Eigentlich hoffte die NRW-CDU, dass Gras über die Affäre Caroline Bosbach wachsen würde. Den Vorwurf, die Jungpolitikerin habe sich aus der Parteikasse bedient, bestreitet die 35-Jährige tapfer. Doch jetzt tauchen neue Anschuldigungen auf, die sich aus verräterischen Chats speisen.

Caroline Bosbach ist abgetaucht. Sie meidet die Öffentlichkeit, ist für Medien nicht erreichbar. Selbst zu einer Krisensitzung ihrer CDU erschien sie dieser Tage nicht. Der Grund: Bosbach, 35, kämpft um ihre Karriere. Die Staatsanwaltschaft Köln interessiert sich für ihren Fall. Und zunehmend stellt sich für die CDU-Politikerin die Frage, wer in ihrem politischen und persönlichen Umfeld eigentlich noch zu ihr steht.

Nachdem RTL/ntv und "Stern" berichtet hatten, dass Bosbach im Januar dieses Jahres Bargeld in Höhe von 2500 Euro aus der Parteikasse ihres Wahlkreises angenommen haben soll, zog sich die Tochter von CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach zurück. Über ihre Medienanwälte ließ sie mehrere konfrontative Stellungnahmen verbreiten, sie wittern eine Kampagne frustrierter Parteifreunde und ehemaliger persönlicher Vertrauter.

Den Kern des Vorwurfs bestreiten die Anwälte allerdings nicht. Dass Bosbach die 2500 Euro von einem Mitarbeiter der CDU Rheinisch-Bergischer Kreis tatsächlich entgegennahm, räumen sie ein. Auch habe Bosbach mittlerweile 2500 Euro an die CDU überwiesen.

Als störte die Causa Bosbach den Kommunalwahlkampf der CDU in Nordrhein-Westfalen nicht schon genug, gibt es nun neue Vorwürfe. Die ARD-Sendung "Kontraste" und T-Online berichten, Bosbach solle im Jahr 2023 versucht haben, sich mit Bargeldzahlungen einen Posten im Wirtschaftsflügel ihrer Partei zu sichern. Bosbach habe mithilfe einiger Vertrauter versucht, neue Mitglieder gegen Geld anzuwerben, um eine Mehrheit in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) zu organisieren, so der Vorwurf.

Anwälte präsentieren andere Version der Geschichte

"Kontraste" und T-Online liegen drei eidesstattliche Versicherungen vor, in denen mehrere Personen erklären, dass sie 100 Euro für ihren MIT-Beitritt erhalten hätten - verbunden mit der ausdrücklichen Bitte, für Caroline Bosbach und einen Parteikollegen zu stimmen. Auch RTL/ntv und dem "Stern" liegen diese eidesstattlichen Versicherungen vor. Gegenüber Kontraste und T-Online dementieren Bosbachs Anwälte die Vorwürfe, bestätigen allerdings einen Chatverlauf zwischen Bosbach und einem Mitglied der Jungen Union.

RTL/ntv und "Stern" liegen mehrere Chatnachrichten von Caroline Bosbach vor, die sie an ein Mitglied der Jungen Union verschickt haben soll. Diese Nachrichten untermauern den Verdacht des Stimmenkaufs. In einer Nachricht an ihren JU-Vertrauten, datiert auf den 4. September 2023, also zwei Tage vor der MIT-Wahl, fragt sie demnach: "Hast du noch einen aus der CDU, bei dem es nur am Geld liegt?" Wenig später schreibt sie: "Aber so knapp wie das ist, sponsor ich auch einen. Aber mehr geht nicht." Und weiter: "Ja, bitte wen Vernünftigen, damit es sich auch lohnt."

Ihre Anwälte stellen es so dar: Die fragliche Chat-Passage werde in der Partei gekürzt verschickt, um sie zu diskreditieren. Einzelne Passagen seien gelöscht worden. Die eigentlichen Chats würden offenlegen, dass Bosbach bedrängt worden sei mit dem Vorschlag, gegen Entgelt Mitglieder zu werben. Welchen Inhalt die gelöschten Nachrichten gehabt haben, erklären die Anwälte allerdings nicht. Geld sei nie geflossen, argumentieren sie. Zur Umsetzung des Plans sei es "nie gekommen".

