Zwei Grünen-Kommunalpolitiker aus Gotha haben sich mit einem dramatischen Hilferuf an die Parteispitze gewandt. In einem dreiseitigen Schreiben an den Bundesvorstand und die Co-Parteichefs Franziska Brantner und Felix Banaszak schildern Matthias Kaiser und Felix Kalbe eine eskalierende Bedrohungslage für ihre Partei in Thüringen. „Dieser Brief an euch ist ein verzweifelter Hilfeschrei, denn: Wir wissen nicht mehr weiter“, zitiert der „Spiegel“ aus dem Schreiben.
Die Grünen vor Ort würden massiv bedroht, beschimpft und körperlich angegriffen. „Grünenmitglied im ländlichen Thüringen zu sein, also fernab von Jena-Weimar-Erfurt, ist gefährlich geworden“, heißt es weiter in dem Schreiben, das auf den 16. Juli datiert ist. „Angst fängt an, sich breitzumachen.“ Die Stimmung habe sich von Ablehnung zu „abgrundtiefem Hass“ gewandelt – begleitet von einem „systemischen Versagen“ des Rechtsstaates.
Im Wahlkampf 2024 sei es „normal“ gewesen, auf offener Straße beleidigt oder bespuckt zu werden. „Fast wöchentlich wurden Hassbotschaften an unsere Bürofenster geklebt. Sprüche wie: ‚Euch Grüne hängen wir auf‘ waren alltäglich“, berichten Kaiser und Kalbe. Ein Anschlag auf das Grünen-Büro am 20. Februar verschärfte die Lage: In die Scheibe wurde der Satz „Volksverräter tötet euch!“ eingeritzt – die Reparatur sei bis heute gescheitert, weil sich kein Glaser dafür finde. „Viele wollen schlichtweg für ein Büro von Bündnis 90/Die Grünen keine Scheibe austauschen.“
Die Lage spitze sich weiter zu, während die Parteistrukturen in Thüringen bröckelten. Nach dem Debakel der Landtagswahlen 2024 – bei dem die Grünen nur 3,2 Prozent holten – gebe es keine Landtagsfraktion mehr, kaum hauptamtliche Unterstützung. Kaiser und Kalbe: „Währenddessen befinden wir uns in einer akuten körperlichen und mentalen Gefahrenlage.“ Auch bei den Bundestagswahlen kamen die Grünen in Thüringen gerade einmal auf 4,2 Prozent. Neueste Umfragen sehen die Grünen auf Landesebene sogar nur noch bei 3 Prozent.
Präventionskonzept funktioniert nicht
Auch den Thüringer Innenminister Georg Maier (SPD) forderten sie in einem offenen Brief zum Handeln auf. Dessen Präventionskonzept greife nicht. Empfehlungen wie „dunkle Plätze meiden“ oder „das Auto vor der Fahrt prüfen“ seien realitätsfern. „Maßnahmen, die wir bereits seit Jahren treffen – und die an der aktuellen Realität vollends vorbeigehen.“
Die beiden Grünen-Politiker appellieren an den Bundesvorstand, die Lage im Osten nicht mit PR-Aktionen abzutun. Es brauche Personal, Strukturen, Präsenz. „Andernfalls müssen wir uns ehrlich eingestehen, dass wir als Partei die bewusste Entscheidung treffen, die östlichen Bundesländer aufzugeben.“
Tatsächlich hatte es in den vergangenen Wahlkämpfen zahlreiche Angriffe auf Politiker und Parteimitglieder gegeben, über die medial berichtet worden war. Besonders bekannt wurde der Fall des SPD-Politikers Matthias Ecke, der ins Krankenhaus geprügelt worden war. Unter den Opfern dieser Attacken befanden sich jedoch Mitglieder aller Parteien.
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