Panzerwagen, mit Kanonen und Hakenbüchsen bewaffnet, bildeten bewegliche Verteidigungsanlagen. So erschütterten die Hussiten die Feudalordnung und wehrten die Ritter ab.
 

Nach dem Zweiten Weltkrieg dominierten Panzer über 70 Jahre lang das Schlachtfeld. Erstmals eingesetzt wurden die stählernen Kolosse im Ersten Weltkrieg. Doch bereits etwa 500 Jahre zuvor, am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit, wurde ein ähnliches Konzept genutzt: "gepanzerte" Kampfwagen, die mit Kanonen bewaffnet waren.

Widerstand gegen das Feudalsystem

Einigermaßen bekannt ist die Zeichnung Leonardo da Vincis – mehr wegen des Schöpfers, nicht, weil der Entwurf so genial gewesen wäre: Sein rundes Gefährt wäre viel zu groß und schwer gewesen, um tatsächlich eingesetzt werden zu können. 

Anders verhielt es sich mit den Kampfwagen der Hussiten. Die Hussiten folgten dem Reformator Jan Hus, der 1415 von der Amtskirche verbrannt wurde. Sie bildeten eine religiös-soziale Protestbewegung im damaligen Böhmen mit Zentren in Prag und der Stadt Tábor. Die Wagenburgen wurden so nicht nur zu einer militärischen Innovation, sondern auch zu einem Symbol des Widerstands gegen die feudale und kirchliche Ordnung.

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Holz-Panzer gegen Ritter

Nicht nur die religiösen Überzeugungen der Hussiten bedrohten die feudale Ordnung Europas, sondern auch ihre militärische Stärke, die nicht allein aus Opferbereitschaft und Fanatismus der Gläubigen bestand. Die Hussiten entwickelten eine Möglichkeit, die damals üblichen Ritterheere zu schlagen. Deren Kampfkraft basierte im Kern auf schwer bewaffneten und gepanzerten Reitern, die im Verbund mit Fußsoldaten und Bogenschützen kämpften. 

Solange die Ritter günstige Bedingungen für den Einsatz zu Pferde fanden, waren sie von Aufständischen kaum zu stoppen. Deren Heere bestanden meist aus Bauern und Handwerkern, die als Reitersoldaten nicht eingesetzt werden konnten, da dies lebenslanges Training erforderte. 

Zudem waren die kostspieligen Rüstungen für Aufständische unerschwinglich. Stellten sich diese zur Schlacht, konnten die schweren Reiter mühelos ihre Reihen durchbrechen. Ein Fußsoldat hatte kaum eine Chance, dem Ansturm von Pferd und Reiter standzuhalten. Wenn Aufständische dennoch siegten, lag dies in der Regel an geografischen Bedingungen wie Steigungen, Morast oder Wäldern, die den Einsatz der Reiterei verhinderten. 

So geschah es etwa in der Schlacht am Morgarten 1315 oder als die Dithmarscher Bauern in der Schlacht bei Hemmingstedt 1500 ein Söldnerheer besiegten. Die Hussiten hingegen schufen durch ihre Wagenburgen künstlich solche hinderlichen Bedingungen, indem sie mobile Verteidigungsanlagen errichteten, die unabhängig vom Gelände eingesetzt werden konnten.

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Wagenburg als wandernde Festung

Die Hussiten, insbesondere die fanatische Fraktion der Taboriten, bauten rollende Festungen, die ihren Soldaten den nötigen Rückhalt gaben. Dafür nutzten sie modifizierte Pferdekarren, die mit dicken Brettern und Eisen verstärkt wurden, sodass die Kämpfer durch eine Holzwand geschützt waren. Dieser "Panzer" bewahrte sie vor Pfeilen und erschwerte Angriffe mit Hieb- und Stichwaffen. 

Zudem bauten sie Schießscharten ein, nicht nur für Armbrüste – damals eine tödliche Waffe –, sondern auch für kleine Kanonen und Hakenbüchsen, frühe Handfeuerwaffen, die den Hussiten überlegene Feuerkraft verliehen. 

So entstand der "Panzer" der Renaissance: Die Hussiten sprachen von "válečné vozy" (Kriegs- oder Schlachtwagen). Diese Konstruktionen waren jedoch keine taktischen Angriffswaffen, da die Wagen sich nicht gleichzeitig bewegen und kämpfen konnten. Dennoch waren sie vielseitig. Eine Burg oder Festung stand dort, wo sie einst errichtet wurde. 

In der eigentlichen Schlacht war die Wagenburg zwar unbeweglich, doch konnte sie zuvor praktisch beliebig platziert werden – auch im Gebiet des Feindes. Die Hussiten positionierten ihre Wagenburgen oft auf erhöhtem Gelände oder an Engpässen, um Gegner in vorbereitete Verteidigungsstellungen zu locken. Im Verbund bildeten sie eine bewegliche Festung, die sogenannte Wagenburg. Die Pferde wurden abgespannt, und die Karren wurden zu einer Wagenburg aufgestellt. Ketten verbanden die Fahrzeuge, sodass einzelne Karren nicht aus der "Wand" der Wagenburg herausgerissen werden konnten.

Darstellung einer hussitischen Wagenburg aus dem 15. Jahrhundert © wikimedia

Grenzen des Konzepts 

Dieses geniale Konzept konnte sich jedoch nicht dauerhaft durchsetzen und verschwand mit den Hussiten. Neben den taktischen Schwächen trugen auch die politische Schwächung der Hussiten nach inneren Konflikten und die Kompromisse mit der Kirche nach 1433 dazu bei, dass die Wagenburgen nicht mehr genutzt wurden. 

Militärisch betrachtet überraschten die Wagenburgen zunächst die feudalen Heere, da die üblichen Taktiken hier versagten. Doch das Konzept hatte deutliche Schwächen. Die Wagenburg war darauf angewiesen, dass die Gegner frontal gegen sie anrannten. Mit der Wagenburg selbst konnte man kein Gefecht aktiv beginnen. Die Feinde erkannten schnell, dass ein Frontalangriff sinnlos war, und setzten zunehmend Kanonen mit größerer Reichweite ein. Diese konnten die Wagenburg aus der Ferne unter Beschuss nehmen, gegen deren Kugeln die hölzernen Wälle keinen Schutz boten. 

Der Besatzung blieben dann nur wenig aussichtsreiche Optionen: Entweder sie brachen aus und mussten sich im offenen Gelände stellen, oder sie wurden aus der Ferne dezimiert, bis der Gegner die zertrümmerten Wagen stürmte.

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Das Ende des Rittertums

Das Ende der Ritterheere kam jedoch nicht aus Böhmen, sondern aus der Schweiz. Die Schweizer setzten tief gestaffelte Gewalthaufen ein, bei denen die meisten Kämpfer mit extrem langen Spießen ausgerüstet waren. Wurden die Spieße gefällt und hinten im Boden abgestützt, traf ein Angreifer auf eine undurchdringliche Wand – ein Angriff zu Pferde war unmöglich.

 Anders als die Wagenburg konnte der Gewalthaufen selbst angreifen. Einmal in Marsch gesetzt, ließ er sich kaum aufhalten – die hinteren Glieder drückten die Kämpfer unaufhörlich nach vorn. Diese Taktik wurde international schnell übernommen, verfeinert und dominierte fast 150 Jahre lang die Kriegsgeschichte – bis die spanischen Tercios in der Schlacht von Rocroi 1643 besiegt wurden.

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