Eine 30 Jahre lange Diskussion findet nun endlich ein Ende: Das Kabinett beschließt die Einrichtung des Nationalen Sicherheitsrats. Der Bund bündelt darin alle relevanten Minister und weitere Stellen der Sicherheitspolitik.
Die Bundesregierung hat einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR) eingerichtet, der die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands besser koordinieren soll. Das Bundeskabinett billigte eine entsprechende Geschäftsordnung, die ab dem morgigen Donnerstag gilt. Der Nationale Sicherheitsrat ersetzt unter anderem bisherige Gremien wie etwa den Bundessicherheitsrat und das Sicherheitskabinett und erhält eine eigene Stabsstelle im Kanzleramt.
"Dieses Gremium wird eine zentrale Plattform der Bundesregierung für übergreifende Fragen nationaler Sicherheit sein", sagte Merz nach der Kabinettssitzung in Berlin. Der Rat befasse sich mit Fragen "an der Schnittstelle zwischen innerer, äußerer, wirtschaftlicher und digitaler Sicherheit". Die Koalitionsparteien begründeten die Einrichtung des neuen Gremiums damit, dass die sicherheitspolitischen Herausforderungen komplexer geworden seien - Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine habe die Bedrohungslage Deutschlands und Europas nachhaltig verändert.
Der Nationale Sicherheitsrat werde "ein wichtiger Baustein für unseren Ansatz einer Sicherheitspolitik aus einem Guss sein", sagte Kanzler Merz. Das Thema Sicherheit sei "nicht einem einzigen Ressort allein zuzuordnen, es betrifft uns alle". Laut Geschäftsordnung leitet der Kanzler den Rat, Stellvertreter ist der Vizekanzler.
Dem Gremium gehören zudem Minister und Ministerinnen der Außen-, Finanz-, Innen-, Justiz-, Wirtschafts-, Verteidigungs-, Entwicklungs- und Digitalressorts sowie der Chef des Kanzleramts an. Zudem sollen je nach Thema auch Vertreter der Bundesländer, verbündeter Staaten oder Wissenschaftler hinzugezogen werden. Die Geschäftsordnung des bisherigen Bundessicherheitsrates soll Ende 2025 auslaufen.
Der NSR soll zum einen die Erfassung des sicherheitspolitischen Lagebildes in Deutschland verbessern. Zum anderen soll es die strategische Vorausschau und Planung stärken. Ziel ist es, neben aktuellen Ereignissen auch mittel- und langfristige Bedrohungslagen zu erkennen, Handlungsoptionen zu entwickeln und entsprechende Vorbereitungen zu treffen.
Lange Diskussionen um Sicherheitsrat
Um eine kontinuierliche Arbeit zu ermöglichen, erhält der Nationale Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt eine eigene Stabsstelle. Dazu gehören neben einer Geschäftsstelle auch Referate für ein Integriertes Lagebild und eine Strategische Vorausschau. Die Zuständigkeiten der einzelnen Ressorts sollen davon jedoch unberührt bleiben.
Die Einrichtung eines Sicherheitsrats wurde in Deutschland seit vielen Jahren diskutiert. Schon die Ampel-Regierung hatte die Schaffung eines solchen Gremiums erwogen. Sie ließ das Vorhaben dann aber fallen wegen Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem damals von der SPD geführten Bundeskanzleramt und dem von den Grünen geführten Auswärtigen Amt - beide hatten die Zuständigkeit für den Sicherheitsrat jeweils für sich reklamiert.
In der aktuellen Bundesregierung gab es solche Rivalitäten nicht, Kanzleramt und Auswärtiges Amt werden beide von der CDU geführt. Über einen Sicherheitsrat wurde "in Deutschland seit 30 Jahren diskutiert - diese Koalition hat es in vier Monaten beschlossen", sagte Kanzler Merz.
Cyberangriffe verursachen beträchtlichen Schaden
In der Wissenschaft und der Wirtschaft stieß das Gesetz auf Zustimmung. "Deutschland braucht ein neues Verständnis von Sicherheitspolitik, das über klassische militärische und außenpolitische Betrachtungsweisen hinausreicht", sagte Bitkom-Chef Ralf Wintergerst. Cyberangriffe, digitale Sabotage und Desinformation bedrohen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. "Allein der deutschen Wirtschaft entstehen jährlich Schäden in Höhe von 178,6 Milliarden Euro durch Cyberangriffe." Die Antwort auf hybride Kriegsführung muss "hybride Sicherheit" sein.
Zustimmung kam auch vom BDI. "Ein einheitliches, belastbares, aktuelles Lagebild sollte alle Bedrohungen der äußeren und inneren Sicherheit umfassen - auch die der Wirtschaft. Nur auf einer solchen Grundlage lassen sich strategische Entscheidungen über unsere gesamtstaatliche Sicherheit treffen", sagte Wolfgang Niedermark aus der Hauptgeschäftsführung des Industrieverbandes. "Die Bundesregierung muss jetzt höchste Priorität auf die Umsetzung konkreter Maßnahmen legen, die die Resilienz des Standorts stärken - statt die Nationale Sicherheitsstrategie und die Nationale Cyber-Sicherheitsstrategie weiter auszubauen."
Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Stefan Mair, bezeichnete die Einrichtung des Sicherheitsrates als ersten Schritt. "Ich plädiere dafür, mittelfristig auch die Position eines Nationalen Sicherheitsberaters zu schaffen, auf Ebene eines Staatsministers oder Staatssekretärs", sagte er. Vorbild könnte der Staatsminister Jörg Kukies sein, der im Kanzleramt in der letzten Legislaturperiode Staatsminister für Finanzen und Wirtschaft war.
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