Nach dem Ausschuss der Einigkeit folgt die Arbeit und Reformen. SPD-Fraktionschef Miersch gibt sich optimistisch - und verteidigt das Vorgehen der Koalition.
Nach vielen Streitereien der vergangenen Monate um Verfassungsrichter oder um die Kosten des Sozialsystems wollen sich Union und SPD wieder annähern. Auch nach der Pressekonferenz zum Koalitionsgipfel wurde im Kanzleramt weiter verhandelt. Mit dabei war der SPD-Fraktionsvorsitzende. "Das Thema Wirtschaft spielte eine sehr zentrale Rolle. Auch vor dem Hintergrund der Arbeitslosenzahlen", so Matthias Miersch in der ntv-Sendung Frühstart. "Wir haben eben auch über die großen Dinge geredet."
Für Miersch sind das unter anderem eine Sozialreform und die Bundeshaushalte der kommenden Jahre. Die Stimmung sei "weiterhin sehr gut". Man habe fortgesetzt, was die Regierungsfraktionen in Würzburg begonnen hätten. "Es ist eine sehr sachliche, aber eben auch eine harmonische Atmosphäre gewesen. Es ist die Grundbedingung dafür, jetzt die großen Fragen anzugehen."
Angesichts von viel internem Streit in den ersten 100 Tagen räumten die vier Parteichefs von CDU, CSU und SPD am Donnerstagabend im Kanzleramt "Fehler" ein. Nun will die Koalition nach Söders Worten "nach der Sommerdepression" eine "neue Herbst-Kraft" finden. Eine Liste mit mehreren Vorhaben, wie sie von manchen in der Koalition erwartet worden war, legten die Spitzen am Abend indes nicht vor.
Konflikt um Sozialstaat vorerst abgeräumt
Dass man nur einen vagen Fahrplan beschlossen habe und wenig Konkretes, um neuen Streit zu vermeiden, verneinte Miersch: "Wir haben teilweise in der Vergangenheit erlebt, dass die Nacht verhandelt wurde und müde Gesichter vor die Presse treten und irgendeinen Durchbruch verkünden. Aber dann geht die Gesetzesarbeit eigentlich erst los." Am Mittwochabend habe man eine andere Form des Koalitionsausschusses erlebt. "Aus meiner Sicht ist es viel sinnvoller, dass man erst mal wirklich sondiert, guckt, wo die Gemeinsamkeiten sind und was man angehen will." Miersch habe das Gefühl, dass man jetzt mit den konkreten Gesetzesvorhaben beginnen könne. "Wir werden im Herbst sehr viel sowohl im Kabinett als auch im Deutschen Bundestag entscheiden. Da bin ich mir sehr sicher."
Kanzler Friedrich Merz und SPD-Chefin Bärbel Bas hatten sich in den vergangenen Tagen mit Auftritten und Interviews einen Schlagabtausch zu den Sozialkosten geliefert. Nun betonten beide gemeinsame Ziele. Merz setzt auf eine von Bas als Sozialministerin vorbereitete Reform des Bürgergelds, für die allerdings noch weitere Beratungen der vier schwarz-roten Parteichefs vorgesehen seien.
Auch trotz der 30-Milliarden-Lücke im Haushalt für 2027 könne sich Deutschland laut dem SPD-Fraktionsvorsitzenden den Sozialstaat noch leisten. "Diese Frage des Ausspielens stellt sich überhaupt nicht", so Miersch. Der SPD-Politiker: "Friedrich Merz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir den Sozialstaat reformieren müssen. Wir müssen die Systeme zukunftsfest machen." Das heiße auch Reformen.
Wer füllt die 30-Milliarden-Lücke?
Die Kritik, dass man durch die eingerichteten Kommissionen die Problemlösung auf die lange Bank schiebe, teilt Miersch nicht. "Ich halte es nach wie vor für richtig, dass wir die Fachleute vorher damit betrauen und es auch Vorschläge an die Politik gibt. Es gibt jetzt nicht ein prioritäres Projekt. Wir müssen die gesamten sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest machen."
Miersch betonte: "Wir wollen, dass der Missbrauch, den es ohne Zweifel gibt, bekämpft wird. Damit wir die finanziellen Mittel für die haben, die tatsächlich darauf angewiesen sind." Wie viele diesen Missbrauch betreiben, da könne er sich "zahlenmäßig nicht festlegen". Aber: "Dass wir Missbrauch haben, steht fest. Und insofern ist das eine Aufgabe, die Bärbel Bas mit den entsprechenden Kommissionen angeht. Und ich bin mir sehr sicher, dass wir da auch konstruktiv mit der CDU/CSU gute Ergebnisse kriegen."
Mit Blick auf die Merz-Aussage, man könne sich den Sozialstaat in seiner jetzigen Form nicht mehr leisten, entgegnete der SPD-Mann: "Der Haushalt hat eben ein 30-Milliarden-Defizit. Das werde ich auch nicht einfach durch die sozialen Sicherungssysteme wettmachen können." Es sei nicht nur Aufgabe des Finanzministers, sondern der gesamten Regierung, sich konstruktiv dieser Lücke zu nähern. "Es geht natürlich um die Ausgabenseite. Aber es geht auch um die Einnahmeseite, über die wir diskutieren müssen."
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