Etwa 800 Offiziere dürften zum mysteriösen Treffen mit dem Präsidenten und dessen "Kriegsminister" Hegseth kommen - die komplette militärische Führungsriege der USA. Sie soll offenbar auf Trumps Kurs eingenordet werden.

Worum geht es? Um die Liebe! Das sagt zumindest Donald Trump über das Treffen mit der kompletten Führungsriege der US-Streitkräfte nahe der Hauptstadt Washington. Wie sein Verteidigungsminister Pete Hegseth und er diese Liebe am heutigen Dienstag zum Ausdruck bringen wollen, ist die Vier-Sterne-Frage. Die Veranstaltung in Virginia wurde kurzfristig anberaumt. Hegseth und Präsident Trump sollen reden, die etwa 800 ranghöchsten Offiziere des Militärs zuhören. Was ist so wichtig, dass die militärische Führung der USA aus aller Welt anreisen muss?

Die Truppen der Vereinigten Staaten stehen in Europa, Südkorea, Japan und im gesamten Nahen Osten, und werden von Zwei-, Drei- und Vier-Sterne-Generälen und Admiralen befehligt. Nun sollen alle ihre Einsatzposten verlassen und an einem Ort zusammenkommen. Obwohl das auch virtuell möglich gewesen wäre. Was Vorteile gehabt hätte: Manche Experten wiesen auf das Sicherheitsrisiko hin, die komplette militärische Führung am selben Ort zu versammeln.

Das Treffen sei "beispiellos", urteilt ein Militärexperte des Center for Strategic and International Studies (CSIS). Entsprechend scheucht die höchst ungewöhnliche, mysteriöse Zusammenkunft an der Marine Corps Universität in Quantico auch Politik und Soldaten auf. Sollte Hegseth nicht "einen großen Feldzug oder eine komplette Neuordnung der militärischen Kommandostruktur planen, kann ich mir keinen guten Grund dafür vorstellen", wird ein Kongressmitarbeiter von CNN zitiert. So oder so dürfte es ein gigantischer Werbe-Stunt für die eigene Basis werden; mit Pathos und blitzblanken Uniformen für die Kameras. Das Treffen selbst wird die Regierung laut US-Medien nicht live übertragen, aber anschließend der Öffentlichkeit in Videos vorführen.

Einschwören auf "Kriegerethos"

Hegseth könnte weitere Absichten mit der Zusammenkunft verfolgen. Etwa, die militärische Führung auf die derzeitige politische einzuschwören, nachdem monatelang über frühzeitige Ruhestände und Entlassungen geredet wurde. Und wer mit der Linie des Weißen Hauses und des vom Verteidigungs- zum Kriegsministerium neu betitelten Pentagon nicht einverstanden ist, kann gerne gehen. "Es geht darum, die Pferde in den Stall zu bekommen und sie auf Linie zu peitschen", wird ein Mitarbeiter des Weißen Hauses von CNN zitiert: "Um ihnen zu sagen: Machen Sie mit, oder Ihre Karriere wird möglicherweise verkürzt."

Vor seinem Amtsantritt hatte Hegseth "ein Drittel" der hochrangigen Offiziere als "aktiv mitschuldig" an einer Politisierung des Militärs bezeichnet. Damit meinte er vor allem, dass sich das Militär wegen "woken" Themen vom sogenannten "Kriegerethos" entfernt habe. Seit vergangenem Jahr wird deshalb genau darauf geguckt, wer wie den Dienst verlässt. Gleichheitsinitiativen erklärte Hegseth bereits für "tot". Auf das "Kriegerethos" wolle der Minister nun die Offiziere persönlich einschwören, schreibt die "Washington Post".

Im Mai verordnete Hegseth seinem Ministerium, die Zahl der Vier-Sterne-Generäle und Admirale um mindestens 20 Prozent zu verringern. Derzeit sind 37 weltweit im Einsatz. Vier wurden bereits entlassen, darunter der Oberste Stabschef Charles Q. Brown, mehr als zwei Jahre vor dem Ende seiner Dienstzeit. Eine ganze Reihe weiterer Offiziere musste gehen. Das US-Militär ist traditionell unpolitisch, die Dienstzeiten überlappen sich mit aufeinander folgenden Präsidentschaften. Doch unter Trump und Hegseth wurden sogar die Obersten Militärstaatsanwälte gefeuert. Immer wieder werden auch Entlassungen von Offizieren unterhalb der Vier-Sterne-Riege bekannt. US-Medien und Kritiker nennen dies "Säuberungen", da ideologische Gründe naheliegen.

