Der Speaker ruft den Zuschauern zu, die zu Tausenden auf den Rängen sitzen: «Macht Lärm!»! Jubel brandet durch die Veranstaltungshalle in Des Moines im Bundesstaat Iowa. Das Publikum ist grossmehrheitlich männlich – und jung. Viele tragen Baseballmützen und Bart, auf T-Shirts prangt das Logo der UFC, der «Ultimate Fighting Championship», die diese Kampfevents organisiert.
«Mixed Martial Arts» nennt sich die Mischung aus Kickboxen, Ringen oder asiatischer Kampfkunst, die an diesem Samstagabend geboten wird. «Hier geht es um Blut, Schweiss und Tränen, um Männer in der Arena», erklären drei junge Fans.
Er wolle Blut sehen, sagt ein junger Mann. «Ich will sehen, wie weit die Kämpfer gehen. Und wenn ich mit Sportwetten noch Geld gewinne, dann wird das ein guter Abend.» Mit viel Show laufen die Kämpfer ein: eindrückliche Athleten mit durchtrainierten, tätowierten Körpern. Manche haben merkwürdige, geschwollene Ohren: sogenannte Blumenkohlohren, eine Folge von Gewalteinwirkung auf das äussere Ohr.
Ausländische Kämpfer werden ausgebuht, bei amerikanischen wird «USA! USA!» gerufen. Sie machen sich zum Zweikampf bereit – in einer Art achteckigem Käfig namens «Oktagon».

Die Kämpfer tragen Shorts, einen Mundschutz und leichte fingerlose Handschuhe. Diese Kämpfe seien viel gewalttätiger als Boxkämpfe, sagt ein älterer Fan. «Arme können gebrochen werden – oder Knöchel. Das ist wie früher, als wir Männer keine andere Wahl hatten und so kämpfen mussten.»
Die zwölf Kämpfe, die an diesem Abend geboten werden, gehen maximal über drei Runden à fünf Minuten. Auch Frauen kämpfen, aber das Hauptspektakel bieten die Männer.
Die Kämpfe haben etwas Ursprüngliches.
Der Jubel wird besonders laut, als ein Kämpfer seinem Gegner das Knie in den Körper rammt, sodass dieser zu Boden geht. Ein anderer würgt seinen Kontrahenten bis zur Bewusstlosigkeit.
Das Highlight ist der Kampf des US-Amerikaners Cory Sandhagen gegen den Brasilianer Deiveson Figueiredo. «Sandhagen macht seine Gegner fertig, er ist nur schwer zu fassen», führt ein Mann aus, der vor der Halle ansteht. Am Ende gewann Sandhagen, weil sich sein Gegner in der zweiten Runde ein Knie verletzt hatte.
«Die Kämpfe haben etwas Ursprüngliches», erklärt ein langjähriger Fan. Er sei kein gewalttätiger Mensch. Aber: «Wenn ich zuschaue, erwacht etwas in mir.»
Ein Milliardengeschäft dank Dana White – und Donald Trump
Die UFC-Kämpfe sind zum Milliardengeschäft geworden. Die vielen Kampfevents finden in grossen Städten statt: in Las Vegas, wo die UFC ihr Hauptquartier hat, oder in New York. Längst gibt es auch Kampfveranstaltungen ausserhalb der USA.
In Des Moines mussten die Fans lange warten: Der letzte Kampfanlass in Iowa liegt 25 Jahre zurück. Das grosse Publikum wird aber weltweit per Liveübertragung erreicht.
Dieser Erfolg hat viel mit UFC-Chef Dana White zu tun. Er hat die MMA-Kämpfe, die einst in vielen Bundesstaaten verboten waren, zum Erfolg geführt. Der bullige, kahlköpfige 55-Jährige wird von den Fans bewundert. «Dana is the shit», sagt ein junger Fan. Frei übersetzt: «Dana ist der Hammer.»
White halte sich nicht zurück, sage, was er denke, sei ehrlich. Und er habe dem Sport zu weltweiter Popularität verholfen. Starthilfe erhielt Dana White von Donald Trump. Etwa um die Jahrtausendwende bot Trump dem Kampfspektakel eine grosse Bühne – in einem seiner Casino-Hotels.

