Eigentlich ist es nur eine Randnotiz, dass AOL ab Ende September keine Internetverbindungen mehr über das analoge Telefonnetz per Modem und ISDN zur Verfügung stellt. Viele erinnern sich aber noch an die legendären Geräusche bei der Einwahl, andere möchten vielleicht wissen, was das überhaupt war.

Von 4K-Streaming und Gigabit-Geschwindigkeiten war das Internet zu Anfangszeiten noch Lichtjahre entfernt. Man wählte sich mit einem Modem über die analoge Telefonleitung ein, lauschte dem legendären Pfeifen und Tuten beim Verbindungsaufbau und surfte dann mit bestenfalls 56 Kilobit pro Sekunde (Kbit/s), realistisch waren 40 bis 50. Das erste Unternehmen, welches das Einwahl-Internet massentauglich machte, war AOL (America Online). Jetzt schaltet der Provider den Dienst zum 30. September nach 34 Jahren endgültig ab.

2002 fast 30 Millionen Nutzer

1995 hatte AOL laut "Appleinsider" in den USA rund zehn Millionen zahlende Dial-up-Nutzerinnen und -Nutzer, der Website "Koosai" zufolge waren es zum Höhepunkt 2002 über 26 Millionen. Zählt man Kunden dazu, die den Dienst nach Erhalt einer der von AOL ab Mitte der 90er Jahre massenweise verschickten CDs ausprobierten, waren es vermutlich sogar deutlich mehr.

Die CDs lockten mit kostenlosen Testzeiträumen, zunächst 50 Stunden, später sogar "1000 Stunden gratis für 45 Tage". Man musste die "Silberlinge" nur einlegen, die Software installieren und ein Modem anschließen - schon konnte man direkt den AOL-Dienst nutzen.

Zwei bis fünf Millionen deutsche Kunden

AOL war mit seinem Einwahl-Service hauptsächlich in den USA erfolgreich, aber auch in Deutschland, wo es 1995 an den Start ging. Laut Branchendienst "Cio" hatte das Unternehmen in der Bundesrepublik rund zwei Millionen Kunden, als dessen Internet-Zugangs-Geschäft 2007 von Hansenet übernommen wurde. Zu besten Zeiten erreichte das Unternehmen laut Wikipedia mit seinen Internet-Angeboten der Marken AOL, CompuServe und Netscape Internet Service etwa fünf Millionen Menschen pro Monat.

Die Modems stammten hierzulande schon überwiegend von Fritzbox-Hersteller AVM (heute Fritz GmbH), der bereits 1986 in Berlin gegründet wurde und beim AOL-Start in Deutschland längst Marktführer war. Das gilt übrigens auch für ISDN-Karten, die 1995 zunehmend Modems ablösten. Sie ermöglichten Datenraten bis 64 kbit/s, wenn man die zwei Kanäle bündelte, die die Technik bot, sogar bis zu 128 kbit/s.

Zweieinhalb Minuten für ein 1-MB-Foto

Man zahlte dann auch doppelt, also beispielsweise 15 Pfennig pro Kanal und Minute. Deshalb waren die Fotos, die man herunterlud, üblicherweise nicht groß, sondern stark komprimiert. Mit 100 Kilobyte war die Qualität entsprechend mies, aber es dauerte nur zehn, 15 Sekunden. Auf ein Foto mit einem Megabyte (MB) Größe musste man mit Modem rund zweieinhalb Minuten warten, ISDN lud es gebündelt immerhin in der Hälfte der Zeit herunter.

Das viel schnellere DSL und ein paar Jahre später auch Kabel-Internet (TV-Kabel) lösten Modem und ISDN ab Ende der 90er Jahre mit zunehmend günstigeren Preisen ab. Mobiles Internet (3G) startete ungefähr 2003, Glasfaser-Internet gibt seit den 2010ern Gas.

Ende einer winzigen Nische

Trotzdem gibt es auch heute noch Menschen, die einen Einwahl-Dienst nutzen. In den USA waren es nach offiziellen Zahlen 2023 nur noch 163.000, meistens vermutlich in abgelegenen Gegenden, wo es keine andere Möglichkeit gibt. Insofern ist die nüchterne Mitteilung des Unternehmens gut zu verstehen:

"AOL überprüft regelmäßig seine Produkte und Dienste und hat beschlossen, das Einwahl-Internet einzustellen. Dieser Dienst wird in den AOL-Tarifen nicht mehr verfügbar sein. Infolgedessen werden dieser Dienst und die zugehörige Software, die AOL Dialer-Software und der AOL Shield-Browser, die für ältere Betriebssysteme und Einwahl-Internetverbindungen optimiert sind, am 30. September 2025 eingestellt."

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