Normalerweise achtet der Bundesrechnungshof darauf, dass nicht zu viele Steuergelder ausgegeben werden. In einem Fall macht die Organisation eine Ausnahme: Bei der Sanierung von Autobahnbrücken. Der Bund solle mehr Geld einplanen, ansonsten sei der Schaden noch größer als ohnehin schon.

Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesregierung eine schleppende Sanierung maroder Brücken vor. "Ohne weitere Maßnahmen wird der Verfall nicht aufzuhalten sein", sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller. Die bundeseigene Autobahn GmbH sei bei der Brückenmodernisierung deutlich im Rückstand. "Die Gefahr von weiteren Brückensperrungen erhöht sich dadurch." Das bringe erhebliche Nachteile für Bürger und Wirtschaft. Für eine konsequente Brückensanierung brauche die Autobahn GmbH mehr Geld.

Viele der Brücken in Deutschland wurden zwischen 1960 und 1985 erbaut. Sie erreichen laut Autobahn GmbH das Ende ihres Lebenszyklus und müssen ersetzt werden. Dazu kommt: Sie wurden damals für eine weitaus geringere Verkehrsmenge und Verkehrslast geplant. Die Menge des Güter- und Schwerlastverkehrs aber hat enorm zugenommen.

Jüngstes Beispiel für ein marodes Bauwerk ist die sogenannte Ringbahnbrücke der A100 im Westen Berlins, die Mitte März wegen eines sich ausbreitenden Risses im Tragwerk gesperrt und dann abgerissen wurde. Ein anderes Beispiel ist die Rahmede-Talbrücke an der A45 bei Lüdenscheid, die Ende 2021 wegen Einsturzgefahr gesperrt wurde. Mittlerweile ist die Brücke gesprengt, der Neubau läuft.

4000 Brücken sollten erneuert werden

Vor drei Jahren legte das Bundesverkehrsministerium ein Programm zur Brückenmodernisierung auf. Damals hieß es, prioritär sollten 4000 Bauwerke im Kernnetz von stark belasteten Autobahnen in einem Zeitraum von zehn Jahren modernisiert werden. Der Rechnungshof hält dieses Ziel aber für nicht mehr erreichbar, wie es in einem Bericht heißt. So habe die Autobahn GmbH bis Ende 2024 nur rund 40 Prozent der Menge sogenannter Teilbauwerke modernisiert, die eigentlich bis zu diesem Zeitraum vorgesehen war.

Der Rechnungshof erhebt Vorwürfe gegen das Ministerium, das derzeit noch von Volker Wissing geleitet wird. Designierter neuer Minister ist der CDU-Politiker Patrick Schnieder. Das Ministerium habe in einer "Erfolgsbilanz" im September 2024 Maßnahmen eingerechnet, die nicht zum Brückenmodernisierungsprogramm gehörten und nicht den Kriterien entsprochen hätten. Das Ministerium beschönige seinen Fortschritt.

Das Bundesverkehrsministerium wies die Aussage des Rechnungshofs zurück, wonach die Evaluierung des Programms zur Modernisierung von Brücken beschönigend sei: "Die Modernisierung von Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen hat oberste Priorität." Die Umsetzung des Programms liege im Zeitplan.

Weitreichende Kritik des Rechnungshofs

Der Rechnungshof hatte bereits im Januar 2024 in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags die schleppende Modernisierung der Brücken an Autobahnen kritisiert. Das Ministerium habe aber seitdem zu wenig veranlasst, damit die Sanierung vorankommt. Weiter wurde kritisiert, dass das Ministerium für die Brücken an Bundesstraßen kein Modernisierungsprogramm aufgestellt hat, weil die Länder zuständig seien. Aber auch die Länder kämen mit der Brückenmodernisierung nicht ausreichend voran. Der Bund sollte den Ländern konkrete Zielvorgaben machen.

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, sagte, das Programm zur Brückenmodernisierung sei bisher enttäuschend. "Der lang angekündigte Hochlauf bei Ausschreibungen sowie die Verstetigung der Aufträge sind ausgeblieben. Mehr noch: Gemeinsam mit der Autobahn GmbH sind wir fast monatlich Bittsteller bei der Politik für neue Investitionsmittel, damit unsere Unternehmen überhaupt eine adäquate Auslastung haben und die Autobahn die von der Politik gesetzten Ziele erreichen kann."

Das Ministerium unterschätze den Finanzbedarf erheblich, sagte Scheller. Grund sei, dass die durchschnittliche Fläche der zu modernisierenden Teilbauwerke zu gering angesetzt werde - und damit die notwendigen Mittel.

Rechnungshof fordert höheres Budget

Nach Berechnungen des Rechnungshofs, der sonst in der Regel ineffiziente Verwendungen von Steuergeld anmahnt, seien 2026 für 400 Teilbauwerke Gelder in Höhe von 2,1 Milliarden Euro notwendig, das Ministerium setze aber nur 1,4 Milliarden Euro an. Die Autobahn GmbH brauche ausreichend Haushaltsmittel und Personal. Beim geplanten milliardenschweren Sondervermögen für Infrastruktur müsse die Modernisierung maroder Autobahnbrücken eine hohe Priorität haben.

Das Verkehrsministerium teilte mit, bei der Umsetzung des Brückenprogramms gebe es derzeit Bremseffekte. Verwiesen wurde auf die offene Haushaltslage. Das Ministerium stimme dem Bundesrechnungshof zu, dass eine nachhaltige und sichere Finanzierung für die Bundesfernstraßen von elementarer Bedeutung sei.

Insgesamt gibt es im deutschen Autobahn-Netz rund 28.000 Teilbauwerke, bei den Bundesstraßen sind es noch mal fast 25.000. Bei Letzteren müssen laut Verkehrsministerium rund 3000 Teilbauwerke prioritär modernisiert werden. Nicht immer muss eine komplette Brücke erneuert werden. Bei Bundesstraßen sind die Brücken oft einfacher auszutauschen. Die Bauten sind vor allem durch den zunehmenden Lkw-Verkehr in einem schlechten Zustand. "Gerade Brücken an Bundesfernstraßen sind neuralgische Punkte", sagte Scheller. "Von ihrer Qualität hängt die Leistungsfähigkeit unserer Verkehrsinfrastruktur ab."

Der Rechnungshof - ein unabhängiges Organ der Finanzkontrolle - warf der Regierung vor, den Rückstand bei den geplanten Sanierungen zu ignorieren. In der offiziellen Statistik würden auch Neubauten und Maßnahmen an Brücken, die nicht prioritär seien, mitgezählt. Außerdem könne die Autobahn GmbH nicht angeben, wie viel Mittel sie für Brückenmodernisierungen jährlich ausgebe.

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