ALScyborg". Dabei bekommt Smith auch Hilfe von Musks KI-Modell Grok.
Gütesiegel für Neuralink von der FDA
Doch verspricht die Neuralink-Technologie wirklich mehr als solche spektakulären Einzelfälle? Die US-Arzneimittelbehörde FDA traut den Neuralink-Chips jedenfalls viel zu und hat ihnen bereits den "Breakthrough Device"-Status verliehen. Dabei handelt es sich um ein Gütesiegel für Medizinprodukte, die das Potenzial haben, schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankungen deutlich besser zu behandeln oder zu diagnostizieren als bisherige Verfahren.
Mit diesem Programm will die FDA die Entwicklung und Genehmigung solcher Geräte beschleunigen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Behandlungen ermöglichen.
Musks große Vision: die Mensch-Maschine-Symbiose
Dabei ist die Behandlung medizinischer Probleme für Musk nur ein kurzfristiges, eher untergeordnetes Ziel. Langfristig verfolgt der Tech-Milliardär mit Neuralink deutlich weitreichendere Pläne: die Symbiose von Mensch und Maschine, die Verschmelzung von biologischer und Künstlicher Intelligenz.
Denn Musk sieht in Künstlicher Intelligenz eine existentielle Bedrohung für die Menschheit. Mehrfach warnte er vor einem Szenario, in dem KI den Menschen intellektuell weit überlegen wird. Um nicht abgehängt zu werden, muss sich der Mensch in Musks Logik technologisch "aufrüsten" und seine eigenen kognitiven Fähigkeiten "amplifizieren" - etwa durch digitale Schnittstellen direkt im Gehirn.
Science-Fiction oder evolutionärer Sprung?
So können die Menschen in Echtzeit auf Informationen aus dem Internet zugreifen, neue Fähigkeiten "downloaden" oder sogar mit anderen Gehirnen zu kommunizieren. Das erinnert dann doch stark an den Science-Fiction-Film "Matrix", in der Widerstandskämpfer Tank seiner Mitstreiterin Trinity Tank per Computerprogramm das komplette Wissen über das Fliegen eines B-212-Helikopters direkt ins Gehirn lädt - innerhalb von Sekunden.

Szene aus dem Kinofilm "Matrix" - kurz bevor Trinity binnen Sekunden das Fliegen eines Helikopters lernt.
Doch so futuristisch diese Ideen auch wirken: In Musks Vision sind die Neuralink-Chips weit mehr als ein medizinisches Hilfsmittel. Sie sind ist ein evolutionärer Sprung, um mit der Künstlichen Intelligenz Schritt zu halten - in Musks Worten: "Wenn du sie nicht schlagen kannst, dann schließe dich ihr an."
Experten weisen darauf hin, dass diese Vision derzeit noch weit von der wissenschaftlichen Realität entfernt ist. Dabei dürften die Komplexität des menschlichen Gehirns und die immer noch begrenzten Erkenntnisse über seine Funktionsweise die wohl größte Herausforderung darstellen.
Wissenschaftler kritisieren mangelnde Transparenz
Neuralink-Kritiker haben jedoch nicht nur Zweifel an der Machbarkeit - sie äußern auch ethische und regulatorische Bedenken. Wissenschaftler bemängeln vor allem die fehlende Offenlegung von Studienergebnissen.
Statt auf die in der Community üblichen Publikationen in Fachjournalen mit vorheriger Peer-Review-Prüfung durch unabhängige Experten setzt Neuralink auf eine stark unternehmensorientierte Kommunikationsstrategie in Form von Pressemitteilungen oder Live-Events. Dadurch fehlt die Möglichkeit, die behaupteten Erfolge - etwa Steuerung eines Cursors durch Gedanken - kritisch zu validieren.
Völlig neue Datenschutzrisiken
Eine direkte Verbindung zwischen Gehirn und digitalen Systemen wirft zudem völlig neue Datenschutzrisiken auf: Wer hat Zugriff auf die Daten aus dem Gehirn? Können diese Schnittstellen gehackt oder manipuliert werden? In einer hypothetischen Zukunft könnte ein Hacker nicht nur Daten aus dem Gehirn auslesen, sondern den Neuralink-Träger sogar physisch und psychisch beeinflussen, sein Verhalten und seine Wahrnehmung verändern.
Klassische Datenschutzgesetze wie die DSGVO in Europa versagen hier, denn sie sind nicht auf Gehirn-Computer-Schnittstellen ausgelegt. Noch fehlen klare Vorschriften, wer Daten aus dem Gehirn speichern, verarbeiten oder verkaufen darf. Die Technologie von Musks Firma Neuralink hat damit nicht nur das Potenzial, das Leben vieler Menschen zu verbessern - sie wirft auch tiefgreifende ethische wie regulatorische Fragen auf.
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