Am Freitag will US-Präsident Donald Trump in Alaska Russlands Machthaber Wladimir Putin treffen. Die Presse blickt mit Sorge auf die geplante Verhandlungsrunde - auch weil weder der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj noch europäische Vertreter eingeladen sind. Nur eine Zeitung stört das nicht.

Vor dem geplanten Treffen macht die "Neue Zürcher Zeitung" auf eine "symbolische Bedeutung" aufmerksam, die der Ort für die USA und für Russland habe: "1867 kauften die USA den Russen das unwirtliche, riesige Gebiet für 7,2 Millionen US-Dollar ab. Rückblickend betrachtet war das einer der besten 'Deals', die die Amerikaner je abgeschlossen haben, weil später bedeutende Ölvorkommen und weitere Bodenschätze in Alaska entdeckt wurden. (…) Aus europäischer Sicht weckt die Erinnerung an den Kaufvertrag von 1867 aber vor allem düstere Befürchtungen: dass hier erneut zwei Kolonialmächte über die Köpfe der einheimischen Bevölkerung hinweg Land aufteilen, das ihnen gar nicht gehört. Der Verkauf von Alaska wurde damals ohne Beteiligung der indigenen Einwohner des Gebiets durchgeführt. Die Politiker in Washington und der Zar in St. Petersburg gingen ganz selbstverständlich davon aus, dass sie über die riesigen Landstriche frei verfügen können. Die Sorge in der Ukraine, dass Trump und Putin 8000 Kilometer von Kiew entfernt bald einen ähnlichen Kolonialvertrag aushandeln, der vor allem ihre eigenen Interessen berücksichtigt, ist jedenfalls groß."

Die konservative Zeitung "Lidove noviny" aus Tschechien schreibt: "Es fallen Vergleiche mit dem Münchner Abkommen, denn es scheint, dass sich Trump und Putin eines Problems auf Kosten des Opfers entledigen wollen. Im Jahr 1938 war die Tschechoslowakei das Opfer, in diesem Jahr könnte es die Ukraine sein. Falls die politische Führung aus Kiew bei den Verhandlungen fehlt, wird der Grundsatz 'Nicht ohne uns über uns' wieder einmal gebrochen."

"Die Hysterie um das geplante Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska kennt keine Grenzen. Die Welt fürchtet einen Verrat, und diese Angst ist durchaus berechtigt. Im schlimmsten Fall könnte das bedeuten, dass sich die Führer der beiden Großmächte nicht nur über den Kopf des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, sondern auch über die Köpfe der europäischen Verbündeten der Ukraine hinweg verständigen. Und was noch wichtiger ist: (Eine Einigung) könnte die territorialen Verluste der Ukraine zugunsten Russlands legitimieren, entgegen der gängigen Regel der Unverletzlichkeit der Grenzen. Mit anderen Worten, Donald Trump würde der Ukraine mit einer unsicheren und wahrscheinlich nur kurzzeitigen Waffenruhe ein modernes Jalta bescheren. In Kiew müsste dies als Niederlage interpretiert werden, was Selenskyj in eine schwierige Lage bringen würde. Denn selbst eine bedingte Akzeptanz eines für die Ukraine ungünstigen Abkommens könnte zu Aufständen und brutalen Abrechnungen führen. Und wir in Warschau, Paris, Berlin oder London hätten das berechtigte Gefühl, dass unsere Position in der internationalen Politik auf die einer Drittliga-Mannschaft reduziert worden ist", kommentiert die polnische Tageszeitung "Rzeczpospolita".

Auch der Londoner "Guardian" kritisiert die Tatsache, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht zu dem Treffen eingeladen wurde: "Aus moralischer und praktischer Sicht bedeutet die Abwesenheit des ukrainischen Präsidenten am Freitag, dass jedweder 'Deal', den Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska vereinbaren, keine Legitimität hat. Kiew befürchtet jedoch verständlicherweise, dass es von Washington und Moskau unter Druck gesetzt wird, einseitig Gebiete im Osten des Landes abzutreten und weitere Zugeständnisse zu machen, um eine Kampfpause zu erreichen. Damit würde natürlich Putins illegale Invasion belohnt und eine Nation verraten werden, deren Schicksal mit der Sicherheit Europas insgesamt verbunden ist. Für Putin ist allein schon das Zustandekommen dieses Gipfels, von dem die europäischen Staats- und Regierungschefs ausgeschlossen sind, ein völlig unverdienter diplomatischer Erfolg. (...) Der ukrainische Präsident hat bereits deutlich gemacht, dass es keine territorialen Zugeständnisse an die russischen Okkupanten geben wird. Im Vorfeld des Gipfels in Alaska und auch danach muss Europa sicherstellen, dass seinen Worten durch eine einheitliche und entschlossene Forderung nach einem gerechten Frieden - im Gegensatz zu einem Frieden, den man der Ukraine gegen ihren Willen aufzwingen will - Nachdruck verliehen wird."

