Tofu-Tümelei war gestern, jetzt übernimmt ein Supermetzger: Während im Agrarministerium die Meatpreisbremse gezogen wird, beginnt die Ära Merz mit weiteren Pointen. Bei kommenden Außenministertreffen fragen sich bald alle, "what a fool" ihnen da gegenübersitzt.

Herzlich willkommen zur Feiertags-Edition von #BerlinTagUndMacht. Ausgerechnet am Tag der Arbeit nicht gearbeitet, aber das ist nur konsequent. An Weihnachten wird ja auch nichts geweiht. Und weil an Feiertagen niemand arbeitet, außer Menschen in systemrelevanten Berufen und Kolumnistinnen, möchte ich diesen Statusbericht aus dem Regierungsviertel zur Auflockerung mit dem schlechtesten Witz der noch jungen Merz-Ära beginnen: Philipp Amthor wird Staatssekretär im neuen Bundesministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung.

Nein, Blödsinn. Philipp Amthor ist natürlich toll, toll, toll. Er ist mit seinen 32 Jahren weniger als halb so alt wie Merz (im November 70) und damit für Unionsverhältnisse noch Teenager. Verjüngung steht der CDU gut. Und wer stünde mehr für die Bedürfnisse der Gen Z als ein Jura-Student aus einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern, dem im Internetz monatelang eine Affäre mit Strumpfhosen-Influencerin Diana zur Löwen angedichtet wurde, obwohl er Rosensträuße stets so in die Kamera hält, als hätte er gerade versehentlich den Blindenhund seines sehschwachen Nachbarn erlegt. Was selbstverständlich nie passiert, denn Amthor hat die Jägerprüfung abgelegt und ist daher ... äh, ja, was ist man, wenn man die Jägerprüfung besteht? Jägermeister, oder?

Lieber Amthor als am Ende

Womit wir beim Thema wären. Also, jetzt nicht Kräuterlikör, sondern: Bundesministerien. Aber vorher noch schnell der versprochene schlechteste Witz: Während ich mir noch in der Wade puhl, hat Friedrich Merz bereits seine neuen Minister bekannt gegeben. Eines der wichtigsten Häuser hat der Selfmade-Kanzler aus dem Sauerland dabei mit einer unerwarteten Personalie besetzt: Johann Wadephul erhält den Schlüssel für das Auswärtige Amt. Das überrascht viele, denn der baldige Außenminister kommt nicht aus dem Völkerrecht, hat keinen "International Law"-Master aus London und traf sich nie mit mutmaßlichen Vollzeit-Antisemiten zum heimlichen Dinner. Dafür hat er aber auch keine problematischen Fußnoten in seinem Buch, was allerdings in erster Linie daran liegt, dass er nie ein Buch veröffentlicht hat.

Neu ist auch etwas anderes: Eigentlich wird das prestigeträchtige Auswärtige Amt traditionell an die Juniorpartner einer Koalition vergeben. So war beispielsweise Joschka Fischer lange Außenminister, oder Hans-Dietrich Genscher. Und nicht zuletzt Annalena Baerbock. Obwohl, wenn man es genau nimmt, eigentlich doch zuletzt. Nämlich direkt vor Johann Wadephul. Es gab deutlich populärere CDU-Namen, die mit dem Außenministerium in Verbindung gebracht wurden, auch wenn diese Verbindung zuweilen lediglich aus der Koketterie von Markus Lanz bestand. Markus Lanz kennen die meisten als Richard David Precht der Polit-Talker.

Wobei: Donald Trump war auch nur TV-Moderator, bevor er Präsident wurde. Und das nicht mal in einem Format, in dem man mit ein wenig Geschick bei der Gastauswahl rasch zum False-Balance-Weltmeister gekürt werden könnte. Die angesprochenen populäreren Kandidaten für die Nachfolge von Neu-New-Yorkerin Baerbock waren übrigens Norbert Röttgen und Roderich Kiesewetter. Als Dauergäste in einschlägigen Polit-Talkshows des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbringen beide vermutlich mehr Zeit mit Maybrit Illner, Sandra Maischberger, Louis Klamroth und Caren Misoga als mit ihren Frauen.

Johann Wadephul hat sich derweil von russischen Komikern pranken lassen. Die suggerierten ihm glaubhaft, er telefoniere mit Wolodymyr Selenskyj. Außenpolitisch Interessierte kennen den Präsidenten der Ukraine als Mann ohne Anzug, der kürzlich im Weißen Haus zum Styling-Check gebeten wurde. Von JD Vance, dem Guido Maria Kretschmer der Trump-Administration. Pranken übrigens hat nichts mit großen Händen zu tun, sondern ist der englische Begriff für "einen Streich spielen". Quasi das "Verstehen Sie Spaß?" für alle, die Englisch mindestens auf dem Niveau von Thomas Hayo sprechen.

Vance mal länger dauert

Röttgen und Kiesewetter besitzen nachweislich sowohl Anzüge als auch Expertise. JD Vance dagegen nur eines dieser beiden. Wem die Lösung nicht sofort einfällt, hier ein kleiner Hinweis: Er hat sehr, sehr viele Anzüge. Und Erfolg. Nach den ersten 100 Tagen als Vize-Präsident hofft man in den USA inzwischen sogar, JD wäre nur ein Buchstabendreher, er würde eigentlich DJ Vance heißen, wäre eigentlich Discjockey und berühmt für seinen Megahit "Why Don't You Wear A Suit?" aus dem Platinalbum "Do You Own A Suit?"

