Der Grünen-Energieexperte Michael Kellner ist nicht amüsiert von der breiten Debatte über ein Aus des Verbrenner-Aus. Selbst aus SPD und Grünen gibt es Stimmen, die Neuzulassungen von Diesel- und Benzin-Pkw nach 2035 vertretbar finden. Kellner warnt vor einem "Hü und Hott".
Der energiepolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Michael Kellner, hat die vielfach geforderte Rücknahme des Verkaufsverbots für Neufahrzeuge mit Verbrennermotor im Jahr 2035 als schweren Fehler bezeichnet. Für ihn hängt die Schwäche der deutschen Automobilindustrie unmittelbar mit dem geringen Tempo der Umstellung auf E-Mobilität zusammen. Mit Blick auf zurückgehende Marktanteile in China sagte Kellner in der Sendung Frühstart von ntv: Die deutschen Hersteller seinen "zu langsam in der Transformation gewesen". Das führe dazu, dass die deutsche Industrie heute hinterherhinke, so der Grünen-Politiker. "Aber zu glauben, ich klammere mich am alten fest, ich knutsche das Auspuffrohr, dass das zum Erfolg führt, das glaube ich nicht."
Kellner wies dabei auch den Vorstoß der Spitzengrünen aus Baden-Württemberg, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Spitzenkandidat Cem Özdemir, das sogenannte Verbrenner-Aus zu verschieben oder zu flexibilisieren, strikt zurückgewiesen. "Ich halte von diesem Hü und Hott überhaupt gar nichts, weil das führt zu Verunsicherung", sagte Kellner. Das führe zu weniger Planungssicherheit und aufgeschobenen Kaufentscheidungen, er könne davor nur warnen.
Kellner verwies auf die verbleibenden zehn Jahre. Jetzt schon die "Flinte ins Korn werfen" sei für ihn keine Option. Er räumte allerdings auch ein: "Wenn wir sagen, wir sind ein Jahr vor 2035, (…) wir haben nur 90, 95 Prozent der Wegstrecke geschafft, dann noch mal zu adjustieren, von mir aus." Doch jetzt schon aufzugeben, erscheine ihm nicht überzeugend.
Kellner: deutsche Stahlindustrie nicht aufgeben
Kellner äußerte scharfe Kritik an den jüngsten Anmerkungen des Beraterkreises Wirtschaft von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche. Die vier Ökonomen hatten zu Wochenbeginn eine "Wachstumsagenda" vorgelegt und darin die deutsche Stahlbranche für weitgehend verloren erklärt. Deutschland bleibe dauerhaft durch hohe Energiepreise belastet und sei daher bei energieintensiver Produktion international nicht wettbewerbsfähig. Kellner, selbst Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium unter Robert Habeck, nannte diese Einschätzung falsch und kurzsichtig.
Stahl und die ihn produzierende Industrie seien von überragendem strategischen Interesse, so Kellner. Man habe während der Corona-Pandemie erlebt, wie brüchig Lieferketten waren. "Wir sollten doch nicht angewiesen sein, dass wir völlig abhängig vom Ausland sind", sagte Kellner. Stahl sei eine Grundstoffindustrie und diene der eigenen Widerstandsfähigkeit. "Für unsere eigene Sicherheit ist es wichtig, dass wir in Deutschland, dass wir in Europa auch eine eigene europäische Stahlindustrie haben."
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