Das "Wall Street Journal" zeigt sich ebenfalls pessimistisch. Für einen echten Frieden müsse Trump den Druck auf den Kreml erhöhen: "Es ist schwer vorstellbar, wie ein realistischer Frieden ausgehandelt werden kann, ohne dass Selenskyj und seine Regierung am Verhandlungstisch sitzen. Trump sagte am Montag, Selenskyj werde zu seinem nächsten Treffen mit Putin eingeladen. (...) Die Realität ist jedoch, dass Putin nicht will, dass die Ukraine aus diesem Krieg als unabhängiges Land hervorgeht, das der Europäischen Union beitreten kann, wenn seine Bevölkerung dies wünscht. Er möchte, dass die Ukraine Teil eines großrussischen Blocks wird, ein zweites Belarus. Er könnte eine kurzfristige Waffenruhe akzeptieren, wenn er ausreichend günstige Bedingungen erhält. Einen echten Waffenstillstand wird er jedoch nur akzeptieren, wenn er glaubt, dass der Krieg seine politische Kontrolle in Russland zu gefährden beginnt. Der beste Weg, ein solches Ergebnis zu erreichen, besteht darin, den wirtschaftlichen Druck auf Moskau zu erhöhen und der Ukraine gleichzeitig die Mittel zur Selbstverteidigung zu geben", schreibt die Zeitung.

Die "Nürnberger Zeitung" warnt vor einem Ausschluss der Ukraine: "Die Ukraine aber war und ist kein Aggressor. Wenn sie nun trotzdem in Alaska nicht oder bestenfalls am Katzentisch teilnehmen darf, zeigt das überdeutlich, dass die Welt sich vorerst an eine Ordnung wird gewöhnen müssen, in der das Recht des Stärkeren gilt. Die Konsequenzen daraus sind unabsehbar. Die Hoffnung auf einen Frieden, der kein Diktatfrieden ist, kann Europa wohl begraben. Hier zeigt sich exemplarisch, dass der Rest der Welt weitgehend hilflos zuschauen muss, wie wenige Mächtige mit ihr umgehen. Es kommt eben doch auf militärische Stärke an."

US-Präsident Trump könnte nach dem Gespräch mit Putin mit leeren Händen dastehen, befürchtet die "Neue Zürcher Zeitung". "Putin sucht vor allem einen Zeitgewinn und die Chance, die Ukrainer als Friedenshindernis darzustellen. Es ist keineswegs so, dass er um dieses Treffen gebettelt hätte. Monatelang zierte er sich, auf Trumps Avancen für einen Gipfel einzugehen. Erst jetzt, konfrontiert mit dem amerikanischen Ultimatum, zog er diese Jokerkarte und konnte das Weiße Haus prompt besänftigen. Nichts deutet darauf hin, dass er von seinen Kriegszielen abrücken möchte. Trump wiederum verspricht sich wohl vor allem einen Prestigegewinn als Friedensvermittler. Aber nach seinem Gespräch mit Putin könnte er mit leeren Händen dastehen. Diese Situation sollten die Unterstützer der Ukraine in Europa und Amerika nutzen, um im Weißen Haus für eine realistischere Politik zu werben. Worin diese bestehen müsste, ist seit langem klar: Nur unter dem Druck von umfangreicheren Waffenlieferungen an die Ukraine und härteren Sanktionen wird Putin seinen Feldzug aufgeben. Westliches Appeasement dagegen wird ihn darin bestärken, dass er seinen Kriegskurs noch lange durchhalten kann."

Der regierungsnahe ungarische Tageszeitung "Magyar Nemzet" hingegen befürwortet, dass die EU und die Ukraine nicht mit am Verhandlungstisch sitzen: "Es mag viele auf der politischen Gegenseite geben, die sowohl Donald Trump als auch Wladimir Putin zutiefst ablehnen, doch heute müssen sie zugeben: Ein Treffen der beiden ist die einzige Chance, dass in unserem Nachbarland Ukraine nach dreieinhalb Jahren endlich Frieden erreicht wird. Oder, wenn schon kein Frieden, dann zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, etwa ein dauerhafter Waffenstillstand: dass die Parteien nicht aufeinander schießen. Die Welt - also deren besserer Teil - würde sich darüber freuen. (...) Der Schlüssel zum Frieden liegt wahrscheinlich in der territorialen Aufteilung und den Sicherheitsgarantien für Kiew und Moskau. Es ist kaum zu übersehen, dass die Europäische Union keinen Platz am Verhandlungstisch hat. Ihre Vertreter aus Berlin, Brüssel und Paris wiederholen wie die Kiebitze am Spieltisch immer wieder: Sie würden es nicht hinnehmen, dass Entscheidungen über ihre Köpfe oder die der Ukrainer hinweg getroffen werden. Die Teilung unseres Kontinents in Jalta 1945 steht ihnen vor Augen. Doch seitdem Trump den französischen Präsidenten Macron beiseitegeschoben hat, ist die Realität heute: Was sie (die EU) sagt, spielt keine Rolle, weil es nichts ändert."

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