Seit Wochen liegen die Regierungsparteien im Clinch. Rente, Haushalt, Wehrpflicht. Nur ein Jahr, nachdem die „Ampel“ von Olaf Scholz am Streit zerbrach, sind Union und SPD auf einem ähnlichen Weg. In ihrem Polittalk fragte Moderatorin Sandra Maischberger Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU), ob die Bürger denn zumindest „weniger Bürokratie und mehr Digitales“ erwarten könnten. Der hielt sich mit Versprechungen nicht zurück.
Hohe Erwartungen hatten die Parteien zu den Themen Digitales und Bürokratieabbau bereits im Wahlkampf geschürt. Eigens wurde von der schwarz-roten Koalition erstmals ein Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung geschaffen – an der Spitze besetzt mit dem Politikneuling Wildberger, der vorher als Unternehmensberater und Manager arbeitete. Gleich zu Beginn der Sendung sagte der Minister, seine Motivation sei in den vergangenen sechs Monaten noch gestiegen. Seine Hauptbotschaft: Die Koalition wird liefern, auch wenn das nicht über Nacht passiere.
Auf die Frage, wie man die alten Versprechen ehemaliger Kanzler (Merkel, Schröder, Kohl), die Bürokratie in Deutschland abzubauen, nun tatsächlich umsetzen wolle, verwies Wildberger auf die neue Arbeitskultur in der Regierung. „Wir setzen Dinge wirklich um. Wir machen Dinge anders“, bekräftigte der Minister. Allein die Schaffung des eigenen Digitalministeriums zeige dies.
Wildberger gab einen Einblick in die Kabinettsrunden: Auf jeder Sitzung kämen hinter verschlossenen Türen Sachverhalte auf den Tisch, bei denen „Tacheles geredet“ werde, wenn etwas nicht vorangehe. „Das ist natürlich jetzt ein Prozess.“ Neben dem Wollen komme nun erst mal das Machen, „und darauf konzentrieren wir uns“.
Der Minister lieferte konkrete Zielmarken für den Bürokratieabbau. Die Koalition strebe an, die bürokratische Last für Unternehmen um 25 Prozent zu reduzieren – dies entspreche einer Entlastung von 16 Milliarden Euro, so Wildberger. Zudem sollen acht Prozent der Stellen in den staatlichen Ämtern abgebaut werden.
Als sichtbares Ergebnis für die Bürger nannte Wildberger den Bausektor. Weniger komplizierte Bauvorschriften und Genehmigungsverfahren sollen die Kosten senken. „Das Bauen wird billiger. Das heißt, für einen Euro kriege ich mehr gebaut, und das schneller.“ Auch die Infrastruktur werde durch den beschleunigten Glasfaserausbau schneller.
In einer Wurst stecken bis zu 15 Prozent Bürokratie
Wie groß die Last ist, zeigte ein eingespielter Beitrag eines Metzgermeisters, der angab, dass im Preis einer Wurst etwa 10 bis 15 Prozent Bürokratie steckten. Auf Maischbergers Nachfrage, wie viel noch in zwei bis vier Jahren drinstecke, sagte Wildberger: „Ich würde sagen, in dem Bereich halbieren wir.“
Gerade in der Landwirtschaft würden viele Berichtspflichten zurückgenommen. In Arbeit sei gerade die Rücknahme der Bon-Pflicht, so Wildberger. Alte Infrastrukturen wie überholte Kassensysteme bräuchten eine Antwort. „Da sind wir dran. Ich glaube schon, dass wir dann weniger Bürokratie in der Wurst haben.“
Trotz aller Bemühungen in Berlin sei da aber noch Brüssel, Sitz der Europäischen Union, betonte Wildberger. „Wir sind auch sehr aktiv in Brüssel unterwegs, dass wir diese Bürokratiewelle, die permanent auf uns zukommt, dass wir das auch im Schulterschluss mit den anderen Mitgliedstaaten jetzt mal zurückdrehen“, sagte der 56-Jährige.
Im Bereich Digitales kündigte der Minister die Einführung der europäischen, digitalen Brieftasche an, auch bekannt als European Digital Identity (EUDI) Wallet. „Mit der digitalen Brieftasche, nach höchsten Sicherheitsstandards, werden wir in der Lage sein, uns in sehr vielen Lebensbereichen, wo wir einen Personalausweis oder Zeugnisse brauchen, digital zu bewegen.“ Der Bürger könne sich dann etwa durch diese Wallet ummelden oder Zeugnisse vorlegen.
Wildberger nannte einen konkreten Zeitplan dafür: „Die kommt Ende 2026, vielleicht im Januar 2027.“ Die Sicherheit werde dadurch gewährleistet, dass die Daten in einer „souveränen, europäischen Cloud liegen“ werden – mit einer „rein europäischen Verschlüsselung“.
„Wir wissen, in welcher Verantwortung wir für das Land stehen“
Zum aktuellen Koalitionsstreit um Rente und Wirtschaftswachstum äußerte er sich diplomatisch, aber bestimmt. „Wir sind in so schwierigen Zeiten, in allen Bereichen merken wir gerade: Oh Gott, wir müssen jetzt richtig Gas geben.“ Wehrfähig werden, Wirtschaftswachstum ankurbeln und das Thema Digitales nannte er als Beispiele. „Ich glaube, wir alle in der Regierung wissen, in welcher Verantwortung wir für das Land stehen.“
Die Regierungsverantwortung werde sehr ernst genommen, und es werde hart gearbeitet, darauf könnten sich die Menschen verlassen. Die Debatte müsse in einer Demokratie natürlich ausgehalten werden, sagte Wildberger. Dann betonte er die interne Zusammenarbeit: „Ich erlebe es etwas anders als die öffentliche Debatte. Und gleichzeitig verstehe ich das“, meinte er zum Dauerstreit der schwarz-roten Koalition.
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