Bürokratiemonster oder Instrument für fairen Wettbewerb? Die SPD will das Tariftreuegesetz bereits in der Ampel-Regierung verabschieden - scheitert jedoch am Widerstand der FDP. Auch der neue Koalitionspartner sträubt sich.

Die SPD hat im Bundestag die Pläne der Koalition zur Einführung eines sogenannten Tariftreuegesetzes verteidigt. Man stärke damit denen den Rücken, die ihre Leute anständig bezahlen und gut behandeln, sagte Arbeitsministerin Bärbel Bas. Bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs im Parlament wurde zugleich Kritik laut, nicht nur von Rednern der Opposition. Auch der Koalitionspartner Union meldete mit Blick auf Belastungen für Unternehmen Änderungsbedarf am Gesetzentwurf an.

Der vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Entwurf sieht vor, dass öffentliche Aufträge des Bundes ab einem Schwellenwert von 50.000 Euro künftig nur noch an Unternehmen gehen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Nicht tarifgebundene Unternehmen hätten bisher bei der Auftragsvergabe einen Wettbewerbsvorteil gehabt, weil sie wegen geringerer Personalkosten günstigere Angebote machen könnten, heißt es zur Begründung.

"Zum fairen Wettbewerb gehört auch, dass wir mit Steuergeld kein Lohndumping betreiben", sagte Bas in der Debatte. "Wer nach Tarif bezahlt, darf bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht der Dumme sein." Ihren Angaben zufolge geht es nicht nur um die Bezahlung, sondern auch um Mindestjahresurlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Sie versprach, man werde das Gesetz so unbürokratisch wie möglich umsetzen.

AfD spricht von "Bürokratiemonster"

Die für Arbeit und Soziales zuständige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt sagte, Wettbewerb dürfe nicht den Unternehmen das Leben schwermachen, die anständig bezahlten. Konkurrenz dürfe nicht über Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen laufen. Das sei gut für die Arbeitnehmer, aber auch für die Wirtschaft.

Der AfD-Abgeordnete Hans-Jürgen Goßner sprach hingegen von einem "Bürokratiemonster, das Betriebe gängelt, Unternehmer misstrauisch beäugt und Beamtenstellen sichert". Goßner warf der Regierung vor, "sozialistische Träumereien in Paragrafen gegossen" zu haben. Die CDU lasse sich dabei von der SPD am Nasenring durch die Manege ziehen. Das Gesetz sei "Bullshit".

Dass sich die Union mit dem vorgelegten Entwurf nicht wohlfühlt, wurde in der Debatte deutlich. Der CDU-Politiker Wilfried Oellers forderte, dass das Gesetz mit minimalem bürokratischen Aufwand umgesetzt werden müsse. Die CDU-Abgeordnete Sandra Carstensen verwies darauf, dass kein Gesetz so aus dem Parlament herauskomme, wie es eingebracht worden sei.

Union fordert Änderungen am Gesetzentwurf

Ihre Parteikollegin Nora Seitz sagte, man bekenne sich als Bestandteil des Koalitionsvertrags zu diesem Gesetz. Vereinbart sei aber auch, dass man sich bei Bürokratie, Nachweispflichten und Kontrollen auf ein Minimum beschränke, das sei im aktuellen Entwurf nur bedingt der Fall. "Die Rückmeldungen aus der Wirtschaft geben uns hier einen klaren Auftrag zu Nachbesserungen."

Grüne und Linke sind für die Pläne, kritisieren aber den Schwellenwert. Kein Steuergeld für Lohndumping, das müsse auch bei Aufträgen unter 50.000 Euro gelten, sagte die frühere Grünen-Chefin Ricarda Lang. Schon die Ampelkoalition hatte sich die Einführung eines Tariftreuegesetzes vorgenommen, setzte das aber nicht mehr um. Der Linken-Abgeordnete Pascal Meiser sagte, immer mehr Unternehmen verschafften sich mit Tarifflucht "schmutzige Wettbewerbsvorteile". Das Gesetz sei überfällig, es weise aber noch große Schwachstellen und Ausnahmen auf. Auch er kritisierte den Schwellenwert von 50.000 Euro als zu hoch.

Kritik an den Plänen kommt von den Arbeitgebern: Das Tariftreuegesetz sei ein Anti-Wachstumsgesetz, heißt es von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. "Es schafft neue Bürokratie, schließt gerade kleinere Betriebe von öffentlichen Ausschreibungen aus und blockiert den Weg zu mehr Tarifbindung. Gerade in dieser wirtschaftlich angespannten Lage ist das das falsche Signal", sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. Er sprach von "Tarifzensur" und forderte, dieses Gesetz müsse gestoppt werden.

Über das Gesetz wird jetzt zunächst in den Ausschüssen weiter beraten. Nach einem Bundestagsbeschluss benötigt es auch noch die Zustimmung des Bundesrates.

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