Das an Russland gerichtete Ultimatum des US-Präsidenten endet am Freitag. Dann wird sich zeigen, wie ernst es Trump meint. Man kann nur wünschen, dass er sich nicht wieder von Putin einlullen lässt und knallharte Sanktionen verkündet. Denn Russland muss zur Einsicht gezwungen werden.
US-Präsident Donald Trump und der einstige russische Präsident Dmitri Medwedew sind gleichsam dafür bekannt, eine kurze Lunte zu haben und verbal aus allen Rohren zu ballern. Beide bekriegen sich auf sozialen Netzwerken mit einer für Staatsmänner unwürdigen Rhetorik. Der große Unterschied zwischen ihnen ist: Medwedew tut es, um nicht aus der Belle Etage der russischen Politik zu fliegen, während in den USA Trump die Entscheidung obliegt, zu bestimmen, wer oben mitmischen darf. Medwedew ist ein kleines Licht, frustriert, weil er einst Putins Marionettenpräsident war und nun gerade noch stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist, der nichts zu sagen hat. Trump wiederum ist schon kraft seines Amtes das Gegenteil eines kleinen Lichts: Er ist eine Fackel.
Medwedew tut das, was sein Herr und Gebieter im Kreml von ihm verlangt: Er verbreitet Woche für Woche Angst, am liebsten durch das Heraufbeschwören eines Atom- oder konventionellen Dritten Weltkriegs. Wahlweise droht der irrlichternde Russe, Paris, London oder Berlin mit einer Atombombe zu vernichten. Wenn westliche Regierungschefs "den Neonazis in Kiew militärische Hilfe bieten wollen, bedeutet das Krieg mit der Nato", behauptet Medwedew. Alle, die Russlands imperiale Kriegsstrategie geißeln, beleidigt er. Der russische Politiker bezeichnet sie als "freche Schweine", "dumme Drecksäcke" oder "Hurensöhne". Medwedew, ein Politiker im Land der dreisten Lügen und Geschichtsfälschungen, ist sich nicht mal zu schade zu behaupten, Friedrich Merz rede "wie Goebbels".
Die Opfer seiner Hasstiraden reagieren in der Regel nicht. Wie will man Propaganda-Ergüssen der untersten Schublade auch ernsthaft begegnen? Doch nun machte Medwedew den Fehler, Donald Trump anzumachen oder besser: herauszufordern. Der US-Präsident ist ein ganz anderer Charakter als etwa die deutschen Kanzler Merz oder dessen Vorgänger Olaf Scholz. Trump schluckt die Angriffe gegen seine Person nicht einfach herunter, das ist ihm schon aus Gründen seines übergroßen Egos unmöglich. Einer wie Trump lässt sich weder "Opa" noch "selbstherrlicher Präsident" nennen und auch keine "nervöse Reaktion" bescheinigen. So ging die Wortschlacht hin und her, bis der politisch und militärisch mächtigste Mann der Welt zwei Atom-U-Boote seiner Streitkräfte "näher an Russland" fahren ließ.
Putin ist weitaus gerissener als Trump
Was immer der Befehl konkret bedeutet: Neu ist, dass Trump die ewige Eskalation Medwedews, der nichts ohne Putins Segen tut, zum ersten Mal ernst nahm und mit gleicher Münze heimzahlte. Das kann man nur begrüßen, schon weil es im Sinne der Ukraine ist. Zwar ist der US-Präsident nicht plötzlich zum entschlossenen Verteidiger des bedrohten Landes geworden. Aber seine jüngsten Reaktionen zeigen, dass Trump beweglich ist und im Wahlkampf versprochene Positionen bei Bedarf ändert, wie er schon mit seinem Schlag gegen den Iran bewiesen hat. Ihm dämmert langsam, was die ganze Welt längst weiß: Putin will keinen Frieden, sondern die Ukraine als Staat zerstören und heim in sein russisches Reich holen.
"Binnen 24 Stunden beende ich den Krieg in der Ukraine", hatte Trump verkündet. Dieser Satz war und ist der Beweis, dass die Nummer eins in Washington keine Ahnung hat, wie der über Leichen gehenden Diktator im Kreml tickt. Putin war geschickt darin, seinem Pendant in den USA das Gefühl zu geben, sein Kumpel und mit ihm auf Augenhöhe zu sein, was zu keiner Zeit der Fall war. Putin ist von ganz anderem Schlage, weitaus gerissener als Trump, was etwas heißen will. Der Amerikaner ist gegen Krieg, der Russe führt ihn seit drei Jahren. Trump möchte Bewunderung und den Friedensnobelpreis, Putin sind sein internationales Ansehen und der Weltfrieden total egal.
