158 Jahre nach dem Verkauf an die USA kommt erstmals ein russischer Staatschef nach Alaska. Grund für den Amerika-Besuch von Wladimir Putin ist sein Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump. Die "nutzlose Gefriertruhe" ist ein Ort, dessen Symbolik Putin gefallen dürfte.
"Wissen Sie, ich werde Putin sehen. Ich reise am Freitag nach Russland", sagt Donald Trump Anfang der Woche bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. "Das wird eine große Sache, wir reisen nach Russland." Der US-Präsident hat sich am Montag gleich zweimal innerhalb weniger Sekunden versprochen und versehentlich behauptet, dass Alaska zu Russland gehört - was gar nicht komplett falsch ist: Die Vereinigten Staaten haben das riesige Gebiet nordwestlich von Kanada erst 1867 erworben. Von Russland. 1959 wurde Alaska schließlich der 49. Bundesstaat der USA.
So sehr im Fokus wie derzeit war das "Land der Mitternachtssonne" aber noch nie in seiner Geschichte. Am Freitag empfängt Trump dort den Kremlchef. Der US-Präsident und Wladimir Putin wollen über den Krieg in der Ukraine sprechen. Aber warum ausgerechnet in Alaska?
Alaska ist der mit Abstand größte US-Bundesstaat und derjenige, der besonders nah an Russland liegt. Einzig die Beringsee trennt den äußersten Nordwesten der USA vom östlichsten Punkt Russlands. An der engsten Stelle ist die Meerenge zwischen den beiden Großmächten gerade einmal vier Kilometer Meer breit. Die Diomedes-Inselgruppe ist zwischen Russland und den USA geteilt. Die unbewohnte Ratmanow-Insel gehört zu Putins Reich, die Kleine Diomedes-Insel mit ein paar Dutzend Einwohnern ist Teil der Vereinigten Staaten.
Nah beieinander, aber 21 Stunden getrennt
Im Oktober 2022 setzten zwei indigene Russen aus einem Küstenort auf der Tschuktschen-Halbinsel mit einem kleinen Motorboot durch die Beringsee über nach Gambell, um in dem winzigen Ort mit nur 600 Einwohnern politisches Asyl zu beantragen: Sie wollten nicht wie andere russische Minderheiten gezwungen werden, in der Ukraine zu kämpfen.
In der Meerenge verläuft zudem nicht nur die Grenze zwischen Russland und den USA, sondern auch die internationale Datumslinie. Die russischen und die amerikanischen Inseln befinden sich in unterschiedlichen Zeitzonen. Die russischen Ortschaften sind den amerikanischen 21 Stunden voraus.
Siedler-Wirtschaft bricht zusammen
"Ich könnte mir vorstellen, dass man Alaska gewählt hat, weil es eigentlich ein Symbol russisch-amerikanischer Zusammenarbeit ist", sagt Sicherheitsexperte Joachim Weber im ntv-Interview und verweist auf den Kauf des Gebiets durch die Amerikaner. Im 18. Jahrhundert hatten russische Siedler das eisige Gebiet in Beschlag genommen. Zunächst ließen sie sich auf der Insel Kodiak nieder, um Robben und Seeotter zu jagen und ihr Fell zu verkaufen. Zar Paul I. gründete 1799 die Russisch-Amerikanische Kompanie, die den Handel mit dem wertvollen Pelz der Tiere ohne Rücksicht auf die Ureinwohner Alaskas organisierte.
Im Verlauf des 18. Jahrhunderts erhoben auch Spanien und Großbritannien Ansprüche auf Alaska, aber auf Dauer konnte sich nur Russland in der unwirtlichen Region behaupten. Die übermäßige Jagd ließ die Bestände von Robben und Ottern jedoch schrumpfen. In der Folge brach die Wirtschaft der russischen Siedler zusammen, die Kolonie wurde unrentabel. Vor allem, weil Alaska so schwierig zu verwalten war. Die Fahrt mit dem Schiff vom Hafen in Sankt Petersburg bis zur Kolonie Russisch-Amerika dauerte damals über ein halbes Jahr. Die Transportkosten fraßen die Gewinne der Pelzindustrie auf.
