Für Außenminister Wadephul ist es eine heikle Reise: Wie stark unterstreicht er Berlins Solidarität mit Israel und wie viel Kritik äußert er am rigorosen Vorgehen im Gazastreifen? Was allerdings für ihn das Wichtigste ist, macht er schnell klar.

Außenminister Johann Wadephul hat sich bei seinem Antrittsbesuch in Israel mit Angehörigen von Hamas-Geiseln getroffen. Die Rückkehr der Verschlepten bezeichnete er als vorrangige Aufgabe Deutschlands. "Es ist eine Priorität für mich und meine Regierung, uns um Ihre Angehörigen zu kümmern", sagte Wadephul am Samstag, wie ein bei X veröffentlichtes Video zeigt. Das Treffen sei sein "erster Termin" bei seinem ersten Besuch in Israel als Außenminister, fügte er hinzu.

Es sei "kaum vorstellbar, was die von der Hamas Verschleppten und ihre Familien seit über 19 Monaten durchmachen", so Wadephul. "Die Geiseln müssen endlich alle freikommen."

Am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der Hamas und mit ihr verbündete Kämpfern in Israel rund 1200 Menschen getötet und 251 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. 58 Geiseln befinden sich weiterhin in der Gewalt der Islamisten, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot. Die Bundesregierung geht von einer einstelligen Zahl an Geiseln mit Deutschland-Bezug aus, die sich noch im Gazastreifen befinden.

"Mit Entsetzen und Scham stehe ich hier"

An diesem Sonntag gedachte Wadephul der sechs Millionen von Deutschland ermordeten Juden. In der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem legte der CDU-Politiker einen Kranz nieder. "Mit Entsetzen und Scham stehe ich hier als Außenminister Deutschlands", schrieb Wadephul anschließend in das Gästebuch der Gedenkstätte. "Die Monstrosität der Schoah wurde in deutscher Sprache befohlen, von Deutschen geplant, von Deutschen ausgeführt." Es sei "unsere, es ist meine bleibende Verantwortung, das Bewusstsein für dieses von Deutschland begangene, unermessliche Unrecht, das Bewusstsein aufrechtzuerhalten" und gegen Antisemitismus aufzustehen.

Zuvor ließ sich Wadephul gemeinsam mit seinem israelischen Kollegen Gideon Saar eine aktive Batterie des israelischen Luftverteidigungssystems Arrow 3 ("Pfeil") zeigen. Wadephul erhielt eine Einführung in das System, das künftig auch von Deutschland eingesetzt werden soll. Deutschland und Israel arbeiten im Rüstungsbereich eng zusammen.

Die deutsche Luftwaffe will noch dieses Jahr eine erste Einsatzbereitschaft des modernen Raketenabwehrsystems erreichen, mit dem eine Lücke in der Luftabwehr geschlossen werden soll. Der "Pfeil" kann anfliegende Raketen in bis zu über 100 Kilometern Höhe zerstören, also außerhalb der Atmosphäre und im beginnenden Weltraum. Das soll feindliche Raketen möglichst wirkungslos machen. Arrow 3 soll in Deutschland an drei verschiedenen Standorten stehen.

Spagat zwischen Staatsraison und Kritik

Im Laufe des Tages stehen für Wadephul noch Gespräche mit Außenminister Saar und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf dem Programm. Am Nachmittag ist in Ramallah in den Palästinensergebieten ein Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Mustafa vorgesehen.

Die politischen Gespräche dürfte Wadephul nutzen, um die grundsätzliche Solidarität der neuen schwarz-roten Regierung mit dem Land zu unterstreichen. Zugleich ist die Reise ein erster diplomatischer Lackmustest: Wie klar äußert er Kritik am Vorgehen Israels im Gazastreifen? Das Verhältnis seiner Vorgängerin Annalena Baerbock von den Grünen zu Netanjahu galt zuletzt als zerrüttet, es soll auch einmal laut geworden sein zwischen beiden.

Neben dem Wunsch Israels nach deutschen Waffenlieferungen könnte bei den Gesprächen auch eine Initiative der Niederlande eine Rolle spielen. Mit dieser soll überprüft werden, ob Israel sich noch an Grundprinzipien des sogenannten Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel hält. In dem Abkommen ist festgehalten, dass die Beziehungen auch auf der Achtung der Menschenrechte beruhen.

Hintergrund ist insbesondere, dass das Land seit Anfang März keine Lieferungen von Hilfsgütern mehr in den Gazastreifen lässt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben. Israel begründet sein Vorgehen damit, dass die Hamas von den Hilfsgüter-Lieferungen profitiere. Der niederländische Vorstoß soll demnächst von den EU-Außenministern diskutiert werden.

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