• Steigt der Mindestlohn, sinkt einerseits die Attraktivität von Schwarzarbeit.
  • Andererseits verteuert die Erhöhung des Mindestlohns das Personal – was die Schattenwirtschaft steigen lässt.
  • Generell sind jedoch auch andere Motive für Schwarzarbeit entscheidend – zum Beispiel das Umgehen der Sozialabgaben.

Über Schwarzarbeit kann man trefflich spekulieren. Jeder kennt einen, der einen kennt, der einen kennt, der mal schwarz gearbeitet hat. Aber offizielle Statistiken gibt es nicht, nur Schätzungen. Für die Baubranche klingen diese besonders drastisch.

Frank Tekkilic von der Baugewerkschaft IG BAU hat die Zahlen mal rausgesucht: "Man schätzt, dass im Moment ein Drittel der geleisteten Arbeitsstunden schwarz vollzogen wird. Und das bedeutet monetär gesehen: Bei einem Umsatz von rund 163 Milliarden Euro im Jahr sind das 54 Milliarden, die an Finanzamt und Sozialkassen vorbei geschleust werden."

Höherer Mindestlohn senkt Attraktivität von Schwarzarbeit

Die Frage ist nun: Wird das noch mehr, wenn der Mindestlohn auf 15 Euro steigt? Der emeritierte Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider forscht seit Jahren zu Schwarzarbeit. Er sagt, im Grunde gäbe es zwei Effekte. Der erste: Wenn man den Mindestlohn erhöhe, "dann ist es für denjenigen, der schwarz arbeitet, weniger attraktiv schwarz zu arbeiten. Das ist der Einkommenseffekt".

Teures Personal: Schattenwirtschaft steigt

Ein höherer Mindestlohn, sagt Schneider, könne die Schwarzarbeit also senken. Denn er mache reguläre Beschäftigung lukrativer. Doch dem wirke ein anderer Effekt entgegen: "Für viele Unternehmen, gerade in Ostdeutschland, ist es bei einem Mindestlohn von 15 Euro aber nicht mehr attraktiv, jemand zu beschäftigen, weil das zu teuer ist. Und dann verzichtet er darauf. Und insofern führt der zweite Effekt dazu, dass die Schattenwirtschaft steigt."

Welcher der beiden Effekt überwiegt, hänge vom Ausmaß der Mindestlohnerhöhung ab. Bei einem Anstieg von jetzt 12,82 Euro auf 15 Euro erwartet Schneider eine Zunahme der Schwarzarbeit – insbesondere in Ostdeutschland.

Mindestlohn ist nicht immer Motiv für Schwarzarbeit

Philipp Fuchs sieht das anders. Er leitet das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik und hat vor fünf Jahren untersucht, welchen Effekt die Einführung des Mindestlohns hatte. Fuchs fand keinen entscheidenden Zusammenhang zur Schwarzarbeit: "Man kann eigentlich sagen: Damit es zur Schwarzarbeit kommt, müssen sich Beschäftigte und Arbeitgeber einig sein. Also es gehört ein Mindestmaß an Übereinstimmung krimineller Energie dazu. Und die ist nicht direkt abhängig von einem Mindestlohn, von dessen Existenz oder Höhe. Also da dominieren eher andere Motive von Arbeitgebern und Beschäftigten, warum sie sich darauf einlassen."

Zum Beispiel weil sich beide Seiten die Sozialabgaben sparen wollen. Oder weil ein Beschäftigter sein Einkommen generell verheimlichen will. Fuchs resümiert, es gäbe keinen zwingenden Grund anzunehmen, dass ein Mindestlohn von 15 Euro zu mehr Schwarzarbeit führe.

Und selbst wenn doch – Gewerkschafter Tekkilic würde auf die Mindestlohnerhöhung nicht verzichten wollen: "Und dann muss ich eben gucken, wie ich das dann kontrolliere. Aber der Schluss kann nie sein: Dann lassen wir mal die Erhöhung, dann gibt es auch weniger Schwarzarbeit."

Höhere Kontrolldichte gegen Schwarzarbeit erforderlich

Kontrollen gegen Schwarzarbeit gebe es ohnehin zu wenig. Die Baugewerkschaft fordert schon länger, deutlich mehr zu kontrollieren. Dann würden auch mehr Schwarzarbeiter erwischt. Wie viele aber nicht, bliebe auch weiterhin im Dunkeln.

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