Zwischen Dana White und Trump entstand eine Freundschaft und eine Art Allianz. Und dass White während der Covid-19-Pandemie UFC-Veranstaltungen organisierte, machte ihn zu einem Helden der Trump-Anhänger. «Er hat diese ganze Scheisse mit ‹Abstand halten› nicht mitgemacht», heisst es auch von drei Männern in Des Moines.
Wahlkampfhilfe für Trump
Dana White ist längst zum Wahlkampfhelfer von Donald Trump geworden. Und im letzten Sommer wurde deutlich, welche politische Bedeutung er für Donald Trump mittlerweile hat: White sprach am Nominierungsparteitag der Republikaner, direkt vor Trumps eigener Rede.
Trump ist das härteste, widerstandsfähigste menschliche Wesen, das ich je getroffen habe.
Nur Tage zuvor war ein Bild um die Welt gegangen: Trump, kurz nach dem Attentatsversuch, mit blutigem Ohr und in die Höhe gestreckter Faust. White wählte Worte, die die UFC-Fans verstehen: «Mein Geschäft dreht sich um harte Kerle – und Trump ist das härteste, widerstandsfähigste menschliche Wesen, das ich je getroffen habe», rief White ins Mikrofon.
Auch in der Wahlnacht stand White auf der Bühne, als Trump seine Siegesrede hielt. Trump seinerseits besuchte kurz nach seinem Wahlsieg einen UFC-Kampfanlass. Als ob sie selbst UFC-Kämpfer wären, liefen Trump und White Seite an Seite in den berühmten New Yorker «Madison Square Garden» ein, unter dem tosenden Applaus der UFC-Fans.

Dana White hat kürzlich erklärt, er wolle sich nicht mehr politisch engagieren. Aber die UFC-Kämpfe sind zu so etwas wie der halboffiziellen Sportart von Trumps politischer Bewegung geworden. Und der Kampfsport und White wurden zu einem Portal für Wähler, die Trump und sein Team aktiv umwarben: junge Männer.
Die UFC ist Teil eines grösseren Universums: Es besteht aus rechten Influencern oder Podcasts, mit denen sich junge Männer informieren – und in denen teils eine harte, dominante Männlichkeit zelebriert wird. Der Podcast von Joe Rogan, der auch UFC-Kommentator ist, gilt als der erfolgreichste US-Podcast überhaupt. Die «Joe Rogan Experience» hat ein Millionenpublikum, und Donald Trump liess sich vor der Wahl von Rogan interviewen. Junge Männer wählten vielleicht auch deshalb mehrheitlich Trump.
Die Krise der jungen Männer
Auch am UFC-Anlass in Des Moines sind vereinzelt die Hüte mit Trumps berühmtem MAGA-Slogan («Make America Great Again») zu sehen. Ein junger Mann vermutet, Dana Whites politisches Engagement habe nicht wirklich eine Rolle gespielt: «Die meisten, die diesen Sport schauen, stehen politisch wohl ohnehin eher auf der Seite, auf der auch White steht.» Doch beide, White und Trump, stehen für eine traditionelle – vielleicht auch überholte – Männlichkeit. Und die Zahlen legen nahe, dass der Versuch des Trump-Lagers, junge Männer, auch solche, die kaum politisch aktiv sind, anzusprechen, Früchte trug.
Gemäss Zahlen der «Tufts University» wählten 56 Prozent der männlichen Wähler im Alter von 18 bis 29 Jahren Donald Trump, was einen bemerkenswerten Rechtsrutsch im Vergleich zu 2020 darstellt. Gleichzeitig lassen sich an den Statistiken Krisensymptome ablesen: junge Männer haben eine viel höhere Suizidrate als Frauen, sie sterben häufiger an einer Drogenüberdosis. Die Rate an Hochschulabschlüssen liegt bei jungen Männern deutlich tiefer als bei jungen Frauen. Das Umfrageinstitut «Gallup» kam zum Schluss, dass keine andere demografische Gruppe derart von Einsamkeit betroffen sei wie jüngere Männer.
Viele kommen sich vermutlich benachteiligt und abgehängt vor. Das könnte erklären, weshalb sie sich einer betonten Männlichkeit zuwenden – und einem Populisten wie Donald Trump. Schliesslich behauptet dieser ständig, die USA würden vor die Hunde gehen. Und er verspricht, er werde das Land zu vergangener Grösse zurückführen.
Einsilbige Fans
Ein Mann, der seit Jahrzehnten die UFC-Kämpfe verfolgt, warnt aber davor, die Fans alle in denselben Topf zu werfen. «Es heisst, die Fans hätten einen tiefen IQ, sie seien bösartig.» Er habe bei den vielen UFC-Anlässen, die er besucht habe, andere Erfahrungen gemacht: «Ich habe noch nie eine andere Gruppe von Menschen erlebt, die so nett, so verständnisvoll ist.»

Wer hier über die Kämpfe und ihre Faszination sprechen will, trifft tatsächlich auf freundliche Männer, die gerne Auskunft geben. Aber viele werden einsilbig, wenn sie auf Männlichkeit, auf Politik und Trump angesprochen werden. Womöglich sind sie politisch nicht sonderlich interessiert. Oder sie haben schlicht keine Lust: Es herrscht Wochenendstimmung, es wird Bier getrunken. Und die vielen Männer sind gekommen, um zu sehen, was sie fasziniert: harte Kerle und harte Kämpfe.
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