Es regt sich Widerstand gegen die Abschiebepolitik des Weißen Hauses. Die US-Regierung bewertet Demonstrationen vor Gebäuden der Einwanderungsbehörde als "inländischen Terrorismus" und "Aufstand". Trump beordert das Militär nach Portland und Chicago. Wie urteilen die Gerichte?
Truppen in Washington D.C. Soldaten in Los Angeles. Befehl des Zugriffs auf Chicago. Versuchter Marsch der texanischen und kalifornischen Nationalgarde in die Stadt Portland im Bundesstaat Oregon. Drohungen gegen weitere demokratisch regierte Städte. US-Präsident Donald Trump, "Kriegsminister" Pete Hegseth und Stephen Miller, Vizestabschef im Weißen Haus, versuchen gemeinsam, mit Militär im Innern vorzugehen.
Die Begründung sind angebliche Ausnahmesituationen wegen Kriminalität sowie Proteste vor Gebäuden der Einwanderungsbehörde ICE. Seinen Generälen und Top-Offizieren sagte Trump zugleich, sie sollten zukünftig den "Feind im Innern" bekämpfen und US-Städte als Trainingsgelände verstehen. Laut Miller habe Trump das Recht dazu - am Montag nannte er die Proteste "offene Rebellion", "Aufstand" und eine "Schulbuchdefinition des inländischen Terrorismus", gegen die der Präsident laut Verfassung mit dem Militär vorgehen dürfe.
Doch die Städte und ihre Bundesstaaten wollen kein Militär auf ihren Straßen, sagen, dies sei völlig übertrieben und verfassungswidrig. Geht es nach ihren Vertretern, rechtfertigen weder die dortigen Demonstrationen noch die Verbrechensraten den Einsatz des Militärs. Das Weiße Haus und Trump versuchen offenbar zu zeigen, wer der Herr im Haus ist; mit Stoßtruppen des Militärs auf den Straßen, um ICE zu unterstützen. Die Regierung kann so parallel über ihre Kernthemen sprechen: Sicherheit und Migration. Die Grenzen zwischen beidem hat das Weiße Haus in seiner Kommunikation bereits völlig verwischt.
Im Wahlkampf hatte Trump die "größte Abschiebung in der Geschichte der USA" angekündigt. Seit Beginn der zweiten Amtszeit führen die bewaffneten ICE-Einsatzkräfte Razzien gegen Migranten durch, gehen teilweise brutal, vermummt und ohne viel Federlesens vor. Zuletzt befanden sich so viele Menschen wie nie zuvor in Abschiebehaft. Wer keine Aufenthaltsgenehmigung hat oder ohne ins Land gekommen ist, egal wie lange her, wird als Krimineller gesehen und kann abgeschoben werden. Rund 14 Millionen Menschen sind potenziell betroffen.
"Regierung will Kriegsgebiet schaffen"
Trump nannte Chicago ein "Drecksloch", Heimatschutzministerin Kristi Noem bezeichnete die Stadt im Bundesstaat Illinois als "Kriegsgebiet". Gouverneur JB Pritzker sieht das komplett anders: "Die Regierung will ein Kriegsgebiet schaffen, damit sie noch mehr Truppen schicken kann", warnte Pritzker. Beamte hätten vergangene Woche "einfach Leute herausgepickt, die braun oder schwarz waren und ihre Dokumente kontrolliert". Er kritisierte mangelhafte Kommunikation mit der Regierung. "Sie verbreiten nur ihre Propaganda", so der Gouverneur. "Und dann müssen wir selbst herausfinden, was tatsächlich vorgefallen ist."
Die Argumentationskette aus dem Weißen Haus ist gradlinig: Die Bevölkerung habe Trump gewählt, also führe das Heimatschutzministerium, dem ICE untersteht, mit den Massenabschiebungen den Volkswillen durch. Trump dürfe das Militär einsetzen, wie er wolle, weshalb jeglicher Widerstand dagegen ein Angriff auf die Republik sei - also "inländischer Terrorismus", schrieb Miller über mehrere Beiträge in sozialen Medien verteilt. Die Proteste seien "eine organisierte Terrorkampagne, die sich gegen die zentralen Aufgaben der Regierung richtet". Sowohl Chicago als auch Portland sind sogenannte Zufluchtsstädte. In beiden kooperiert die Polizei nicht mit ICE.
Der Konflikt um den Einsatz des Militärs im Innern wird parallel vor Gerichten ausgetragen. Chicago und Illinois haben die Regierung wegen des angekündigten Einsatzes der Nationalgarde verklagt. Für Portland untersagte am Wochenende eine - von Trump nominierte - Richterin vorläufig den Einsatz der Nationalgarde. Die Regierung, urteilte sie, habe "eine Reihe von Argumenten vorgebracht, die, wenn sie akzeptiert werden, die Grenze zwischen ziviler und militärischer Macht verwischen könnten – zum Nachteil dieses Landes". Das Weiße Haus ging gegen die Entscheidung in Berufung.
Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, der als künftiger Präsidentschaftskandidat der Demokraten im Gespräch ist, twitterte angesichts der Versuche, die Nationalgarde aus seinem Bundesstaat ins benachbarte Oregon zu schicken: "Amerika ist am Rande des Kriegsrechts."
"Es gibt keinen Aufstand"
Trump hatte gesagt, Portland sei "vom Krieg verwüstet", es herrsche "Anarchie" und kündigte an: "Die Terrorherrschaft der radikalen Linken endet jetzt." Augenzeugenberichte und Videos von vor Ort legen etwas ganz anderes nahe: kleine, kreative Proteste vor einem ICE-Gebäude mit Scharmützeln. "Es gibt keinen Aufstand", sagte auch Tina Kotek, Gouverneurin von Oregon: "Es gibt keine Bedrohung für die nationale Sicherheit, und es besteht keine Notwendigkeit für militärische Truppen in unserer Großstadt." Portlands Bürgermeister Keith Wilson meinte: "Präsident Trump hat 'alle notwendigen Truppen' nach Portland, Oregon, befohlen. Die Zahl der notwendigen Truppen ist null."
Seit Monaten macht die US-Regierung Stimmung gegen Migranten und verpackt ihre Abschiebepolitik auch in Memes. Vor ein paar Tagen etwa postete das Heimatschutzministerium einen Zusammenschnitt von alten, typischen US-Szenen und Trumps mit "Die Zukunft ist rosig" und "Das Leben nach der Abschiebung aller illegalen Ausländer". Anfang September hatte Trump bei Truth Social geschrieben: "Ich liebe den Geruch von Abschiebungen am Morgen" in Anlehnung an den Vietnam-Antikriegsfilm "Apocalypse Now". "Chicago wird herausfinden, warum es Kriegsministerium heißt", drohte er, und versah den Beitrag mit einem offenbar KI-generierten Bild von sich vor Blackhawk-Hubschraubern.
Miller regte sich via X auf: "Mit Angriffen und Ermordungen soll das Mandat der Wahl 2024 über Ausweisungen von Millionen illegalen Einwanderern umgekehrt werden, welche die Biden-Regierung auf kriminelle Weise in unsere Städte importiert hat." Die Vorgehensweise von ICE gegenüber Migranten "beschützt das Leben und den Lebensunterhalt von 300 Millionen amerikanischen Bürgern", schrieb Miller. Mit der Zahl scheint er rund 40 Millionen Menschen ohne US-Pass auszuschließen.
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