Laut dem CSIS-Experten ist eine Diskussion über die Nationale Verteidigungsstrategie, die Hegseth bald veröffentlichen wolle, wahrscheinlich. Darin werde die neue Leitlinie die Innere Sicherheit, heißt es in US-Medien. Trump liebäugelt immer wieder mit Militäreinsätzen im Innern oder ordnet sie für die Nationalgarde an. In seiner ersten Amtszeit wollte der Präsident das Militär gegen "Black Lives Matter"-Proteste einsetzen, wurde aber von seinem damaligen Verteidigungsminister vom Gegenteil überzeugt. Bislang konzentrierte sich die Nationale Verteidigungsstrategie auf Reibungspunkte mit China und Russland. Möglicherweise möchte Hegseth in diesem Zuge auch das Militär umstrukturieren, etwa das europäische und afrikanische Kommando zusammenlegen.

Weitere Eskalationsstufe möglich

Das Militär auf das Thema Innere Sicherheit und potenziell auch gegen politische Gegner einzuschwören, wäre eine weitere Eskalationsstufe des Weißen Hauses im eigenen Land. Nach der Ermordung des rechten Aktivisten Charlie Kirk ist die Rhetorik der Regierung und ihrer Unterstützer gegen Demokraten und Linke noch extremer geworden. Das Motiv des Täters ist unklar. Trump nahm Kirks Tod jedoch zum Anlass für weitere Schritte gegen politische Gegner.

Der Präsident erklärte in einem Dekret die "Antifa" zur inländischen Terrororganisation. Zudem wies er das FBI, Geheimdienste und die Finanzverwaltung an, auf breiter Front gegen "organisierte politische Gewalt" vorzugehen. Es gebe eine "organisierte Kampagne von radikalem Linksterrorismus", behauptete Trumps stellvertretender Stabschef Stephen Miller. Die lose antifaschistische Bewegung "Antifa" ist keine Organisation mit festen Strukturen. "Sie werden dies im Wesentlichen als Gelegenheit nutzen, um gegen jeden vorzugehen", wird Pat Eddington von der libertären Denkfabrik Cato Institute von "The Hill" zitiert.

Die Anordnung aus dem Weißen Haus ist äußerst breit angelegt und könnte Eddington zufolge als Grundlage für politische Verfolgung und Ermittlungen gegen Aktivisten, NGOs und deren finanzielle Unterstützer verwendet werden. Regierungsmitglieder äußerten sich bereits entsprechend. Die größte US-Bürgerrechtsorganisation ACLU nennt dies Machtmissbrauch: "Ausgehend von einem Fiebertraum voller Verschwörungstheorien hat Präsident Trump einen weiteren Versuch gestartet, gegen seine Kritiker zu ermitteln und sie einzuschüchtern", so die ACLU-Sprecherin Hina Shamsi.

Soros schon im Visier

Laut "New York Times" bereitet das Justizministerium unter Ressortchefin Pam Bondi bereits Ermittlungen gegen George Soros, seinen Sohn Alex und deren Stiftungen vor. Der Milliardär ist Großspender der Partei der Demokraten und wird wegen seiner gemeinnützigen Aktivitäten im rechten politischen Spektrum schon lange als Strippenzieher linker Gruppen dargestellt. Er ist auch Gegenstand weitreichender Verschwörungstheorien. "Wenn man sich Soros ansieht, steht er an der Spitze von allem", sagte Trump vergangene Woche ominös.

Der Präsident zeigte sich zudem verwundert wegen des Medienrummels um das Treffen. "Ich möchte den Generälen sagen, dass wir sie lieben, dass sie geschätzte Anführer sind, dass sie stark, widerstandsfähig, klug und mitfühlend sein sollen", so Trump: "Das ist alles, was es ist, Esprit de Corps. Es ist an der Zeit, dass jemand das macht." Er wolle den Offizieren zudem sagen, "wie gut wir militärisch dastehen".

Für manche ist angesichts der autokratischen Tendenzen der US-Regierung gar die Frage der Stunde, wie weit Trump und Hegseth bei dem Treffen gehen werden, um sich der Treue ihrer Offiziere zu versichern. Ben Hodges, der frühere Kommandeur des US-Heeres in Europa, wies bei X auf die "Überraschungsversammlung in Berlin" im Jahr 1935 hin. Dort waren deutsche Generäle im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs informiert worden, dass ihr Schwur auf die Verfassung nichtig sei und sie stattdessen "einen persönlichen Eid auf den Führer" Adolf Hitler schwören müssten. Hegseth schrieb dazu: "Coole Geschichte, General."

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