Hunderttausende fliehen in den vergangenen Tagen aus Gaza-Stadt, Hunderttausende sind vermutlich noch dort. Nun beginnt die israelische Armee mit heftigen Attacken. Die schweren Explosionen sind bis Israel zu hören. Medien berichten von Panzern, die in die Stadt eindringen.
Die israelische Armee hat mit heftigen Angriffen auf Gaza-Stadt begonnen. "Gaza brennt", schrieb Verteidigungsminister Israel Katz auf X. Die israelische Armee gehe "mit eiserner Faust" gegen "die Infrastruktur des Terrors" im Gazastreifen vor, schrieb Katz. Medizinischen Einsatzkräften zufolge starben bei einem Angriff auf ein Haus im Westen der Stadt fünf Menschen, darunter zwei Kinder. Kampfflugzeuge flogen in der Nacht laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa nahezu ununterbrochen heftige Attacken auf die im Norden des Gazastreifens gelegene Stadt, begleitet von Artilleriebeschuss.
Unbestätigten palästinensischen Medienberichten zufolge drangen daraufhin Panzer in die Stadt ein. Die US-Nachrichtenseite "Axios" zitierte israelische Beamte, demnach es sich um den Auftakt der Bodenoffensive handelt. Nach israelischen Medienberichten waren die schweren Explosionen im Norden des Gazastreifens auch in Israel zu hören.
Kurz zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio Zweifel geäußert, ob der Gaza-Krieg auf diplomatischem Wege beendet werden kann. "Wenn es also nicht auf diese Weise endet, dann muss es durch einen militärischen Einsatz beendet werden", sagte er dem US-Sender Fox News bei seiner Reise in Israel laut Redemanuskript. Er glaube, dass Israel diesen Weg selbst nicht bevorzuge. Israels Ex-Premierminister Jair Lapid hatte der Netanjahu-Regierung vorgeworfen, einen von den Vermittlern vorgeschlagenen Deal, der die Zustimmung der Hamas gehabt habe, ignoriert zu haben. Der Deal habe zu 98 Prozent dem Witkoff-Deal entsprochen, den Israel zuvor angenommen hatte.
Angehörige der Geiseln: Es könnte ihre letzte Nacht sein
Das Forum der Angehörigen der von der islamistischen Terrororganisation Hamas festgehaltenen Geiseln äußerte indes große Besorgnis angesichts der Berichte über die in der Nacht begonnene Einnahme der Stadt Gaza. Nach 710 Nächten in der Gewalt von Terroristen "könnte heute Nacht die letzte Nacht für die Geiseln sein", hieß es in einer Erklärung des Angehörigenforums.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu entscheide sich bewusst dafür, "sie aus politischen Erwägungen zu opfern", hieß es. Er ignoriere dabei völlig die Einschätzungen des Generalstabschefs und der Sicherheitsbehörden, hieß es in der Mitteilung weiter. Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner, von denen sein politisches Überleben abhängt, sind gegen eine Waffenruhe.
Das israelische Sicherheitskabinett hatte im August die Einnahme der Stadt Gaza im Norden des von Israel abgeriegelten Küstenstreifens gebilligt. Das israelische Militär rief deshalb alle der schätzungsweise eine Million Bewohner der Stadt Gaza auf, in sogenannte humanitäre Zonen weiter südlich zu flüchten. In Erwartung des Vorstoßes in die Stadt flohen nach israelischen und palästinensischen Angaben bereits mehr als 300.000 Menschen aus Gaza-Stadt. Der israelische Militärchef Ejal Zamir hatte Berichten zufolge zuvor eindringlich vor den Gefahren einer Einnahme der Stadt Gaza gewarnt und Netanjahu dazu gedrängt, den aktuellen Vermittlungsvorschlag über eine Gaza-Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln anzunehmen.
Massive Vorwürfe gegen Israels Regierungschef
Israelische Medien berichteten unter Berufung auf palästinensische Kreise, die Hamas habe Geiseln aus unterirdischen Tunneln geholt und in Häuser und Zelte der Stadt gebracht, um die israelische Armee an Einsätzen in bestimmten Gebieten zu hindern. Die Mutter eines verschleppten Mannes sagte Medien zufolge, ihr Sohn werde in Gaza als menschlicher Schutzschild missbraucht.
Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, davon sind 20 nach israelischen Informationen noch am Leben. Viele von ihnen befänden sich jetzt in der Stadt Gaza, hieß es in der Erklärung des Forums der Angehörigen. Israels Ministerpräsident Netanjahu trage die persönliche Verantwortung für das Schicksal der Geiseln. "Das israelische Volk wird die Opferung der Geiseln und Soldaten nicht verzeihen", hieß es weiter.
Die israelische Armee hatte in den vergangenen Tagen ihre Luftangriffe in und um die Stadt herum schrittweise ausgeweitet und zuletzt begonnen, zahlreiche Hochhäuser in der Stadt zu zerstören. Sie wirft der Hamas vor, dort Beobachtungsposten eingerichtet und Sprengsätze platziert zu haben. Die Sprengungen ließen viele Bewohner ohne Dach über dem Kopf zurück. Amnesty International verurteilte die Vertreibungsanordnung und erklärte, dass sie das Leid der Zivilbevölkerung inmitten dessen, was die Menschenrechtsorganisation als Völkermord bezeichnet, noch verschlimmert.
Der Gaza-Krieg begann mit dem Hamas-Terrorüberfall am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1200 Menschen in Israel getötet und mehr als 250 verschleppt wurden. Seither sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mindestens 64.900 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Unabhängige Untersuchungen gehen teils von noch höheren Zahlen aus. Kritiker werfen Israel Kriegsverbrechen und Völkermord vor. Israel betont dagegen, es bekämpfe ausschließlich die Hamas.
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