Mit einer weiteren Militäroffensive will Israel die verbliebenen Hamas-Stellungen ausschalten. Zivilisten sollen zuvor die Kampfgebiete verlassen. Laut Netanjahu besteht sogar die Möglichkeit, dass die Palästinenser den Gazastreifen verlassen.
Angesichts der bevorstehenden Ausweitung des israelischen Armee-Einsatzes im Gazastreifen hat sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu für eine mögliche Ausreise von Palästinensern aus dem Küstengebiet ausgesprochen. "Wir vertreiben sie nicht, sondern wir erlauben ihnen, das Gebiet zu verlassen", sagte Netanjahu in einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender i24. "Geben ihnen die Möglichkeit, zunächst einmal die Kampfgebiete zu verlassen und generell das Gebiet zu verlassen, wenn sie das wollen", fügte er an.
Netanjahu verwies dabei unter anderem auf die Flüchtlingsströme während der Kriege in Syrien, in der Ukraine und in Afghanistan. Weiter sagte er: "Wir werden dies zunächst innerhalb des Gazastreifens während der Kämpfe zulassen, und wir werden ihnen sicherlich auch erlauben, den Gazastreifen zu verlassen."
Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Freitag eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die islamistische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen beschlossen. Netanjahu zufolge werden derzeit "70 bis 75 Prozent" des Gazastreifens von der israelischen Armee kontrolliert. Der Hamas seien zwei wichtige Stellungen geblieben, die Stadt Gaza und die in Al-Mawasi im Zentrum des Gazastreifens liegenden Vertriebenenlager. "Das israelische Sicherheitskabinett hat die Armee angewiesen, diese zwei verbleibenden Hamas-Hochburgen (...) zu zerschlagen", sagte Netanjahu. Zum "exakten Zeitplan" für den Einsatz wollte er sich nicht äußern. "Aber wir reden über einen ziemlich kurzen Zeitraum, weil wir den Krieg beenden wollen."
Die islamistische Hamas hatte mit ihrem brutalen Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Dabei wurden nach israelischen Angaben mehr als 1200 Menschen getötet, 251 Menschen wurden als Geiseln verschleppt. Fast zwei Jahre danach halten die Islamisten im Gazastreifen noch immer 49 Geiseln in ihrer Gewalt. Nur 22 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee noch am Leben.
Als Reaktion auf den Hamas-Überfall geht Israel seither massiv militärisch in dem Palästinensergebiet vor. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mehr als 61.400 Menschen getötet.
US-Präsident Donald Trump hatte im Februar vielerorts für Empörung mit seinem Vorschlag gesorgt, die Vereinigten Staaten könnten nach dem Krieg die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen, und die rund zwei Millionen im Gazastreifen lebenden Palästinenser könnten in Nachbarstaaten wie Ägypten und Jordanien umsiedeln. Zuvor hatten hochrangige israelische Regierungsvertreter die Möglichkeit geäußert, Zivilisten aus dem Gazastreifen "in Drittländer zu bringen".
Erinnerungen an Nakba
Der Gazastreifen grenzt im Norden und Südosten an Israel, im Südwesten an Ägypten. Israel hatte das Palästinensergebiet 2005 nach 38 Jahren Besatzung vollständig geräumt. 2007 übernahm die islamistische Palästinenserorganisation Hamas die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen und verdrängte gewaltsam die mit ihr rivalisierende säkulare Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Bei vielen Palästinensern weckt der Versuch, sie aus dem Gazastreifen "umsiedeln" zu wollen, Erinnerungen an die sogenannte Nakba. "Nakba" bedeutet auf Deutsch "Katastrophe". Viele Palästinenser verwenden den Begriff für die Staatsgründung Israels im Mai 1948 infolge des UN-Teilungsplans für das damalige britisch kontrollierte Mandatsgebiet Palästina.
Der am 29. November 1947 von der UN-Vollversammlung angenommene Plan sah zwei unabhängige Staaten vor. Die jüdischen Vertreter akzeptierten den Plan, die arabischen Länder lehnten ihn ab und begannen 1948 einen Krieg gegen Israel. Im Zuge des ersten arabisch-israelischen Krieges flohen mehr als 760.000 Palästinenser oder wurden vertrieben.
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