Im zweiten Anlauf hat es jetzt geklappt. Die Bundesinnenministerin und ihr österreichischer Amtskollege sind zu einem Gespräch mit einem Regierungsvertreter nach Syrien geflogen.

Einen Monat nach ihrem aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagten Besuch in Damaskus ist die geschäftsführende Bundesinnenministerin, Nancy Faeser, unangekündigt in die syrische Hauptstadt geflogen. Begleitet wird die SPD-Politikerin, wie schon bei der ersten Reise, die am 27. März abrupt in Jordanien endete, von ihrem österreichischen Amtskollegen, Gerhard Karner.

Ihnen geht es vor allem darum auszuloten, wie die Aussichten für eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge sind. Auch Abschiebungen nach Syrien sind ihnen ein wichtiges Anliegen. "Wir wissen, wie angespannt die Sicherheitslage und wie prekär die humanitäre Situation noch immer ist", sagte Faeser. Trotzdem wolle sie mit der syrischen Übergangsregierung auch über Rückkehrperspektiven sprechen. "Für uns steht an erster Stelle, dass Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abgeschoben werden", sagte sie.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl dagegen warnt vor Abschiebungen nach Syrien. Diese würden eindeutig gegen die Menschenrechte verstoßen. "In Syrien hat gerade das schwerste Massaker seit Jahren an der Minderheit der Aleviten stattgefunden, was die neue Regierung, angeführt von der HTS - Miliz, nicht verhindern wollte oder konnte", schreibt Pro Asyl. Zudem sei völlig unklar, wie sich die Politik, die Sicherheitslage oder die Frauen- und Minderheitenrechte entwickeln werden. "Wer in solche Länder abschiebt, setzt Menschenleben aufs Spiel und untergräbt den Menschenrechtsschutz systematisch."

Der schmale Grat der Bundesregierung in Syrien

Ein Bündnis unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte Syriens Langzeitmachthaber, Baschar al-Assad, am 8. Dezember nach einer Blitzoffensive gestürzt. Er floh nach Moskau. HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa wurde Übergangspräsident.

Es ist ein schmaler Grat, auf dem die Bundesregierung in Syrien unterwegs ist. Einerseits will sie den Neuanfang in dem arabischen Land unterstützen, das nach mehr als 13 Jahren Krieg auf ausländische Hilfe und eine Aufhebung westlicher Sanktionen angewiesen ist. Andererseits bleiben trotz des pragmatischen Kurses von al-Scharaa Zweifel, ob die Rechte von Christen, Alawiten und anderen religiösen Minderheiten künftig gewahrt bleiben. Die Mehrheit der Syrer sind wie al-Scharaa und seine Kampfgefährten sunnitische Muslime.

Am Flughafen wird Faeser in Damaskus von einem hochrangigen Beamten des Außenministeriums empfangen - freundlich, aber ohne Handschlag. Sie fragt ihn nach der aktuellen Situation. Er beschreibt sie als "vorsichtig optimistisch". Mit Blick auf die Sicherheitslage spricht er beschwichtigend von "einigen Zwischenfällen".

Neuer Innenminister ist Kampfgefährte von al-Scharaa

Innenminister Anas Chattab, der die deutsch-österreichische Delegation empfängt, ist erst seit dem 29. März im Amt. Damals hatte Interimspräsident al-Scharaa die Mitglieder der zweiten Übergangsregierung nach dem Sturz von Assad ernannt. Chattab und al-Scharaa kennen sich schon aus der Zeit, als sie im Irak gemeinsam lokale Gruppen des Terrornetzwerks Al-Kaida im Kampf gegen die US-Truppen unterstützt hatten.

Syrien ist weiterhin Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in Deutschland. Im ersten Quartal dieses Jahres stellten 9861 Menschen aus Syrien erstmals in Deutschland einen Antrag auf Schutz.

Zum Stichtag 31. März standen beim Bamf noch 52.344 syrische Asylverfahren zur Entscheidung an. Nach dem Umsturz im Dezember hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Entscheidungen über Asylanträge von Menschen aus Syrien vorerst ausgesetzt. Ende März waren laut Innenministerium 1080 Syrer vollziehbar ausreisepflichtig.

Ausnahmeregelung für Erkundungsreise ins Herkunftsland

Für Faeser, die am Montag im österreichischen Krems an einem Treffen der Innenminister deutschsprachiger Länder teilnehmen wird, ist es wahrscheinlich die letzte Reise in diesem Amt. Bei den Verhandlungen für eine schwarz-rote Koalition hatten sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, dass ein von der CSU benannter Politiker künftig das Innenressort leiten soll.

Im Bundesinnenministerium arbeitet man bereits seit Januar an einer Ausnahmeregelung, um syrischen Flüchtlingen Erkundungsreisen in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sie dadurch ihren Schutzstatus in Deutschland verlieren. Erlaubt wäre demnach entweder eine einmalige Reise für die Dauer von maximal vier Wochen oder zwei Reisen von jeweils maximal zwei Wochen, jeweils mit dem Ziel, auszuloten, ob eine Rückkehr möglich wäre.

Mehrere Unionspolitiker haben sich allerdings kritisch zu dem Vorschlag geäußert - unter anderem der bayerische Innenminister Joachim Herrmann.

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