Im Koalitionsvertrag einigen sich CDU, CSU und SPD darauf, das Deutschlandticket bis 2029 preisstabil zu halten. Erst ab 2029 sollen Nutzer mehr bezahlen. Jetzt gibt das Kabinett die Gelder für 2026 frei. Doch an den prognostizierten Mehrkosten beteiligt sich die Bundesregierung nicht.
Beim Deutschlandticket droht wegen einer Finanzlücke im kommenden Jahr erneut eine Preiserhöhung. Zwar brachte das Bundeskabinett eine Gesetzesänderung auf den Weg, damit sich der Bund auch 2026 mit 1,5 Milliarden Euro an der Finanzierung des Tickets beteiligt. Unklar bleibt aber, wie erwartete Mehrkosten von Bund und Ländern ausgeglichen werden sollen.
Die 1,5 Milliarden Euro Bundesmittel reichten nicht aus, um den Preis des Deutschlandtickets im Jahr 2026 stabil zu halten, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen. "Die quälenden Finanzierungsdebatten zum Deutschlandticket müssen beendet werden", sagte Krischer. Auch der Deutsche Städtetag warnte vor einer Hängepartie. Alexander Möller, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), sagte: "Bund und Länder müssen darauf achten, dass die Diskussionen um die auskömmliche Finanzierung nicht aus Versehen zum Ende des Deutschlandtickets führen."
Das Bundeskabinett beschloss einen Gesetzentwurf zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes. Bisher geben Bund und Länder einen Zuschuss von jeweils 1,5 Milliarden Euro für das Ticket, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen. Denn die meisten üblichen Pendler-Abos waren zuvor deutlich teurer. Festgeschrieben ist die Finanzierung im Regionalisierungsgesetz aber nur noch für 2025. Die Gesetzesänderung zielt darauf ab, dass der Bund das Ticket auch im kommenden Jahr mit 1,5 Milliarden Euro unterstützt, die Länder sollen ebenfalls insgesamt 1,5 Milliarden geben.
Ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder nannte den Gesetzentwurf einen wichtigen Baustein, um die im Koalitionsvertrag verankerte Fortsetzung des Deutschlandtickets über das Jahr 2025 hinaus zu erreichen. Das Ticket gibt es seit Mai 2023. Es wird nach Branchenangaben von rund 14 Millionen Menschen genutzt und ermöglicht bundesweit Fahrten im öffentlichen Regional- und Nahverkehr. Zu Jahresbeginn war der Preis um rund 18 Prozent von 49 Euro auf 58 Euro im Monat angehoben worden.
"Wochen und Monate des Bangens"
Knackpunkt bei Verhandlungen zwischen Bund und Ländern ist die Frage, wie erwartete Mehrkosten für die Verkehrsunternehmen ausgeglichen werden sollen - über die drei Milliarden Euro hinaus, die Bund und Länder bereitstellen. Branchenverbände wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sowie der Städtetag sprechen von einer absehbaren Finanzierungslücke.
Schon im vergangenen Jahr habe beim Ticket der Gesamtverlust bei rund 3,5 Milliarden Euro gelegen und damit deutlich über den 3 Milliarden, die Bund und Länder jährlich gemeinsam finanzieren, sagte Möller. "Das Ticket ist Stand jetzt auch ab 2026 unterfinanziert." Christian Schuchardt, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, sagte der Funke-Mediengruppe: "Wenn das Regionalisierungsgesetz vom Bund und damit die Finanzierung des Deutschlandtickets so bleiben, stehen uns wieder Wochen und Monate des Bangens ins Haus."
Sowohl der Bund als auch viele Länder verweisen auf eine angespannte Haushaltslage. Viele Länder fordern, der Bund solle die Mehrkosten alleine übernehmen, das lehnt dieser ab. Verhandelt wird auch darüber, ob es ab 2026 zu einem dauerhaften Preismechanismus kommt. Der könnte nach bestimmten Kriterien jährliche, moderate Preissteigerungen des Tickets für Nutzer vorsehen.
Die Linken warnen vor weiteren Preissteigerungen auf Nutzerseite. "Schon jetzt ist das Deutschlandticket für viele nicht mehr bezahlbar. Über eine Million Menschen haben ihr Ticket nach der letzten Erhöhung auf 58 Euro bereits gekündigt - schlicht, weil sie es sich nicht mehr leisten können", sagte Parteivorsitzende Ines Schwerdtner der "Rheinischen Post". Für den Bund halte sie das D-Ticket für "durchaus finanzierbar" - "wenn man das Dienstwagenprivileg für große Limousinen aufheben würde".
Verbände fürchten "alternativlose" Preiserhöhungen
Der niedersächsische Verkehrsminister Grant Hendrik Tonne von der SPD sagte, eine langfristige und verlässliche Finanzierung des Tickets sei zwingend erforderlich, um mögliche Hängepartien zum Jahresende zu vermeiden.
"Ein erster wichtiger Schritt wäre, das Ticket für noch mehr Kundinnen und Kunden attraktiv zu machen, durch zusätzliche Ticketeinnahmen würde die Finanzierungslücke automatisch kleiner", stimmte Parteifreundin Isabel Cademartori, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, in der "Rheinischen Post" zu. "Das ist aber nur möglich, wenn wir endlich die Dauerdebatten über die Finanzierung einstellen und eine dauerhafte Perspektive für das Ticket schaffen."
Sollten sich Bund und Länder nicht über eine auskömmliche Finanzierung einigen, droht eine erneute Preissteigerung. Diese sei dann "alternativlos", wenn die prognostizierten und tatsächlichen Einnahmen aus den Fahrgeldeinnahmen die Kosten nicht decken und Bund und Länder eine Erhöhung der Ausgleichsmittel in Höhe von insgesamt drei Milliarden Euro ausschließen, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen sowie des Bundesverbands Schienennahverkehr.
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter von der CSU, Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz, sagte mit Blick auf die geplanten Bundesmittel, Bundesfinanzminister Lars Klingbeil wolle offensichtlich nicht mehr Geld bereitstellen. Der SPD-Chef trage damit die Verantwortung, wenn der Preis für die Fahrgäste um mehrere Euro steigen müsse.
Branche hofft auf mehr Jobtickets
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist eigentlich zugesagt, dass der Preis erst einmal stabil bleibt. Ab 2029 soll der Anteil der Nutzerfinanzierung "schrittweise und sozialverträglich" erhöht werden. Nach Branchenangaben setzt sich die Finanzierung des Tickets bisher aus den Fahrgeldeinnahmen und den Ausgleichsleistungen des Bundes und der Länder jeweils hälftig zusammen.
Die Verkehrsbranche sieht viel Potenzial, vor allem beim Jobticket - dieses rabattierte Abo stagniere nach wie vor bei einem Anteil von rund 20 Prozent an allen verkauften Deutschlandtickets. Viele Unternehmen und Organisationen zögerten, weil es keine langfristige Finanzierungszusage des Bundes gebe. "Da liegt noch ein riesiges Potenzial", sagte Cademartori.
Arbeitgeber können ihren Beschäftigten das Ticket als Jobticket zur Verfügung stellen - wenn sie einen Zuschuss von mindestens 25 Prozent auf den Ausgabepreis leisten, können zusätzlich fünf Prozent Rabatt auf den Ausgabepreis gewährt werden. Das Deutschlandticket kostet dann maximal 40,60 Euro pro Monat. Möller sagte, der Rabatt für das Deutschlandticket Job müsse verlängert werden - wie auch ein Angebot für Auszubildende, analog zu Deutschlandtickets für Studierende.
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