Mit einem Post zum Jahrestag der deutschen Luftlandung auf Kreta hat der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, für Empörung gesorgt. In dem Beitrag, den er auf der Plattform X veröffentlichte, würdigt Lucassen die „soldatische Leistung“ der Fallschirmjäger während der deutschen Invasion auf Kreta im Mai 1941 – ohne ein Wort über die Kriegsverbrechen zu verlieren, die dabei an der Zivilbevölkerung verübt wurden.
Lucassen beginnt seinen Post mit einem persönlichen Bezug: Vor 84 Jahren sei sein Vater Hans Lucassen mit dem Fallschirmjägerregiment 1 über Kreta abgesprungen. Die Operation „Merkur“ sei die größte „Luftlandeoperation der Kriegsgeschichte“ gewesen. In pathetischem Tonfall schreibt der AfD-Politiker über den Einsatz: „Die persönlichen Schicksale der deutschen Fallschirmjäger rühren zu Tränen“, und hebt das Schicksal zweier Brüder hervor, die am selben Tag fielen. Dass die Wehrmacht die Insel brutal eroberte, lässt er unerwähnt.
Unter dem Beitrag kritisierten zahlreiche Nutzer den AfD-Mann für seine Äußerungen. Der sächsische FDP-Politiker Carl Gruner schrieb etwa: „Ihr Vater hat an einem barbarischen Angriffskrieg teilgenommen. Heute ist jeder deutsche Soldat dazu verpflichtet, derartige Befehle nicht auszuführen. Die Wehrmacht kann keine Traditionsgrundlage für demokratische Streitkräfte sein.“ Ein anderer Nutzer kommentierte: „Solche Glorifizierungen von Gräueltaten der Deutschen im 2. Weltkrieg sind unerträglich.“
„Operation Merkur“ wurde zum Desaster
Die „Operation Merkur“, auf die sich Lucassen in seinem Post bezieht, war der deutsche Angriff auf die griechische Insel Kreta im Mai 1941. Die Fallschirmjäger der 7. Fliegerdivision erlitten katastrophale Verluste. Von den 10.000 abgesetzten deutschen Fallschirmjägern waren schon am Abend des ersten Kampftages nur noch 6000 einsatzfähig. Besonders in Erinnerung geblieben ist die Operation jedoch wegen der Brutalität des deutschen Vorgehens gegen die kretische Zivilbevölkerung.
Auf massiven Widerstand und unerwartet starke Gegenwehr reagierten die Deutschen mit drastischer Härte gegenüber Zivilisten. Ein Generalmajor ordnete an, bei Angriffen auf Soldaten Geiseln zu nehmen – Männer zwischen 18 und 55 Jahren. Im Falle feindlicher Handlungen solle „sofortige Erschießung“ folgen. Für jeden getöteten Deutschen seien zehn Griechen zu erschießen, zudem sollten umliegende Ortschaften angezündet werden.
Besonders peinlich: Lucassen zitiert nach der deutschen Version der Internet-Enzyklopädie Wikipedia ein Urteil des britischen Premiers im Zweiten Weltkrieg. „Winston Churchill“, heißt es in dem Post, „beschrieb es so: ,Diese tapferen, großartig ausgebildeten und absolut zuverlässigen Fallschirmjäger stellten die Blüte deutschen Mannestums dar.‘“ Das ist wörtlich übernommen aus der deutschen Wikipedia, in der zusätzlich der angebliche Wortlaut des originalen englischen Textes steht: „The flower of German manhood was expressed in these valiant, highly trained, and completely devoted parachute troops.“
Doch wer im Original von Churchills Memoiren nachschlägt, stößt auf eine kleine, aber entscheidende Diskrepanz. Auf S. 442 der einbändigen Ausgabe (Fassung von 1959) heißt es nämlich: „The flower of German manhood was expressed in these valiant, highly trained, and completely devoted Nazi parachute troops.“ Der Begriff „Nazi“ macht den Unterschied – das lässt Rückschlüsse zu auf die Motive des Bearbeiters des Wikipedia-Artikels.
Unmittelbar zuvor hatte Churchill geschrieben (was im deutschen Wikipedia-Artikel nicht zitiert wird, sondern mit drei Punkten als ausgelassen markiert ist): „The German Air Corps represented the flame of the Hitler Youth Movement and was an ardent embodiment of the Teutonic spirit of revenge for the defeat of 1918“ (auf Deutsch: „Das deutsche Luftlandekorps verkörperte die Flamme der Hitlerjugend und verkörperte leidenschaftlich den teutonischen Geist der Rache für die Niederlage von 1918“). Im englischen Wikipedia-Artikel findet sich das manipulierte Churchill-Zitat aktuell nicht.
Lucassen war nach eigenen Angaben 34 Jahre bei der Bundeswehr, unter anderem als Hubschrauberpilot. Seit 2017 ist er Abgeordneter im Deutschen Bundestag des Wahlkreises Euskirchen, Rhein-Erft-Kreis II.
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