Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt massiv und soll viele Jobs kosten. Doch eine aktuelle Studie zeigt, es ist ganz anders als vermutet.

Seit gut zwei Jahren erobern Sprachmodelle wie ChatGPT die digitale Welt. Viele Unternehmen nutzen die frei zugänglichen Programme oder entwickelten eigene Anwendungen – und animierten ihre Mitarbeiter dazu, Chatbots für ihre tägliche Arbeit zu nutzen. Doch schon kurz nachdem die ersten Sprachmodelle aufgekommen waren, sorgten sich die Angehörigen vieler Berufsgruppen, schon bald ihre Kernkompetenzen an eine Künstliche Intelligenz (KI) abtreten zu müssen und schließlich ihren Job zu verlieren.

Umfrage: Nutzung von Künstlicher Intelligenz nimmt rasant zu

Doch die Effekte von KI auf die Arbeitswelt scheinen bislang weitaus geringer zu sein als vielfach befürchtet. Zu diesem Ergebnis kommt eine jüngst vom Nationalen dänischen Wirtschaftsinstitut (National Bureau of Economic Research, Denmark) veröffentlichte Studie. Dazu hatten die Ökonomen Anders Humlum von der University of Chicago’s Booth School of Business und Emilie Vestergaard von der University of Copenhagen 25.000 Arbeitnehmer aus 7000 dänischen Betrieben befragt, wie sich die Verwendung von KI auf ihren Joballtag und ihren Lohn ausgewirkt hat. Die Befragten gehörten elf Berufsgruppen an, die von KI besonders stark betroffen sind: Buchhalter, Kundendienstmitarbeiter, Finanzberater, HR-Fachkräfte, IT-Support, Journalisten, Juristen, Marketingfachleute, Bürokräfte, Softwareentwickler und Lehrer.

Überraschende Erkenntnis: Künstliche Intelligenz spart kaum Zeit ein

Das überraschende Ergebnis: Durch die Nutzung von ChatGPT oder anderen Sprachmodellen sparten die Mitarbeiter lediglich drei Prozent ihrer Arbeitszeit ein. Auch auf ihr Einkommen wirkte sich die KI kaum aus. Durch die Zeitersparnis erhöhte sich der Lohn nur zwischen drei und sieben Prozent. Die Sorgen vieler Menschen, durch ChatGPT und Co. ihren Arbeitsplatz zu verlieren, seien daher unbegründet, interpretieren Humlum und Vestergaard ihre Studie. Eine KI würde weder die Produktivität von Unternehmen maßgeblich erhöhen, noch sich zu einer Art von Super-Mitarbeiter entwickeln.

Für viele Unternehmen ist das eine bittere Erkenntnis. Sie investieren hohe Summen in die Anwendungen der Technologie und schulen ihre Mitarbeiter intensiv darin, diese zu nutzen. Doch der Wunsch, kurzfristig Jobs einzusparen, indem diese eine KI übernimmt, scheint sich nicht zu bewahrheiten. "Obwohl die Einführung (von KI) schnell erfolgte und die Unternehmen inzwischen stark in die Erschließung des technologischen Potenzials investieren, bleiben die wirtschaftlichen Auswirkungen gering", so das Fazit der beiden Ökonomen. 

Dänemarks Arbeitsmarkt ist nicht von hire and fire geprägt

Ob die Ergebnisse auf andere Länder übertragbar sind, muss sich noch zeigen – so weist etwa Deutschland eine größere Dualität im Arbeitsmarkt auf als Skandinavien: Es gibt mehr prekär Beschäftigte, etwa in Call-Centern, die leichter durch Technik ersetzt werden könnten. In den USA wiederum ist wegen der geringen Gewerkschaftsdichte weniger Widerstand gegen einen sozial unfairen KI-Einsatz zu erwarten als in Europa. Im Ganzen jedoch deuten die neuen Erkenntnisse aus Dänemark darauf hin, dass KI in qualifizierten Berufen derzeit eher als Sparringspartner und Inspirationshilfe fungiert als als volldigitaler Kollege.

Künstliche Intelligenz ChatGPT als Seelsorger: "Vor dem Bildschirm kann ich weinen"

Die Studie würde im Übrigen früheren Untersuchungen auch nicht grundsätzlich widersprechen, sagt Humlum. Diese gingen von weitaus höheren Einsparpotenzialen aus, als sich bisher eingestellt haben. Dies hätte sich aber selektiv auf Bereiche bezogen, in denen KI besonders hilfreich sei und Zeit einsparen würde, zum Beispiel in der Entwicklung von Software, dem Verfassen von Stellenanzeigen oder der Erstellung von Marketingmaßnahmen. 

Jenseits der eher geringen ökonomischen Vorzüge stiftet die Verwendung von KI anderen Nutzen für die Unternehmen, belegt die Studie: Sie macht kreativer, verbessert die Qualität der Arbeit und schafft neue Aufgaben.  

Dass viele Effekte so kurz nach dem Beginn einer nie dagewesenen Revolution der Arbeitswelt derzeit noch gering seien, könne nicht verwundern, schreiben die Autoren. Denn viele der weit extremeren Prognosen hätten auf nicht realistischen Laborversuchen und Theorien basiert und nicht auf der tatsächlichen Arbeitswelt. Langfristig könnten die Veränderungen aber sehr wohl deutlicher ausfallen, wenn Unternehmen die Möglichkeiten von KI besser adaptieren und anwenden.  

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