Warum weder Röttgen noch Kiesewetter am Ende das Chefbüro am Werderschen Markt beziehen dürfen, bleibt das Geheimnis von Friedrich Merz. Vielleicht wollte er mit ihnen nicht denselben Fehler machen wie Vorgänger Olaf Scholz (Wo ist der eigentlich? Feiert der seit drei Wochen Überstunden ab?), als er Karl Lauterbach zum Minister ernannte. Der hat nämlich auch mehr Zeit in Talkshows verbracht als mit den Frauen von Norbert Röttgen und Roderich Kiesewetter.

Aber Spaß beiseite. Ministerämter nicht nach Screentime in Talkshows zu besetzen, die ohnehin nur noch existieren, damit vermeintliche Top-Journalisten mal aus ihren muffigen Redaktionsbüros rauskommen, ist keine dumme Idee. Würde man sich mit möglichst viel TV-Sendezeit für politische Top-Positionen qualifizieren, wäre Robin Alexander Kanzler und Sahra Wagenknecht Bundespräsidentin, während Friedrich Merz im Bundestag höchstens die Aufzüge warten würde.

Neben den Bedenken, das Volk wünsche sich in der Post-Baerbock-Ära nun weniger feministische Außenpolitik, die am Ende vor allem Fahrradwege in Peru schafft, sind Linguisten einig, es sei ein sprachrealitätsrelevanter Fauxpas, mit Wadephul jemanden zum Außenminister zu machen, dessen Name auf Englisch so ähnlich wie "what a fool" ausgesprochen wird. Erschwerend kommt hinzu: Ein Anagramm von Johann Wadephul lautet "Japan Hundewohl", womit wir beim Tierschutz wären.

Endlich: Der Meatpreisdeckel kommt!

Nachdem Friedrich Merz sich nämlich durch die Personalie Wadephul interne Querdenker wie Röttgen und Kiesewetter vom Kabinettsleib hält, dominieren auch bei der Wahl für das Agrar-Ministerium taktische Überlegungen. Das Ressort ging an die CSU, deren Chef Markus Söder offenbar auf einen Kandidaten setzt, der mit einer Art Steinzeit-Agenda Stimmen von der aktuell auf Prozent-Augenhöhe operierenden AfD zurückgewinnen will. Und was gäbe es da Einfacheres als die gute alte teutonische Fleischlust?

Folgerichtig wird CSU-Supermetzger Alois Rainer den Posten von Cem Özdemir als Bundeslandwirtschaftsminister übernehmen. Der zentrale Punkt seiner Fortschrittspolitik für die kommenden vier Jahre klingt wie direkt bei Tino Chrupalla abgeschrieben: keine Extrasteuer auf Fleisch! Alois Rainer weiß nämlich: "Fleischpreise macht nicht der Minister." Speisepläne für Schulen und Kitas dagegen offenbar schon. Rainer jedenfalls kündigt parallel zur Preisschutzpolitik für Fleischerzeugnisse an, unter ihm gebe es endlich wieder ordentlich Fleisch in Kitas und Schulen. Freie Fahrt für Gammelfleisch und die längst überfällige Stärkung der Massentierhaltung. Wie Alois Rainer als Bundesminister Speisepläne von Schulen und Kitas fleischbereichern möchte, lässt er offen. Vielleicht versucht er es per Hommage an Andi Scheuer, dem letzten Jahrhundertminister aus dem Elitestall CSU: Bildungseinrichtungen, die nicht per ärztlich beglaubigten Cholesterintests der von ihnen betreuten Kinder nachweisen können, ausreichend totes Tier zu verköstigen, zahlen eine Vegan-Maut. Oder er beschließt einen Meatpreisdeckel.

So oder so, Rainer ist die perfekte Wahl. "Statt dem grün-veganen Özdemir kommt jetzt der schwarze Metzger. Leberkäs statt Tofu-Tümelei." Ja, das hat Söder wirklich gesagt. Satiriker haben es wirklich nicht leicht dieser Tage. Das neue Kabinett ist noch nicht mal vereidigt, da pfeifen es die Spatzen bereits von den Reichstagsdächern: Nach den zwangsveganen Jahren der lobbyistischen Enthaltsamkeit unter Verbotsminister Özdemir herrscht endlich wieder Hochkonjunktur für Klientelpolitik. Die Fleischindustrie ist sich jedenfalls sicher: Noch besser wäre höchstens Clemens Tönnies gewesen, aber der war nicht verfügbar. Verständlich. Vom spärlichen Bundesministergehalt lassen sich ausgestopfte Baby-Elefanten für den eigenen Vorgarten nur schwerlich finanzieren.

Wir dürfen uns also auf eine illustre neue Ministerriege freuen. Und da ist die von linksgrünversifften Lastenradfahrern gelegentlich als "Flugtaxi-Doro" diskreditierte Dorothee Bär als designierte Forschungs- und Raumfahrtministerin noch gar nicht eingepreist. Aber dazu dann kommende Woche mehr. Bis dann!

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