Der Fall Bosbach wird auch für die Landes-CDU immer mehr zum Ärgernis. Mitte September finden in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen statt. Aus Bosbachs Heimat heißt es, dass die vielen offenen Fragen und Vorwürfe großes Thema unter den Mitgliedern und Anhängern der Partei seien. Ein Klima des Misstrauens wird mittlerweile in Bosbachs Kreisverband beklagt.

Warum nahm Bosbach 2500 Euro an?

In der Düsseldorfer Parteizentrale von Hendrik Wüst setzt man auf eine rasche Klärung der Affäre vor Ort. Davon ist man allerdings weit entfernt. Die Prüfung der Staatsanwaltschaft läuft noch. Und die neuen Bargeldvorwürfe werfen die Frage auf, ob es sich bei den bislang bekannten Fällen nur um die Spitze des Eisbergs handelt - oder ob weitere folgen.

Nach wie vor völlig unklar sind die Hintergründe jener Bargeldzahlung von 2500 Euro, die Bosbach in ihrer Wohnung in Bergisch-Gladbach von einem CDU-Mitarbeiter entgegennahm. Dieser behauptet in einer eidesstattlichen Versicherung, Bosbach habe ihn angewiesen, eine Scheinrechnung an die CDU zu stellen, um an das Geld zu kommen. Die Bundestagsabgeordnete widerspricht dem Vorwurf und lässt über ihre Anwälte ausrichten, der Mitarbeiter habe ihr zu dieser Zeit im Wahlkampf sehr wohl geholfen, es handele sich also um eine echte Rechnung. Belege dafür konnten sie allerdings bislang nicht vorlegen.

Ungeklärt ist auch, warum Bosbach im Januar 2025 die 2500 Euro von dem CDU-Mann überhaupt entgegengenommen hat. Ihre Anwälte erklärten, sie habe zahlreiche Wahlkampfausgaben aus eigener Tasche vorgestreckt. Glaubhafte Beweise für private Auslagen in dieser Höhe liefern sie nicht. Private Geldauslagen seien auch nicht üblich, heißt es aus Parteikreisen.

Nach Informationen von RTL/ntv und "Stern" ist es in Bosbachs Kreisverband die Regel, dass Direktkandidaten keine größeren Summen vorstrecken müssen - sämtliche Ausgaben werden zentral über die Partei abgerechnet. Lediglich eine Spende des Direktkandidaten zu Beginn des Wahlkampfes wird von der Partei erwartet. Und selbst wenn Bosbach private Auslagen im Wahlkampf hatte, bleibt die Frage, warum sie diese nicht offiziell über die Partei abrechnete.

Bosbach bleibt Sitzung des Kreisvorstands fern

Ein Beispiel für Bosbachs private Auslagen soll die Rechnung einer Frau aus Bergheim sein, die Caroline Bosbach angeblich aus privater Tasche bezahlte. Die Frau soll laut der Rechnung im Februar 2025 von Bosbach 2000 Euro in bar für "Wahlkampfbegleitung" erhalten haben. Die Rechnung wurde allerdings nach Informationen von RTL/ntv und "Stern" nie bei der CDU Rheinisch-Bergischer Kreis eingereicht. Zudem ist die Rechnung auf den 3. Februar 2025 datiert, das Bargeld des CDU-Mitarbeiters hatte Bosbach bereits Mitte Januar angenommen.

Ein Anspruch von Bosbach auf das Geld des CDU-Azubis erschließt sich durch diese Rechnung also nicht. Die Frau aus Bergheim war für RTL/ntv und "Stern" bislang nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Warum Bosbach ihr 2000 Euro in bar zahlte, bleibt ebenfalls unbeantwortet.

Aufgrund der vielen offenen Fragen ist die Stimmung in Bosbachs CDU angespannt. An einer kurzfristig einberufenen digitalen Sitzung des CDU-Kreisvorstands am Abend des 25. Juli 2025 nahm die Abgeordnete nicht persönlich teil, was unter Parteifreunden für Unmut sorgte.

Ein Anwalt Bosbachs versuchte zwar, in der Sitzung die Bedenken der Vorstandsmitglieder auszuräumen - offenbar aber nur mit mäßigem Erfolg, wie Teilnehmer berichten. In ihrer Partei ist sie mittlerweile Gesprächsthema Nummer eins. Einst war Bosbach Hoffnungsträgerin, jetzt steht plötzlich ihre politische Zukunft infrage.

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