In Kiew demonstrieren Menschen gegen ein neues Gesetz der Regierung. Ein normaler Vorgang in einer Demokratie. Doch in der russischen Autokratie, welche die Kontrolle über die Ukraine erlangen möchte, sollen so manche mit dem Anblick nicht klarkommen. Zudem wird mit durchschaubaren Manövern reagiert.

Seitdem das ukrainische Parlament und Staatschef Wolodymyr Selenskyj ein umstrittenes neues Korruptionsgesetz beschlossen haben, ist es in Kiew zu mehreren größeren Protestaktionen gekommen. Demonstranten in der Hauptstadt forderten die Rücknahme des Vorhabens und brachten ihre Ängste vor einem Rückfall in alte Zeiten zum Ausdruck, als das Land von Korruption durchsetzt war.

Ausgerechnet im autokratisch regierten Russland, wo vergleichbare Proteste unmöglich sind, wird derweil peinlicherweise versucht, die Demonstrationen in der Ukraine für die eigenen Zwecke zu vereinnahmen. Teilweise soll es auch Erstaunen geben, dass freier Protest - den im eigenen Land mit Sicherheit längst die Polizei aufgelöst hätte - überhaupt möglich ist.

Der Leiter des ukrainischen Zentrums für Desinformation, Andrij Kowalenko, schrieb auf Telegram: "Ich beobachte, wie russische Militärkorrespondenten darüber berichten, dass man in der Ukraine an Kundgebungen teilnehmen kann, die nicht von der Polizei aufgelöst werden - das macht sie einfach fertig. Klar, denn diese Trottel können nicht mal in Russland zu einer Anti-Kriegs-Demo gehen, um diesen sinnlosen und von vornherein verlorenen Krieg zu stoppen."

Russische Manipulationsversuche

Das Institut für Kriegsstudien (ISW) schrieb in seiner täglichen Analyse, Kreml-Beamte, Propagandisten und Sprachrohre des Regimes hätten die Proteste instrumentalisiert, um gängige russische Falscherzählungen voranzutreiben, die darauf abzielten, die ukrainische Regierung als korrupt und illegitim darzustellen. Ein Beispiel dafür ist - wie üblich - Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Er behauptete, dass die ukrainischen Behörden eine beträchtliche Menge Geld von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union gestohlen hätten.

Dem Kreml, der sonst nichts von Demonstrationen hält, kommen Proteste demnach sehr gelegen, wenn sie dazu dienen, Falschbehauptungen für die eigenen Zwecke zu verbreiten. Statt darüber zu berichten, dass Teile der Ukrainer sich gegen ein Gesetz auflehnen, das die Unabhängigkeit von zwei Anti-Korruptionsbehörden einschränkt, werden in Russland einfach ganz andere Sachen erzählt.

Laut ISW behaupteten Staatsduma-Abgeordnete und Kreml-Sprachrohre gegenüber Staatsmedien, die Ukrainer würden im Allgemeinen gegen die Fortsetzung des Krieges, die Regierung und Staatschef Selenskyj persönlich protestieren. Auch sei die Falscherzählung verbreitet worden, dass das Korruptionsgesetz darauf abziele, ukrainische Beamte zu schützen, die westliche Mittel, die für militärische Hilfe bestimmt sind, veruntreut haben.

Die Instrumentalisierung der Proteste beschränkt sich dabei nicht auf Russland. Auch die für rechtsextreme Positionen und Verschwörungstheorien bekannte republikanische US-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene verbreitete auf X Falschbehauptungen: "In Kiew sind massive Proteste gegen den ukrainischen Präsidenten Selenskyj ausgebrochen, da er ein Diktator ist und sich weigert, ein Friedensabkommen zu schließen und den Krieg zu beenden. Gut für das ukrainische Volk! Werft ihn aus dem Amt!", hieß es zu einem Video. Der Beitrag wurde mehrere Millionen Mal angesehen.

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