Verkauf für Freundschaftspreis
1867 verkauft Moskau das Gebiet schließlich für 7,2 Millionen Dollar an Washington. Nach heutiger Kaufkraft wären das ungefähr 160 Millionen Dollar, ein Freundschaftspreis. Dennoch verspotten einige Amerikaner den Kauf: Alaska sei eine "nutzlose Gefriertruhe", nicht mehr als ein "Eisbärengehege". Mit der Zeit verstummen die Kritiker jedoch. Es stellt sich heraus, dass Alaska reich an Ressourcen ist. Gold und Öl gibt es zuhauf, außerdem entstand eine große Fischfang-Industrie. 1959 wird Alaska 49. Bundesstaat der USA.
Bei einigen Russen sitzt der Stachel bis heute tief, Alaska an die Vereinigten Staaten für einen Spottpreis verkauft zu haben. Manche Kreml-Propagandisten fordern die Rückgabe an Russland. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Alaska sogar in der russischen Popkultur präsent, erinnert die Lokalzeitung "Anchorage Daily News" im Vorfeld des Gipfeltreffens am Freitag. "Spiel nicht den Narren, Amerika. Gib' uns unser geliebtes Alaska zurück", sang die bei russischen Soldaten noch immer beliebte Rockband Ljube in den 1990er Jahren.
Heutzutage gibt es noch einige wenige Spuren russisches Lebens in Alaska. Mehr als 35 orthodoxe Kirchen, manche mit den typischen Kuppeln, erinnern an die Präsenz der Russen. Die orthodoxe Diözese des Bundesstaates ist die älteste in Nordamerika und unterhält ein Seminar auf Kodiak.
Ein vom Russischen abgeleiteter Dialekt, der sich mit den Sprachen der Ureinwohner vermischte, hielt sich über Jahrzehnte hauptsächlich in der Nähe von Anchorage, der einzigen Großstadt Alaskas. Heute spricht den Dialekt kaum jemand mehr, aber in der Nähe der riesigen Gletscher der Halbinsel Kenai wird immer noch Russisch unterrichtet: in einer kleinen Landschule einer orthodoxen Gemeinde mit rund 100 Schülern.
"Schreckliche Symbolik"
Wenn es einen Ort in den USA gibt, mit einer besonderen Russland-Verbindung, dann ist es zweifellos Alaska. "Man reicht sich symbolisch die Hand, von der einen Großmacht zur anderen. Da ist der Ort dann sozusagen Programm", ist Experte Weber deshalb wenig überrascht von der Auswahl des Treffpunkts.
Doch diese Symbolik sei "schrecklich", findet Sam Greene. "Als wollte man demonstrieren, dass Grenzen verschoben und Land gekauft und verkauft werden kann", schreibt der Professor für russische Politik am Londoner Kings College auf X.
Über die Köpfe der Ukrainer und Europäer hinweg will Trump aber offenbar keine Entscheidungen treffen. "Ich werde keinen Deal machen", sagte der US-Präsident am Montag. Das Treffen mit Putin sei bloß ein "Sondierungstreffen". Es sei nicht seine Aufgabe, ein Abkommen zu schließen. "Ich glaube, dass es gut wird. Aber es könnte auch schlecht verlaufen", so Trump.
Die Aussagen des US-Präsidenten klingen nicht so, als stehe der entscheidende Durchbruch kurz bevor. Vielmehr deutet einiges darauf hin, als sei dieses Treffen nur der Auftakt für eine Reihe von Gesprächen. Beim nächsten Treffen soll dann auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Tisch sitzen, sagte Trump. Wann auch immer, wo auch immer.
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