In Pakistan leben lange Zeit Hunderte Afghanen, bevor sie nach Deutschland einreisen dürfen. Mitte August schiebt das Land jedoch über 200 von ihnen ab. Jetzt fürchten sie, dass die Taliban Rache nehmen. Deutschland solle ihr Leben schnell retten, heißt es in einem Brief an die Regierung.
210 Afghaninnen und Afghanen, die mit ihren Familien von Pakistan in ihr von den Taliban beherrschtes Heimatland deportiert wurden, haben sich am Montagabend mit einem Brandbrief an Bundeskanzler Friedrich Merz, Außenminister Johann Wadephul und Innenminister Alexander Dobrindt gewandt. "Dieser Brief ist ein verzweifelter Appell um dringende Intervention, um unser Leben zu retten und unsere Sicherheit zu gewährleisten", heißt es in dem Brief, der dem "Spiegel" vorliegt.
Die Betroffenen, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollen, schreiben, sie seien am 15. August 2025 "unter Missachtung aller humanitären und ethischen Standards" von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben worden. Dabei seien sie Opfer schwerer Misshandlungen durch die pakistanische Polizei geworden. Sie schildern in ihrem Schreiben "psychischen Druck, Demütigungen, Schikanen und Missbrauch".
Nun melden sich die Afghaninnen und Afghanen laut eigenen Angaben aus einem "sicheren Haus" in der afghanischen Hauptstadt Kabul, das die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und andere Partner organisiert haben. "Unser Leben ist jeden Augenblick bedroht", heißt es in dem Brief. "Die ständige Gefahr, dass die Taliban eindringen, die Angst vor Rache, willkürlicher Inhaftierung, Entführung, Folter oder Tod hat zu einem unerträglichen psychologischen Trauma geführt. Wir können nicht schlafen, und der Stress der Ungewissheit und der möglichen Zerstörung unserer Familien zerstört uns."
Unsicherheit statt Umzug
In dem Dokument weisen die Betroffenen darauf hin, dass alle in der Gruppe "offiziell von der deutschen Regierung anerkannt" und in Abstimmung mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in die pakistanische Hauptstadt Islamabad gebracht worden seien. Man habe erwartet, dass innerhalb von sechs Monaten die Visaerteilung und der Umzug nach Deutschland abgeschlossen sein würden, so die Absender. Stattdessen hätten sie teilweise Jahre in Pakistan in Unsicherheit gelebt.
Die Gruppe fordert unter anderem ihre Rückführung nach Pakistan und anschließende Umsiedlung nach Deutschland sowie sofortige Verhandlungen mit den pakistanischen Behörden, um weitere Verhaftungen und Abschiebungen anderer anerkannter Antragsteller nach Afghanistan zu verhindern.
"Jede Stunde Verzögerung kann uns das Leben kosten. Wir haben an Ihre Versprechen geglaubt. Bitte lassen Sie dieses Vertrauen uns - und unseren Kindern - nicht das Leben kosten. Unser Leben liegt jetzt in Ihren Händen", schließen die Hilfesuchenden ihren Brief.
Dobrindt verteidigt Vorgehen
Grünen-Chef Felix Banaszak kritisiert im "Spiegel", dass das Vorgehen der Bundesregierung dem Land schade. "Diese Bundesregierung schadet damit dem Ansehen Deutschlands in der Welt als verlässlicher Partner, gerade in Fragen von Friedenssicherung und humanitärer Hilfe", sagt er. Auch Dutzende Hilfsorganisationen haben das Vorgehen Alexander Dobrindts zuvor angeprangert. "Handeln Sie jetzt, bevor es für viele Betroffene zu spät ist", hieß es in einem offenen Brief.
Bundesinnenminister Dobrindt wies Kritik zuletzt deutlich zurück. "Ich mache es ordentlich und deswegen wird es auch dauern", sagte der CSU-Politiker beim Tag der offenen Tür im Berliner Regierungsviertel. Was über Monate und Jahre nicht geschehen sei, könne er jetzt nicht innerhalb von Wochen stemmen. "Ich werde es nur so abarbeiten, dass wir auch maximale Sicherheit haben darüber, dass wir wissen, wer da kommt, warum er kommt und ob die Aufnahme berechtigt ist. Und wenn sie nicht berechtigt ist, dann werde ich diese Aufnahme auch nicht befürworten." Gestern durften schließlich 47 schutzbedürftige Afghanen einreisen. Sie kamen aus Pakistan.
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