2021 stimmt die Mehrheit der Berliner für die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Weil der Senat das Vorhaben nie umsetzt, macht die Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" nun Druck: Ein nun vorgestellter Gesetzesentwurf könnte nach erneuter Abstimmung direkt in Kraft treten.

Die Berliner Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" hat erstmals einen Gesetzesentwurf für die Enteignung großer Immobilienkonzerne vorgelegt. Der Schritt der Initiative folgt auf einen Volksentscheid aus dem Jahr 2021. Damals stimmten 59,1 Prozent der Berlinerinnen und Berliner für eine Enteignung großer Konzerne und der Vergesellschaftung aller ihnen gehörenden Wohnungen.

Der Entwurf mit dem Titel "Gesetz zur Überführung von Wohnimmobilien in Gemeineigentum" wurde laut der Initiative innerhalb von zwei Jahren erarbeitet und umfasst 37 Paragrafen. Im Kern zielt das vorgeschlagene Gesetz auf die Enteignung von Konzernen, die mehr als 3000 Wohnungen in Berlin besitzen. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit gilt diese Zahl als Grenze, die Konzerne dürften also einen Bestand von 3000 Wohnungen behalten. Damit würden bis zu 220.000 Wohnungen verstaatlicht, berichtet der "Tagesspiegel". Sie würden in eine noch zu gründende Anstalt öffentlichen Rechts übergehen.

Ausnahmen soll es etwa für landeseigene Wohnungsunternehmen, Genossenschaften sowie Unternehmen geben, die einem gemeinnützigen oder kirchlichen Zweck dienen. Zwangsräumungen sollen grundsätzlich nicht stattfinden. Der Bestand frei werdender Wohnungen soll "nach Bedarfskriterien und mit dem Ziel der Diskriminierungsfreiheit vergeben" werden.

Entschädigung unter Marktwerk

Die Konzerne sollen per Gesetz unter Androhung von hohen Strafen zur Mitarbeit verpflichtet werden. Laut dem Gesetzesentwurf sollen sie mit 40 bis 60 Prozent des Marktwertes ihres Wohnungsbestandes entschädigt werden. "Wir gehen davon aus, dass sich die Entschädigungssumme in einem Korridor von 8 bis 18 Milliarden Euro bewegen wird", sagte Initiativen-Sprecherin Isabella Rogner der "taz". Geld erhalten sollen die Konzerne nicht, sondern Wertpapiere mit dem Nominalwert der Entschädigungshöhe. Den Berliner Haushalt soll dies aber nicht belasten. Die Entschädigung soll nicht auf einmal, sondern innerhalb von 100 Jahren mit einem Zinssatz von 3,5 Prozent getilgt werden, heißt es im "Tagesspiegel". Finanziert werden könnte dies über die Mieteinnahmen.

Die Initiative plant, den jüngst vorgestellten Entwurf erneut in einem Volksentscheid zur Abstimmung zu stellen. Die Folgen eines erfolgreichen Entscheids wären weitreichend: Im Gegensatz zur Abstimmung 2021 würde das Gesetz sofort in Kraft treten. Die Vertreterinnen und Vertreter der Initiative versprechen sich vor allem sinkende Mietpreise. "Vorrangig soll die Überführung von Wohnraum in Gemeineigentum die Versorgung der Berliner Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum gewährleisten", heißt es in der Begründung des Entwurfs.

Dabei verweist die Initiative auf die Wohnungskrise in der Hauptstadt in den vergangenen Jahren. Die Zahlen für Neubauten seien eingebrochen, die Angebotsmieten würden unvergleichbar stark steigen. Trotz des erfolgreichen Volksentscheids habe der Berliner Senat nichts unternommen, um an diesem Zustand etwas zu ändern. Tatsächlich hatte der Senat den Volksentscheid zwar einer Expertenkommission vorgelegt, die die juristische Zulässigkeit bestätigte, das Vorhaben in der ursprünglichen Form danach jedoch blockiert.

Gesetz wäre Novum in der Geschichte der BRD

Stattdessen arbeitet die schwarz-rote Regierung in Berlin an einem "Rahmengesetz", um die Wohnungskrise zu entschärfen. Eine Vergesellschaftung soll jedoch nicht ermöglicht werden. "Deutsche Wohnen & Co enteignen" schreibt in ihrem Entwurf dazu, dass eine langfristige Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum "ohne einen substanziellen gemeinschaftlichen Wohnungssektor" nicht möglich sein wird.

"Nach jahrelanger Verschleppung unseres gewonnenen Beschlussvolksentscheids wollten wir nicht länger auf die Landesregierung warten", heißt es in der Begründung des Entwurfs. Demzufolge habe man die "historische Aufgabe" selbst in die Hand genommen. Tatsächlich handelt es sich bei dem Entwurf inhaltlich um ein Novum. Es wäre das erste Mal, dass Artikel 15 des Grundgesetzes, der die Vergesellschaftung von Grund und Boden regelt, zur Anwendung käme.

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