Afghanistan befindet sich in einer Dauerkrise. Dennoch werden Tausende geflohene Afghanen aus anderen Ländern wieder zurückgeschickt. Die Internationale Organisation für Migration hält besonders Frauen unter der Taliban-Herrschaft für systematisch gefährdet.
Wer nach Afghanistan abgeschoben wird, tut sich mit dem Neuanfang in der alten Heimat nach Einschätzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) oft extrem schwer. "Einige dieser Menschen haben noch nie dort gelebt", sagt Mihyung Park, Leiterin der IOM-Operation in Afghanistan. Andere hätten, um ihre Flucht beziehungsweise Auswanderung zu finanzieren, Häuser und Land verkauft, teils auch Schulden aufgenommen und stünden deshalb vor dem Nichts.
Seit der Machtübernahme der Taliban gibt es in Afghanistan schwere Menschenrechtsverletzungen, von denen insbesondere Frauen betroffen sind. Ihnen wird der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu höheren Bildungsabschlüssen systematisch verwehrt. Hinzu kommen Menschen, die wegen ihrer Tätigkeit vor dem Machtwechsel in Kabul führende Positionen im Regierungsapparat hatten, beziehungsweise aufgrund ihrer Arbeit als Journalistinnen oder Menschenrechtler Verfolgung durch die islamistischen Taliban befürchten.
Park lobt aber auch die Unterstützung Deutschlands und der Europäischen Union für die Vereinten Nationen, die Rückkehrer an den verschiedenen Grenzübergängen in sogenannten Empfangszentren mit dem Nötigsten versorgen. Dazu gehöre etwa Bargeld, um zumindest die Weiterreise bis zum Zielort innerhalb Afghanistans zu finanzieren.
Zumindest zwei positive Entwicklungen seien zu beobachten: Internationale Hilfsorganisationen hätten inzwischen Zugang zu allen Provinzen des Landes, und die Sicherheitslage sei insgesamt deutlich besser als noch vor fünf Jahren. Die Chefin von IOM-Afghanistan berichtet, in diesem Jahr hätten Pakistan und der Iran insgesamt rund zwei Millionen Menschen nach Afghanistan zurückgeführt. Für das Gesamtjahr rechne man mit etwa drei Millionen Rückkehrern.
Dobrindt will regelmäßige Abschiebungen
Aus Deutschland wurden zuletzt nur männliche Straftäter nach Afghanistan abgeschoben – und auch das nur sporadisch. Seit der erneuten Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 wurden mithilfe von Katar zwei Sammelabschiebungen organisiert. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will dafür sorgen, dass Abschiebungen nach Afghanistan künftig häufiger stattfinden. Ob diese wie zuletzt wieder mit Unterstützung des Golfstaats Katar organisiert werden, lässt sein Ministerium offen.
Afghanistan ist derzeit das Hauptherkunftsland von Menschen, die in Deutschland Asyl beantragen. Weil Mädchen und Frauen in Afghanistan systematisch entrechtet werden, hätten diese eigentlich am meisten Grund, das Land zu verlassen. Fehlende Ressourcen und zusätzliche Gefahren für weibliche Flüchtlinge sorgen allerdings dafür, dass sich vor allem jüngere Männer auf den Weg machen, oft verbunden mit dem Auftrag, Geld nach Hause zu schicken.
In Deutschland entschied das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im ersten Halbjahr dieses Jahres über 23.114 Asylanträge afghanischer Männer und Jungen sowie über 5781 Anträge von Mädchen und Frauen aus Afghanistan. Den Antragstellerinnen wurde nach Angaben der Bundesregierung deutlich häufiger eine Asylberechtigung beziehungsweise Flüchtlingsschutz zuerkannt als männlichen Afghanen.
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