Außenminister Johann Wadephul (CDU) unterstützt die Forderung von US-Präsident Donald Trump an die Nato-Länder, fünf Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Für Deutschland würde das einen dreistelligen Milliardenbetrag pro Jahr bedeuten. Aus Berlin gibt es gemischte Reaktionen auf den Vorstoß – Kritik kommt auch vom Unions-Koalitionspartner SPD.
Das fordert Außenminister Wadephul
Außenminister Johann Wadephul stellte sich bei einem Treffen der Nato-Außenminister in der Türkei hinter die Forderung von Trump. Man folge dessen Einschätzung, dass die Erhöhung der Ausgaben notwendig sei, sagte der CDU-Politiker nach einem Gespräch mit seinem amerikanischen Amtskollegen Marco Rubio.
Wadephul machte allerdings deutlich, dass vereinbart werden könnte, dass statt fünf Prozent klassische Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausreichend seien, sofern gleichzeitig auch noch 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für militärisch nutzbare Infrastruktur ausgegeben würden. Ein solches Vorgehen hatte zuletzt Nato-Generalsekretär Mark Rutte vorgeschlagen.
Dies würde vor allem denjenigen Staaten helfen, die klassische Verteidigungsausgaben in Höhe von fünf Prozent für nicht erreichbar oder erwünscht erachten. Zu ihnen gehören insbesondere Länder, die wie Italien, Spanien, Belgien und Luxemburg bis zuletzt nicht einmal das Zwei-Prozent-Ziel erfüllten.
Das sind die Reaktionen
CSU-Chef Markus Söder unterstützt Wadephuls Plan: „3,5 Prozent – der harte Kern – wird mindestens das sein, was wir investieren müssen, möglicherweise sogar mit Ergänzung auf bis zu fünf Prozent des BIP hinausgehen. Das heißt, umgerechnet mindestens 150 Milliarden pro Jahr an zusätzlichen Entwicklungen“, sagte der bayerische Ministerpräsident nach einem Treffen mit Vertretern der Verteidigungsindustrie in München.
Auf Nachfrage ergänzte Söder, er gehe davon aus, dass die Nato bei 3,5 Prozent landen werde, da ja auch die USA keine 5 Prozent investierten. „Das finde ich, ist machbar, das ist schaffbar, das müssen wir auch tun, und zwar ohne Tricks, sondern mit Klarheit.“
Die Grünen hingegen kritisierten den Vorstoß. „Sicherheit im Bündnis entsteht nicht durch das Erfüllen starrer Quoten, sondern durch verlässliche Beiträge, die sich am tatsächlichen Bedarf orientieren“, sagte Deborah Düring, die außenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dem „Spiegel“. Wer Verteidigung ernst nehme, müsse Sicherheit „ganzheitlich denken“. Düring weiter: „Dazu gehören Cybersicherheit, der Schutz kritischer Infrastruktur und auch sozialer Zusammenhalt.“ Eine starke Nato brauche „neben militärischer Ausstattung auch Diplomatie und verlässliche Partnerschaften. Prozent-Fetischismus hilft dabei nicht.“
Auch Ralf Stegner sieht die Idee kritisch. Der „Stern“ zitiert den SPD-Politiker mit der Aussage: „Es wäre glatter Irrsinn, wenn wir bei solchen Beträgen landen würden.“ Zwar müsse Deutschland „mehr tun, das ist klar“ – fünf Prozent aber seien „falsch“. Stegners Parteifreund, der Außenpolitiker Adis Ahmetovic, warnt derweil vor vorschnellen Festlegungen: „Ich rate allen, dass niemand jetzt allein vorprescht“, sagte er dem Magazin. Er verwies auf den Koalitionsvertrag. Dort haben Union und SPD festgehalten, sie wollten die Verteidigungsausgaben „bis zum Ende der Legislaturperiode deutlich und stringent steigen“. Der Umfang soll sich „nach den in der Nato gemeinsam vereinbarten Fähigkeitszielen“ richten.
SPD-Vizefraktionschefin und Verteidigungsexpertin Siemtje Möller hält die derzeitige Debatte über die Verteidigungsausgaben für nicht zielführend. „Viel relevanter als eine erneute Diskussion um abstrakte Prozentquoten ist doch, dass Deutschland seine militärischen Verpflichtungen innerhalb der Nato erfüllt“, sagt sie der Nachrichtenagentur Reuters. „Deutschland wird, und da bin ich mir mit Bundeskanzler Friedrich Merz und Verteidigungsminister Boris Pistorius vollkommen einig, seinen militärischen Beitrag leisten – und zwar vollumfänglich!“ Die finanziellen Mittel seien durch die beschlossene Ausnahme von der Schuldenbremse vorhanden.
Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Peter Boehringer nannte die fünf Prozent „praktisch nicht finanzierbar“. Denn dies wären für Deutschland jährlich rund 220 Milliarden Euro, sagte er WELT-TV. Dass Wadephul Trumps Fünf-Prozent-Forderung „eins zu eins ohne jede Verhandlung“ übernehme, sei „komplett absurd“.
Es sei „ein verheerender Einstieg von Außenminister Wadephul, die bereits exorbitanten Militärausgaben noch weiter erhöhen zu wollen“, erklärte der Linken-Fraktionschef Sören Pellmann. Die Bundesregierung könne nicht „dringend gebrauchten Entlastungen für mittlere und kleine Einkommen mit dem Finanzierungsvorbehalt“ abmoderieren und gleichzeitig „fast unbegrenzte finanzielle Mittel für Aufrüstung“ bereitstellen.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte lobte Deutschland für seine Rolle bei der Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Deutschland übernehme „hier wirklich die Führung“, sagte Rutte zum Abschluss des Nato-Außenministertreffens. Angesichts der deutschen Wirtschaftskraft sei er „wirklich sehr froh darüber“, betonte der Nato-Generalsekretär. Auch wenn es darum gehe, wie die Nato „alle unsere Bedrohungen und Herausforderungen bewältige“, übernehme Deutschland „eindeutig die Führung“, so Rutte weiter.
Das würden die fünf Prozent für Deutschland bedeuten
Derzeit sieht das Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben lediglich jährliche Ausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des BIP vor. Nach jüngsten Angaben des neuen Kanzlers Friedrich Merz (CDU) würde jeder Prozentpunkt mehr für Deutschland derzeit ungefähr 45 Milliarden Euro mehr an Verteidigungsausgaben bedeuten.
Die Bundesrepublik lag zuletzt bei einer Quote von etwas mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Bei fünf Prozent wären nach Rechnung von Merz derzeit Verteidigungsausgaben in Höhe von 225 Milliarden Euro pro Jahr notwendig.
Trump will, dass das Fünf-Prozent-Ziel im Juni beim nächsten Nato-Gipfel in Den Haag beschlossen wird. Bündnisintern wurde zuletzt damit gedroht, dass er ansonsten möglicherweise gar nicht anreisen könnte. Für die Nato wäre dies ein Debakel, da ihre Abschreckung noch immer maßgeblich auf den militärischen Fähigkeiten der atomaren Supermacht USA beruht.
Als mögliche Frist für die Erfüllung eines neuen Ziels für die Verteidigungsausgaben gilt das Jahr 2032. So hatte US-Außenminister Rubio bereits im April bei einem Nato-Treffen in Brüssel gesagt, niemand erwarte, dass man fünf Prozent in einem Jahr oder zwei erreichen könne. Auch für die USA wäre das Erreichen des neuen Ziels ein finanzieller Kraftakt.
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