"Russland und die Ukraine werden sofort Verhandlungen über einen Waffenstillstand und, was noch wichtiger ist, über ein Ende des Krieges aufnehmen", erklärte Trump vor mehreren Wochen. Auch da war für jeden, der sich mit der Materie einigermaßen auskennt, klar, dass die folgenden Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Beamten nichts weiter als ein Potemkinsches Dorf sein würden - und so war es dann auch. Sie brachten rein gar nichts. Dabei hatte Trump schon damals gerafft, dass Putin "das ganze Ding", also das gesamte Nachbarland, einnehmen will, völlig egal, ob durch Eroberung oder totale Kapitulation der Regierung in Kiew.
Putin könnte nochmal vergiftetes Verhandlungsangebot machen
Danach folgte das 50-Tage-Ultimatum des US-Präsidenten - ein wichtiger Schritt und schlechter Witz zugleich, weil es Putin erlaubte, die Ukraine noch gut zwei Monate mit Raketen und Drohnen zu überziehen sowie die Front zu seinen Gunsten zu verschieben. Nachdem Trump schnell merkte, dass Russland die Chance nutzte und sein Nachbarland weiter terrorisierte, verkürzte der Amerikaner die Frist auf zehn Tage. Auch das ist ein Fortschritt. Aber lange kein Durchbruch auf dem Weg zu einem nachhaltigen Frieden. Am Freitag läuft das Ultimatum aus. Dann wird sich zeigen, wie ernst es Trump meint, wie er reagieren wird, ob er, der als Tiger sprang, als Putins Bettvorleger landet.
Dass Russland Angst vor einem entschlossenen Handeln der USA hat, zeigt die Reaktion von Kreml-Sprecher Peskow, für die er Tage brauchte. Er verwies darauf, dass Putin und nicht Medwedew die Außenpolitik bestimme. Eine Binse: Denn Putin ist ein Alleinherrscher, der in Russland alles vorgibt; ohne ihn geht nichts. Man nimmt das Bibbern im Kreml wahr, Trump könnte seinen Kurs tatsächlich ändern. Allein dass Putin heftigen Druck bekommt von jemandem, der unberechenbar ist wie Trump, ist für den russischen Kriegsherrn eine ganz neue Erfahrung. Der US-Präsident zögert nicht, er handelt.
Der Kreml-Chef wird vielleicht noch einmal versuchen, Trump in bewährter Manier einzulullen. Möglich ist, dass Russland erneut ein vergiftetes Angebot macht zu verhandeln, aber nicht die Waffen ruhen lässt. Das kann Putin gar nicht, weil das seiner Propaganda widersprechen würde, wonach sich das ach so friedliche Russland, das sich doch nur gegen den bösen bösen Westen wehrt, nichts mehr von den Amis sagen lässt. Die Frage ist: Wie reagiert Trump, wenn sich der Moskauer Diktator kein Stück bewegt? Verkündet der Amerikaner dann Sanktionen gegen Länder, die den Russen weiter Energie abkaufen? Ein solches Vorgehen würde die Kriegskasse und -fähigkeit Russlands empfindlich treffen und damit vielleicht sogar die innere Stabilität dort ins Wanken bringen.
Sanktionen könnten China enger an Russland binden
Sekundärsanktion würden allerdings die gesamte Weltwirtschaft treffen und Russland noch enger an China binden. Und wie weit ginge Trump? Wie sehr ist er bereit, vor allem Indien und China, aber auch Brasilien - alles Länder mit starker Ökonomie und wichtig für den Welthandel - unter Druck zu setzen? Auch die Europäer kaufen russische Energie. Macht der US-Präsident dann den Zoll-Deal mit der EU wieder auf? Das ist alles offen - übrigens auch, wie das Weiße Haus die Beschlüsse überwachen will, was im Übrigen auch für ein schärferes Vorgehen gegen die russische Schattenflotte betrifft, die russisches Gas und Erdöl unter falscher Flagge über die Weltmeere befördert.
Trump kann auch die US-Waffenlieferungen beschleunigen und ausweiten. Sehr wahrscheinlich wird er das von den Europäern bezahlen lassen, um seine Wähler bei der Stange zu halten. Falls der Amerikaner nicht doch noch einknickt, könnte es zu einer Konfrontation kommen, wie sie die Welt seit dem 22. Februar 2022 noch nicht erlebt hat. Zu verantworten hat das Putin. Er war es, der an jenem Tag mit dem Überfall auf die Ukraine begann, die Weltordnung militärisch zu zertrümmern, weil sie ihm nicht gefiel. Ab Freitag wird sich zeigen, ob ein nachhaltiger Frieden doch noch möglich ist.
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