Beim Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Madrid sorgt der Gazakrieg für Differenzen. Während Spaniens Premier von Völkermord und Barbarei spricht, betont Merz die Solidarität Deutschlands mit Israel. Die Anerkennung eines Palästinenserstaats stehe in Berlin nicht zur Debatte.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat bei seinem Antrittsbesuch beim spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez Meinungsverschiedenheiten mit Blick auf den Gazakrieg eingeräumt. Es sei "kein Geheimnis", dass die Bundesregierung und die sehr Israel-kritische spanische Linksregierung aus der Lage "verschiedene Schlüsse" ziehen würden und "unterschiedlicher Auffassung" seien, sagte Merz am Abend bei einer Pressekonferenz mit Sánchez im Regierungspalast Moncloa in Madrid. Dies habe auch mit der deutschen Geschichte zu tun.
"Wir teilen die tiefe Sorge über die humanitäre Lage in Gaza und die laufende Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte gegen Gaza-Stadt", betonte Merz. Berlin wie auch Madrid würden zudem befürchten, "dass es im Westjordanland zu Annexionsschritten kommt, die eine Zwei-Staaten-Lösung noch weiter erschweren könnten". Merz machte aber deutlich, dass Deutschland - anders als Spanien im vergangenen Jahr - vorerst keine Anerkennung eines eigenständigen Palästinenserstaates plane. Dies stehe derzeit "nicht zur Debatte", sagte der Kanzler. Eine Anerkennung wäre vielmehr einer "der letzten Schritte" auf dem Weg hin zu einer Zweistaatenlösung. Der Bundeskanzler lehnte es - anders als Sánchez - auch ab, von einem "Völkermord" im Gazastreifen zu sprechen. Deutschland und Spanien würden diese Beschreibung nicht "teilen", sagte Merz.
Merz verzichtete auch darauf, sich zu den Sanktionsvorschlägen der EU-Kommission zu positionieren. In der kommenden Woche werde sich das Kabinett damit befassen, sagte Merz. "Ich gehe davon aus, dass wir dann eine Position im informellen Rat am 1. Oktober in Kopenhagen haben werden, die von der ganzen Bundesregierung auch getragen wird."
"Wir stehen auf der Seite Israels", betonte Merz. "Das heißt nicht, dass wir jede Entscheidung einer israelischen Regierung teilen und gutheißen." So sei das Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen "unverhältnismäßig". "Kritik an der israelischen Regierung muss möglich sein, aber wir dürfen nie zulassen, dass sie zu einer Hetze gegen Jüdinnen und Juden missbraucht wird", sagte Merz. Darin sei er sich mit Sánchez einig.
Sánchez wirft Israel "Barbarei" vor
Spanien gehört in der EU zu den schärfsten Kritikern des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen. Der Sozialist Sánchez hat Israel wiederholt einen "Völkermord" in dem Palästinensergebiet vorgeworfen. Vor wenigen Tagen forderte er, Israel von internationalen Sportwettbewerben auszuschließen, bis die "Barbarei" aufhört.
Sánchez sprach zudem Pro-Palästina-Demonstranten seine "Bewunderung" aus, die mit ihren Protesten am Sonntag einen Abbruch der Schlussetappe der Rennradtour La Vuelta erzwungen hatten. Bereits im vergangenen Jahr erkannte die spanische Linksregierung einen eigenständigen Palästinenserstaat an. Sánchez sagte an der Seite von Merz unter anderem mit Blick auf den Kampf gegen die frühere baskische Terrororganisation ETA: "Wir wissen, wie man den Terrorismus besiegt." So, wie Israel die radikalislamische Hamas bekämpfe, werde dies aber nicht gelingen. Israel werde nur international zunehmend isoliert und sorge selbst für größere Unsicherheit.
Merz schwärmt von Urlaubserinnerungen
Merz absolvierte vier Monate nach seinem Amtsantritt seinen Antrittsbesuch in Spanien. Er und Sánchez hatten sich bereits bei mehreren internationalen Gipfeln getroffen. Bei ihrem Treffen in Madrid ging es neben dem Gazakrieg auch um den Ukraine-Krieg, die europäische Verteidigungspolitik, die Nato, die Wirtschafts- und die Energiepolitik.
Merz ließ bei der Pressekonferenz am Regierungssitz Moncloa auch persönliche Erinnerungen aufleben: Er verbinde mit Spanien "mit die schönsten Kindheitserinnerungen", sagte der Kanzler. "Ich bin mit meiner Familie sehr häufig in ganz jungen Jahren südlich von Valencia in dem schönen Ort Cullera im Urlaub gewesen. Und von daher verbindet mich mit Spanien sehr viel an persönlichen Erinnerungen." Am Freitag soll Merz den Vorsitzenden der konservativen Oppositionspartei Partido Popular, Alberto Núñez Feijóo, treffen, bevor er nach Berlin zurückfliegt.
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