Spätes Bekenntnis von Kamala Harris: Die frühere US-Vizepräsidentin hat die gescheiterte Präsidentschaftskandidatur von Joe Biden als „Leichtsinn“ bezeichnet. Die US-Zeitschrift „The Atlantic“ veröffentlichte am Mittwoch erste Auszüge aus Harris' Memoiren.

Darin bedauert sie, dass „ihre“ Demokratische Partei Joseph „Joe“ Biden und seiner Frau Jill die Entscheidung überließ, ob sich der von Altersschwäche geplagte Präsident aus dem Rennen gegen Donald Trump verabschieden sollte oder nicht. In dem Auszug aus ihren Memoiren („107 Days“) schreibt Harris, dass sie und andere die Entscheidung ihm und First Lady Jill Biden überließen, als die Frage aufkam, ob der damals 81-jährige Biden erneut kandidieren sollte.

„War es Gnade oder Leichtsinn? Rückblickend denke ich, es war Leichtsinn“, sagte Harris.

Damit kritisiert Harris erstmals öffentlich Bidens Entscheidung, erneut zu kandidieren. Die Entscheidung führte dazu, dass der heute 82-Jährige im Juli 2024 nach einer desaströsen Debattenleistung seine Kandidatur zurückzog. Harris führte daraufhin im Hauruck-Verfahren die demokratische Liste an und verlor schließlich gegen den Republikaner Donald Trump.

„Aber mit 81 Jahren wurde Joe müde“, schreibt Harris

Die heute 60-Jährige zeichnet das Bild einer realitätsfremd gewordenen Partei, das sich mit den Beobachtungen zahlreicher zuletzt erschienenen Enthüllungsbüchern deckt. In Bidens Umfeld hätten im Wahlkampf 2024 alle wie unter Hypnose mantrahaft wiederholt, es sei „Joes und Jills Entscheidung“, schreibt Harris. Ihre Kritik: „Die Einsätze waren einfach zu hoch. Das war keine Entscheidung, die dem Ego oder dem Ehrgeiz eines Einzelnen überlassen werden sollte.“ Der damals 81-jährige Biden sei „müde“ gewesen und habe zu „körperlichen und verbalen Ausrutschern“ geneigt. Gleichzeitig bestritt Harris‘ erneut Aussagen von Donald Trump, laut denen Bidens wahrer Zustand vertuscht worden.

„An seinem schlimmsten Tag war er kenntnisreicher, urteilsfähiger und weitaus mitfühlender als Donald Trump an seinen besten Tagen. Aber mit 81 Jahren wurde Joe müde. Da zeigte sich sein Alter in körperlichen und verbalen Aussetzern“, schreibt Harris. „Ich glaube nicht, dass es eine Überraschung ist, dass sich das Debattendebakel direkt nach zwei aufeinanderfolgenden Europareisen und einem Flug an die Westküste zu einer Spendenveranstaltung in Hollywood ereignete. Ich glaube nicht, dass es an Amtsunfähigkeit lag.“

Sie fügt hinzu, wenn sie Biden für handlungsunfähig gehalten hätte, hätte sie dies aus Loyalität gegenüber dem Land gesagt.

Keine Unterstützung aus dem Weißen Haus?

Harris beschuldigte außerdem Mitarbeiter des Weißen Hauses, sie nicht unterstützt zu haben, als Biden nach einem katastrophal verlaufenen Fernsehduell gegen Trump im Juli 2024 schließlich zugunsten seiner Vizepräsidentin auf die Präsidentschaftskandidatur verzichtete. Als es „unfaire oder unzutreffende“ Berichte über sie gegeben habe, „schien der innerste Kreis des Präsidenten damit zufrieden zu sein“, kritisiert Harris. „Tatsächlich schien es, als hätten sie entschieden, dass ich noch ein bisschen mehr zu Fall gebracht werden sollte.“

Harris schreibt weiter, sie habe oft erfahren, dass Bidens Mitarbeiter „negative Narrative“ um sie herum befeuerten, etwa Geschichten über ihr Vizepräsidentenbüro, in dem es Chaos und eine hohe Fluktuation gebe.

Die ehemalige Vizepräsidentin wirft Bidens Mitarbeitern zudem vor, Angst davor zu haben, dass sie ihm die Schau stiehlt. Sie beschreibt eine Rede, die sie im März letzten Jahres in Selma, Alabama, gehalten hatte, in der sie einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza und mehr humanitäre Hilfe für die Menschen dort forderte.

„Sie wurde viral verbreitet, und der Westflügel des Staates war unzufrieden“, sagt Harris. „Ich wurde dafür gerügt, dass ich die Rede offenbar zu gut vorgetragen hatte.“

Sie deutet an, dass ihre Herabsetzung auch Biden herabgesetzt habe, insbesondere „angesichts der Bedenken hinsichtlich seines Alters“.

Harris‘ Erfolg, schreibt sie, wäre ein Zeichen für Bidens gutes Urteilsvermögen und eine Bestätigung für die Öffentlichkeit, dass sie eingreifen könnte, falls dem Präsidenten etwas zustoßen sollte. „Mein Erfolg war wichtig für ihn“, schreibt sie. „Sein Team hat ihn nicht verstanden.“

Überdies habe sie im Wahlkampf die „Schuld“ für Bidens Grenzpolitik auf sich genommen, was Trump weidlich ausgeschlachtet habe, schreibt Harris. Eine weitere Fußnote der Geschichten: Harris‘ gut dreimonatige Kampagne war die kürzeste in der jüngeren US-Geschichte. Darauf spielt auch der Titel ihrer Memoiren an: „107 Days“ (107 Tage). Das Buch erscheint am 23. September.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke