Noch immer befinden sich nach dem Terror vom 7. Oktober 2023 59 israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas-Terroristen im Gazastreifen. Seit Mittwoch ist der Berliner Bebelplatz – jener historische Ort, an dem 1933 Nazis Bücher verbrannten – erneut ein Ort des Gedenkens an die Geiseln. 59 leere Stühle erinnern an die Schicksale der Menschen, die seit über 550 Tage in gefangengehalten werden.

Die Initiatorin des „Platz der Hamas-Geiseln“, Melody Sucharewicz, hat mit einem Team von Freiwilligen und Partnerorganisationen neben den leeren Stühlen, Installationen aufgebaut: eine Sanduhr, die an die verrinnende Lebenszeit der Geiseln erinnern soll, zwei Käfige, in denen gefesselte Puppen gefangen sind. In einer Vitrine liegen Bücher der getöteten Geisel Carmel Gat, in der Mitte des Platzes steht ein gelbes Klavier, das an den Pianisten Alon Ohel erinnert, der seit anderthalb Jahren in einem Tunnel in Gaza gefangengehalten wird.

Vorbild des Platzes ist der „Hostage Square“ in Tel Aviv, der nach dem Massaker vom 7. Oktober errichtet wurde. Die Eröffnung des Platzes in Berlin nutzte der israelische Botschafter, Ron Prosor, um die Untätigkeit des Internationalen Roten Kreuz anzuprangern: „Ich höre keine Stimmen, die Besuche bei den Geiseln fordern. Die Welt schweigt.“ Das Rote Kreuz sei nicht einfach ein Taxiservice, sagte Prosor gegenüber den rund 200 Besuchern der Eröffnung. Die Pflicht des Roten Kreuz sei die Geiseln aufzusuchen und medizinisch zu versorgen.

Die designierte Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Gitta Connemann, machte in ihrer Rede auf das historische Erbe des Bebelplatzes aufmerksam: „Vor 92 Jahren schauten die Menschen zu. Auch heute erleben wir dröhnendes Schweigen in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt“. „Nie wieder“ sei keine leere Formel, so die CDU-Politikerin.

„Er ist ein sensibler Junge“, sagt Alon Ohels Mutter

Idit Ohel, Mutter des 24-jährigen Alon, der noch immer in Gaza festgehalten wird, ist für die Eröffnung des Platzes der Hamas-Geiseln aus Israel nach Berlin gekommen. „Wir müssen ihn retten“, sagte Ohel in ihrer Rede. „Alon ist ein sensibler Junge, eine liebevolle Person, ein talentierter Pianist“. Seine Liebe zur Musik habe ihn auf das Nova-Festival gebracht, von dem er vor über 550 Tagen entführt wurde – und im Gegensatz zu vielen seiner Freunde knapp dem Tod entging.

Von den 27 Personen, mit denen er sich in einem Schutzraum versteckte, töteten Hamas-Terroristen 16. Idit Ohels Sohn ist nun seit rund anderthalb Jahren in Gefangenschaft. „Können Sie sich das vorstellen? Über 550 Tage in einem Tunnel, ohne Licht, in unmenschlichen Umständen“, rief Ohel auf der Bühne. Zwei Geiseln, die mit ihrem Sohn gemeinsam gefangen gehalten wurden, konnten im Februar infolge des Geisel-Deals freigelassen werden. „Seitdem muss Alon diesen Schmerz alleine aushalten. Wie kann das Leben weitergehen, wenn mein Sohn in einem Tunnel gefangen ist, alleine, verletzt und ohne Essen?“

Gegenüber WELT betont Ohel, besonders wichtig sei ihr das gelbe Klavier, das nun auf dem Bebelplatz steht – ein Symbol für ihren Sohn. „Menschen können darauf spielen, es zeigt Solidarität.“

Dass ihr Sohn sich immer noch in den Hamas-Tunneln befindet, ist für sie unerträglich. „Als ich auf diesen Platz kam und diese Installation sah: Man sieht eine Puppe in einem Käfig, mit Blut, mit Ketten – das war sehr schwer für mich zu ertragen.“ Sie wisse, was ihr Sohn durchmache. „Aber manchmal, wenn man es physisch sieht, ist es einfach nur erschreckend. Mein Sohn kann nicht schreien, aber er schreit eigentlich – er sagt: Holt mich hier raus, rettet mich. Und ich tue das für ihn. Ich sage, was er nicht sagen kann. Ich sage es – und ich schreie.“ Manchmal habe sie das Gefühl, die Leute hörten nicht. „Verstehen Sie, das passiert im Jahr 2025. Das ist nicht etwas, das vor 70 Jahren passiert ist.“

„Es macht mir Sorgen – und zwar in erster Linie für Deutschland“

Rund 200 Personen kamen zur Wiedereröffnung des Platzes der Hamas-Geiseln, bedeutend weniger als zu palästinensischen Demonstrationen in Berlin. „Das macht mir Sorgen – und zwar in erster Linie für Deutschland“, sagte Melody Sucharewicz, eine der Initiatorinnen des Mahnmals. „Was heißt das für die deutsche Gesellschaft oder die demokratische Substanz der deutschen Gesellschaft, dass sich radikale Pro-Palästinenser so stark fühlen, dass sie Hamas-Dreiecke verteilen und zu Tausenden auf die Straße gehen und dass die Menschen, die auf der Seite von Freiheit und Demokratie stehen, Angst haben und schweigen.“

„Wir blicken mit viel Hoffnung auf die neue Regierung und gehen davon aus, dass wir jetzt sehr viel Engagement sehen werden, und zwar nicht nur in Worten, sondern eben auch in Aktionen“, sagte Sucharewicz. Als eine seiner ersten Handlungen als designierter Außenminister empfing CDU-Politiker Johann Wadephul die Mutter des Deutsch-Israelis Alon.

Sucharewicz sagte, sie habe keinen Zweifel, dass die kommende deutsche Regierung jetzt alles dafür tun werde, auf Worten Taten folgen zu lassen. „Wir hatten viele wichtige Termine, mit der Bitte, dass Deutschlands politische und wirtschaftliche Macht zugunsten der Befreiung der Geiseln eingesetzt werden muss, um die Geiseln aus den Terror-Tunneln der Hamas zu befreien.“

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