In Finnland wird sich intensiv mit einem möglichen Angriff Russlands auseinandergesetzt. Laut einem Bericht baut der Kreml in der Nähe der Grenze militärische Infrastruktur aus und errichtet ein Hauptquartier. Dass das alles zum Selbstschutz geschieht, glaubt in Helsinki kaum jemand.
Russland könnte nahe der finnischen Grenze Vorbereitungen für einen Angriff in den nächsten Jahren treffen, berichtet das "Wall Street Journal". Demnach bauen Militäringenieure in der Stadt Petrosawodsk Armeestützpunkte aus. Der Kreml wolle ein Hauptquartier errichten, das in den nächsten Jahren Zehntausende Soldaten beaufsichtigen werde, so die US-Zeitung. Viele Kämpfer seien bereits in der Ukraine aktiv und könnten künftig das Rückgrat einer Konfrontation mit der Nato darstellen, hieß es unter Berufung auf westliche Militärs und Geheimdienstmitarbeiter.
Russland plane den Bau neuer Kasernen und Übungsplätze sowie die Modernisierung von Waffenlagern und Eisenbahnstrecken, um der wachsenden Truppenstärke in und um Petrosawodsk gerecht zu werden. Emil Kastehelmi von der finnischen Black Bird Group, die Satellitenbilder russischer Militärstandorte analysiert, sagte dem Bericht zufolge, neue Gleise würden entlang der Grenzen zu Finnland und Norwegen sowie südlich von St. Petersburg bis zur estnischen Grenze verlegt werden.
Finnland wurde in seiner Historie mehrfach von Russland angegriffen. Helsinki hat schon vor Jahren begonnen, die Hunderte Kilometer lange Grenze zu befestigen. Die Verteidigungsausgaben wurden zudem erhöht und 2023 trat Finnland der Nato bei. Moskau hat dies in der Vergangenheit als Grund für das Hochfahren seiner militärischen Aktivitäten in der Region genannt.
Neue Panzer gehen in die Lager
Ein finnischer Militärbeamter verwies zudem auf das Einlagern von russischem Kriegsgerät. So sollen beispielsweise nur wenige der modernen T-90M-Panzer an die Front in der Ukraine geschickt werden. Viel mehr würde der Kreml sie zur späteren Verwendung aufsparen. Die Produktion liege mittlerweile bei 300 Stück pro Jahr, teilte der Beamte mit.
So einige T-90 sind jedoch auch schon in der Ukraine verloren gegangen. Das Portal Oryx, das Fotos und Videos aus dem Krieg analysiert, kann insgesamt rund 150 zerstörte, beschädigte und von Ukrainern eroberte T-90-Panzer nachweisen. Hinzu dürften noch jene kommen, von denen es keine Bildaufnahmen gibt.
"Wir müssen mit einem Konflikt mit der Nato rechnen"
Ein Angriff der Kreml-Truppen - auf wen auch immer -wird in der EU in den nächsten Jahren für möglich gehalten. Moskau bestreitet solcherlei Pläne und versucht, die Nato als Aggressor darzustellen. Den großangelegten Angriff auf die Ukraine hatte Russland einst bis kurz vor Beginn der Invasion bestritten. Der Militärhistoriker Sönke Neitzel sprach im ntv-Salon gar von einem möglichen Szenario in diesem Sommer, das Experten in Litauen genannt haben sollen: Russland könne ein Militärmanöver in Belarus für einen Angriff nutzen.
Auch Militärexperten in dem Land selbst bezeichnen die Aktivitäten entlang der finnischen Grenze dem "Wall Street Journal" zufolge als Teil der Vorbereitung des Kreml auf einen möglichen Konflikt mit der Nato. "Wenn die Truppen aus der Ukraine zurück sind, werden sie über die Grenze auf ein Land blicken, das sie als Gegner betrachten", sagte Ruslan Puchow, Direktor des Zentrums für die Analyse von Strategien und Technologien, einer in Moskau ansässigen Denkfabrik für Verteidigung. "Die Logik der letzten zehn Jahre zeigt, dass wir mit einem Konflikt mit der Nato rechnen müssen."
Russlands Verteidigungsindustrie wurde bereits bis zum Anschlag hochgefahren. In den nächsten Jahren soll die Armee auf 1,5 Millionen Soldaten aufgestockt werden. Zum Vergleich: die Bundeswehr verfügt über etwas mehr als 180.000 Soldaten. Finnland, wo es eine Wehrpflicht gibt, kann im Kriegsfall auf fast 300.000 Soldaten und rund 900.000 Reservisten zurückgreifen.
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