Strahlender Sonnenschein, angenehme 25 Grad Celsius, weiße Sandstrände voller Touristen. Für den Gast aus der Ukraine stand die Kulisse des Treffens mit Donald Trump am Sonntagnachmittag Ortszeit im krassen Gegensatz zur eiskalten Gegenwart in seinem von Russland immer weiter zerstörten Heimatland.

Wolodymyr Selenskyj musste die Gespräche in Trumps pompöser Residenz Mar-a-Lago mit höchster Zurückhaltung angehen. Der US-Präsident hat das Schicksal der Ukraine maßgeblich in der Hand, und Trump ist seit geraumer Zeit wachsende Ungeduld anzumerken. Jüngst setzte der Republikaner Thanksgiving als Frist für eine Vereinbarung zwischen Kiew und Moskau, dann sollte es das Weihnachtsfest sein. Beide Fristen sind verstrichen.

Zumindest konnte Selenskyj gemeinsam mit den Europäern einen Russlands Maximalforderungen weitgehend erfüllenden 28-Punkte-Plan verhindern und eine eigene, gemeinsam mit Trumps Team ausgearbeitete Version vorlegen. Ein Erfolg, den es zu bewahren gilt. Genau um diesen 20-Punkte-Plan ging es am Sonntag, als sich Trump mit den Ukrainern an einen Tisch setzte, begleitet von seinen Chefunterhändlern Steve Witkoff und Jared Kushner sowie von Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Pete Hegseth.

Ob Trump diesen Plan am Sonntag im Interesse der Ukraine und damit Europas unterstützt hat und vor allem Putin davon überzeugen will, blieb nach dem Treffen unklar. Es gab weiter keine Einigung bei den beiden wichtigsten Punkten: bei der Frage der Sicherheitsgarantien und was mit den von Russland besetzten respektive von der Ukraine noch gehaltenen Gebieten im Donbass geschehen soll.

In Hinsicht auf die Frage nach den Sicherheitsgarantien erklärte der ukrainische Präsident, diese seien zu 100 Prozent gelöst. Trump dagegen sprach von 95 Prozent. Offenbar gibt es weiter keine Annäherung, wie europäische Militärunterstützung auf ukrainischem Boden eingesetzt werden könnte. Putin betrachtet die Stationierung ausländischer Truppen in der Ukraine als Provokation.

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Auch die Frage des Donbass sei „dornig“, so Trump. Das Territorium sei umkämpft, aber „in den kommenden Monaten“ werde die Ukraine womöglich noch mehr davon verlieren. „Es ist Zeit, den Krieg zu beenden“, sagte der US-Präsident mehrfach, der im Rahmen des Treffens mit Selenskyj auch eine einstündige Schalte mit den Europäern durchgeführt hatte.

Trumps verklausuliertes Entgegenkommen gegenüber Wladimir Putin wurde nicht nur an dieser Stelle deutlich. Der US-Präsident stellte sich auch erneut auf die von Moskau vertretene Position, dass es keinen Waffenstillstand brauche. In einem zweieinhalbstündigen Telefonat, das Trump vor dem Treffen mit dem Ukrainer mit Russlands Machthaber gehabt hatte, zeigten beide Präsidenten laut Kreml in dieser Frage Übereinstimmung.

Trump bestätigte dies nach seinem Treffen mit Selenskyj. „Putin will nicht noch einmal mit dem Kämpfen beginnen“, sollte ein Waffenstillstand nicht halten. Das verstehe er, so Trump. Gleichzeitig aber drängt Selenskyj auf eine Feuerpause, damit seine Landsleute über den schmerzhaften Kompromiss eines Verzichts auf ihr eigenes Territorium an Russland abstimmen können. Wie das bei fortgesetzter Bombardierung durch Moskau möglich sein soll, ist fragwürdig. „Wir werden einen Weg finden“, so Trump, gab aber keine Details preis.

Trump sprach sogar davon, dass Russlands Machthaber der Ukraine Erfolg wünsche. „Es klingt ein wenig seltsam, aber Präsident Putin war sehr großzügig in seiner Einstellung gegenüber dem Erfolg der Ukraine“, behauptete Trump. Putin wolle sich am Wiederaufbau des von ihm zerstörten Landes beteiligen, indem er „Energie und Strom zu sehr niedrigen Preisen“ liefern werde. Reporter im Raum berichteten später, Selenskyj habe bei dieser Ausführung Trumps ein Kichern nicht unterdrücken können.

Der US-Präsident machte keine konkrete Ansage, ob es für den Friedensplan eine neue Frist gibt. Es könne „ein paar Wochen dauern“. Eine hochrangige Arbeitsgruppe wird jetzt weiter mit den Ukrainern verhandeln und danach wieder mit der russischen Seite. Möglicherweise würden sich danach Vertreter der Kriegsparteien zusammensetzen, so Trump.

Selenskyj habe es in Mar-a-Lago so gut gefallen, dass er gar nicht mehr ins Weiße Haus wolle, endete Trump seine Pressekonferenz. „Ich komme gern nach Washington“, entgegnete der Ukrainer. In der US-Hauptstadt soll es Anfang Januar weitere Gespräche geben, möglicherweise auch mit Beteiligung der Europäer.

Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel. Hier finden Sie alle ihre Artikel.

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