Ex-SPD-Chef Franz Müntefering ist bekannt für seine Ehrlichkeit. Am Abend ist das SPD-Urgestein Gast bei Sandra Maischberger. Da sagt er etwas, was dem wahrscheinlich neuen Bundeskanzler nicht gefallen dürfte: Müntefering vertraut Merz nicht.

Ein Interview mit Franz Müntefering ist nicht leicht zu bekommen. Eine E-Mail kann man ihm nicht schicken, mit Computern hat er es nicht so. Seine Briefe beantwortet der 85-jährige ehemalige SPD-Vorsitzende lieber mit der Schreibmaschine. Auch mit dem Koalitionsvertrag der wahrscheinlich neuen Bundesregierung hatte er so seine Probleme. Gelesen habe er ihn, sagt Müntefering bei Sandra Maischberger. Nicht jede Seite, aber immerhin. Doch über ihn digital abzustimmen, habe er lieber seiner Frau überlassen. "Die kann das auch", sagt er.

Müntefering hat den vermutlich neuen Bundeskanzler schon früh kennengelernt. Da war der SPD-Mann 37. Freunde sind sie offenbar bis heute nicht geworden, Müntefering, der zwei Jahre lang unter Angela Merkel Vizekanzler war, und Merz, der sich am Dienstag zum Bundeskanzler wählen lassen will. Müntefering ist an diesem Abend die Ruhe in Person. Erst, als es um Merz geht, wird er wach. Ex-Bundeskanzler Kohl habe Merz nicht in sein Kabinett geholt, Merkel auch nicht, erinnert Müntefering.

"Merz ist lernfähig"

Ob Merz ein guter Bundeskanzler wird? Franz Müntefering ist sich da nicht so sicher. Aber er ist zuversichtlich: Merz sei lernfähig. "Ich halte ihn für einen Demokraten", sagt Müntefering. "Aber er ist ein Mensch, der manchmal leicht formuliert und aus sich herausgeht, wo andere noch einmal nachgedacht hätten. Aber er hat eine Reihe kluger Leute um sich geschart, und vielleicht kriegen sie es ja hin."

Auch das mit der AfD? Falsch sei gewesen, dass sich Merz vor der Bundestagswahl für zwei Gesetzesvorhaben der Stimmen der AfD bedient habe, sagt Müntefering. Die beiden Koalitionsparteien müssten nun das Problem in die Hand nehmen. Müntefering ist sich sicher: Die demokratischen Parteien seien stark genug, die AfD aufzuhalten. "Das müssen sie in einer geordneten Weise machen." Wenn die AfD politisch mitarbeiten wolle, könne man auch mit den Abgeordneten sprechen. "Aber da, wo sie ihre eigene Art zeigen, die Demagogie, den Hass auf andere Menschen, keine Solidarität zeigen mit Menschen, die zu uns kommen, da muss man durchgreifen und deutlich sein", fordert der ehemalige Politiker.

Müntefering sagt "Lars" und "die Esken"

Auch wenn er es nicht deutlich sagt: Auch mit einigen Mitgliedern des Vorstandes seiner Partei fremdelt er ein wenig. Nicht mit dem SPD-Chef. Lars Klingbeil nennt Müntefering beim Vornamen. Noch-Bundeskanzler Scholz nicht. Dass seine erneute Kandidatur ihm nicht gepasst hat, sagt er nicht. Aber man sieht es ihm am Gesicht an. Und dann ist da noch die SPD-Co-Vorsitzende. "Die Esken", sagt Müntefering. Wenn die unbedingt wolle, könne man ihr einen Ministerposten im nächsten Kabinett geben. Ob er Esken weiter an der Parteispitze sehen möchte, lässt Müntefering offen, aber immerhin müsse sich die SPD überlegen, ob sie wirklich eine Doppelspitze brauche. Klar sei: An dem schlechten Abschneiden der Partei bei der Bundestagswahl seien weder Klingbeil noch Esken schuld. "Das war die Regierung Scholz, aber das waren nicht Lars und Esken", sagt Müntefering.

Jetzt gehe es darum, zu handeln. Wichtig sei, dass zwei demokratische Parteien eine Regierung miteinander bilden. Das habe das Wahlergebnis ermöglicht. "Das ist ein Erfolg, den sie aus der ganzen Situation geholt haben, und nun müssen sie da den Weg finden. Ich bin sicher: Sie haben einen Großteil davon in dem Koalitionsvertrag vordiskutiert, aber da wird noch viel vom Bundestag zu leisten sein in den nächsten vier Jahren", so Müntefering.

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