Seit dem Regierungswechsel kontrolliert Deutschland die Grenzen wieder stärker. Die Kontrollen übernimmt die Bundespolizei und muss viel Personal dafür abstellen. Im Bundestag äußert Innenminister Dobrindt Wertschätzung, weicht aber entscheidenden Fragen aus.

Tag und Nacht kontrollieren Bundespolizisten die deutschen Außengrenzen - noch einmal verstärkt seit dem Regierungswechsel. Das ist eine Mammutaufgabe für die Beamten. Die Vorgaben seien nur zu schaffen, weil Dienstpläne umgestellt wurden, die Fortbildungen der Einheiten aktuell auf Eis liegen und derzeit der Abbau von Überstunden gestoppt ist, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Andreas Rosskopf, den Funke-Zeitungen.

Rosskopf stellte sich aber nicht gegen den CSU-Politiker. Das Ziel, die illegale Migration einzudämmen, sei richtig, sagte er. Aber: "Die intensiven Kontrollen kann die Polizei nur noch einige Wochen aufrechterhalten." Weit über 100 Bereitschaftspolizisten seien seit Tagen im Grenzraum im Einsatz. Vor zwei Wochen hatte der "Spiegel" berichtet, sie sollten Zwölf-Stunden-Schichten leisten. Schon vergangene Woche hatte Kanzleramtsminister Thorsten Frei im Bundestag von einer "enormen Belastungsprobe" und einer "massiven Herausforderung" gesprochen, die nicht "bis in alle Ewigkeit" fortgesetzt werden könne.

An diesem Mittwoch stellte sich Dobrindt den Fragen der Abgeordneten im Bundestag - auch zu diesem Thema. Befriedigende Antworten blieb der CSU-Politiker aber schuldig. Er äußerte zwar wortreich seine Wertschätzung für die Beamten und kündigte an, 3000 zusätzliche Beamte an die Grenze zu verlegen. Doch zu aktuellen Belastung sagte er nichts.

Mehrere Abgeordnete wollten sich damit nicht zufriedengeben. Der Grünen-Politiker Marcel Emmerich sagte, es gebe eine Kündigungswelle bei der Bundespolizei. "Ist ihnen klar, dass Sie die Verantwortung dafür tragen, dass wir ein Sicherheitsrisiko bekommen?", fragte er den Minister. Doch Dobrindt antwortete darauf gar nicht, wies lediglich rechtliche Bedenken zurück.

Polizeigesetz soll reformiert werden

Anschließend probierte es Stefan Seidler, der Abgeordneter des Südschlesischen Wählerverbandes (SSW) im Bundestag. Dem Flensburger ist der deutsch-dänische Grenzverkehr gut bekannt. "Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen und werden Sie ergreifen, um dieser Überlastung Ihrer Beamten entgegenzutreten und wie rechtfertigen Sie die Kontrollen an der dänischen Grenze?", fragte der Vertreter der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.

Dobrindt wich der Frage aus, indem er lediglich skizzierte, was an der deutsch-dänischen Grenze passiert "Die Kontrollen finden seit letztem Jahr bereits statt, wir haben sie verstärkt", sagte er. Die Dänen kontrollierten ihrerseits den Grenzverkehr. Es sei richtig, mit einer Polizeipräsenz dafür zu sorgen, dass Zurückweisungen theoretisch möglich seien. Mehr sagte er nicht dazu.

Erst als der CDU-Abgeordnete Marc Henrichmann ihm eine Frage stellte, wurde er etwas konkreter. Henrichmann wollte wissen, was Dobrindt plant, um eine moderne Rechtsgrundlage für die Arbeit der Bundespolizei zu schaffen. Das war eine Vorlage aus der Regierungsfraktion zur Regierungsbank.

Dobrindt dankte den Bundespolizisten für ihre Arbeit und sagte, er wolle das Polizeigesetz reformieren, das von 1994 stamme. Digitale Möglichkeiten seien darin nicht berücksichtigt. Das möchte er ändern. Er erwähnte die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung, die das Mitlesen verschlüsselter Nachrichten ermöglicht. Auch die Nutzung künstlicher Intelligenz bei Nachverfolgungen oder auch die Speicherung von IP-Adressen nannte er.

GEAS verschärfen

In seinem Eingangsstatement hatte Dobrindt zudem gefordert, das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) weiter zu verschärfen. Der Familiennachzug solle umgehend ausgesetzt werden, die sogenannte Expresseinbürgerung nach drei Jahren abgeschafft werden. Freiwillige Aufnahmeprogramme sollten "nach Möglichkeit" beendet werden und Straftäter auch nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden.

Zuvor hatte sich immerhin ein Sprecher des Innenministeriums zu den Fragen der Belastung und Überlastung der Bundespolizisten geäußert. "Wir wissen, dass das ein großer Kraftakt für die Bundespolizei ist, für die Organisation und für die Einzelnen", hieß es. Der Minister halte die verstärkten Kontrollen dennoch für notwendig. Auch habe die Bundespolizei in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass sie große und auch länger andauernde Lagen bewältigen könne. Es sei zudem klar, dass sie weiter ihre gesetzlichen Aufgaben an Bahnhöfen und Flughäfen bewältigen werde.

Das Innenministerium bezeichnete die Grenzkontrollen als Erfolg. Seit der Einführung der Grenzkontrollen im vergangenen Dezember seien an deutschen Landgrenzen 36.000 unerlaubte Einreisen, 4800 Asylbegehren, 930 Schleuser, 22.600 Zurückweisungen und rund 800 aufenthaltsbeendende Maßnahmen festgestellt worden, wie die Parlamentarische Staatsekretärin Daniela Ludwig im Plenum mitteilte.

Seit Dobrindt die Kontrollen vor etwa zwei Wochen verschärfte, seien 1410 Personen an deutschen Grenzen zurückgewiesen worden - 72 hatten Asyl beantragen wollen, wurden aber auf der umstrittenen Basis von Paragraph 18 des deutschen Asylgesetzes in Verbindung mit Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU zurückgewiesen. Ob das europarechtskonform ist, bleibt umstritten. Doch die verstärkten Grenzkontrollen gehören zu den wichtigsten Wahlversprechen der Union. Bedenken sind da offenbar zweitrangig.

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