Seine Äußerung über die Zerstörung Syriens prägten in den vergangenen Tagen die politische Debatte über Abschiebungen. Nun bekräftigt Außenminister Johann Wadephul (CDU) noch einmal seine Haltung zur Rückführung syrischer Flüchtlinge.
Grundsätzlich sei es das Ziel der Bundesregierung, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen, sagte Wadephul am Dienstag in Berlin. Dies gelte auch für Menschen aus Syrien, allerdings auch hier vorrangig für Straftäter und sogenannte Gefährder. Dies geschehe unter Federführung der Innenbehörden. Generell würden die Syrer dafür gebraucht, dass von dem jahrelangen Bürgerkrieg zerstörte Land wieder aufzubauen. Daher müssten die Menschen ermutigt werden, freiwillig nach Syrien zurückzukehren.
Allerdings müsse dem Land auch von außen beim Wiederaufbau geholfen werden, sagte der CDU-Politiker weiter. Er habe bei seinem Besuch in Damaskus am Wochenende einen „völlig verwüsteten Stadtteil“ gesehen. Dabei sei die syrische Hauptstadt nicht einmal die am stärksten zerstörte Stadt des Landes. Aleppo etwa sei „zum Teil in eine apokalyptische Situation verwandelt“ worden. „Und das besteht fort“, betonte Wadephul und bekräftigte: „Solange das so der Fall ist, wird es schwer sein, dort wieder ein, wie ich es ja auch vor Ort gesagt habe, menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.“
Wadephul hatte sich bei einem Besuch in Syrien zurückhaltend über eine mögliche Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Deutschland geäußert. Diese sei „zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich“, da in Syrien „sehr viel an Infrastruktur“ zerstört sei.
Wadephul sieht keine Differenzen mit Bundeskanzler Merz
Merz hatte dagegen am Montag betont: „Der Bürgerkrieg in Syrien ist zu Ende.“ Es gebe nun „keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland“ – deshalb könne mit Rückführungen begonnen werden.
Differenzen mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sieht Deutschlands Außenminister laut eigener Aussage aber nicht. Er sagte, die Bundesregierung verfolge „insgesamt“ das Ziel, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen – auch die Zahl der Rückführungen nach Syrien. Das sei „unstreitig“ und er beteilige sich „aktiv daran“.
Es gehe dabei „vorrangig“ um eine „überschaubare Zahl“ von Straftätern und Gefährdern, fügte Wadephul hinzu. Bisher seien Rückführungen nach Syrien nicht gelungen. „Aber daran arbeiten wir“, betonte der Minister. Er habe bei seinem Besuch in Syrien am vergangenen Donnerstag auch Gespräche darüber geführt.
Federführend sei bei dem Thema das Bundesinnenministerium, „aber das Auswärtige Amt und der Außenminister unterstützt das konstruktiv, da gibt es überhaupt keine Differenz“, stellte Wadephul klar. Es hoffe darauf, dass es „recht bald“ erste Abschiebungen geben werde.
Ferner arbeite die Bundesregierung mit Hochdruck daran, eine größere Zahl von Syrern zu einer freiwilligen Rückkehr in ihr Heimatland zu bewegen. Die Menschen würden in Syrien für den Wiederaufbau „benötigt“, betonte der Minister.
„Genau das hat der Bundeskanzler gestern gesagt: Die Syrer sollen freiwillig ermutigt werden, es soll ihnen ermöglicht werden zurückzukehren, damit sie ihr Land wieder aufbauen“, sagte Wadephul. Der Kanzler und er hätten also „das vollständig gleiche Verständnis“.
Dröge fragt CDU: „Wofür habt ihr Außenminister?“
Dass Kanzler und Außenminister noch an einem Strang ziehen, bezweifeln die Grünen im Bundestag. Sie springen Wadephul zur Seite – und werfen der Kanzlerpartei mangelnden Rückhalt für ihren eigenen Außenminister vor. „Auch in der Außenpolitik muss der Kanzler, muss die CDU sich mittlerweile fragen, wofür die CDU eigentlich einen Außenminister stellt“, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge in Berlin. „Immer wenn der Außenminister sich äußert, wird es ja von den eigenen Parteimitgliedern hinterfragt.“
Dröge sagte, Wadephul habe seine Einschätzungen in Syrien abgegeben – und nahezu jeder mit Rang und Namen in der CDU habe sich bemüßigt gefühlt, zu sagen: „Also das, was der Außenminister da gesagt hat, das teilen wir definitiv nicht.“
Grüne lobten Wadephul und kritisierten Dobrindt
In der Debatte um die Rückführungen nach Syrien hatten mehrere Grünen-Politiker die Bedenken von Wadephul geteilt. Der innenpolitische Sprecher der Bundestags-Fraktion, Marcel Emmerich, sagte am Dienstag bei RTL und ntv, dass mehr als die Hälfte der Krankenhäuser in Syrien nicht mehr funktionierten und „dass die Infrastruktur dann natürlich nach Jahren des Bürgerkrieges vollkommen zusammengebrochen ist“.
Emmerich verwies auf vermehrt freiwillige Ausreisen und warb für ein Programm nach türkischem Vorbild. „Da gibt es zum Beispiel auch Pläne, in der Türkei entsprechende Programme zu machen. Dass Leute aus Syrien mal da hingehen, sich anschauen, ob das eigene Haus noch steht“ und wie die Versorgungslage vor Ort sei, sagte Emmerich. Dann könnten Betroffene entscheiden, ob sie nach Syrien zurückkehren. Eine solche Regelung auch für Syrer in Deutschland hatte das Bundesinnenministerium am Vortag aber abgelehnt.
Seine Parteikollegin Lamya Kaddor kritisierte vor allem Innenminister Dobrindt. „Ich empfehle dem deutschen Innenminister sehr, selber einmal nach Syrien zu reisen. Dann kann er sich ein Bild von der Lage machen“, sagte Kaddor dem „Spiegel“. Kaddor hatte Wadephul auf dessen Reise nach Syrien begleitet und teilt dessen Skepsis gegenüber Abschiebungen in das Bürgerkriegsland. „In Syrien sind viele Gegenden zerstört und kaum bewohnbar“, sagte sie weiter.
„Zu glauben, man könnte jetzt massenhaft abschieben, verkennt die Realität vor Ort“, fuhr Kaddor fort. Nur in bestimmte Regionen Syriens wie einige Viertel von Damaskus oder Idlib sei das möglich. Innenminister Dobrindt „schaut im Prinzip nur darauf, wie er Leute loswerden kann“, kritisierte Kaddor. Die Grünen-Innenexpertin sprach sich allerdings dafür aus, Straftäter nach Syrien abzuschieben. „Ich leugne nicht, dass Syrer in einigen Fällen potenzielle Gefährder sind. Sie müssen mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden“, sagte Kaddor.
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