Von Olaf Scholz bekam Macron ein Fischbrötchen, Friedrich Merz lässt ihm Kalbsrücken servieren. Beim dreistündigen Treffen des Kanzlers mit dem französischen Präsidenten kommen außerdem eine ganze Reihe von Themen auf den Tisch.
Bundeskanzler Friedrich Merz und der französische Präsident Emmanuel Macron wollen den Streit über die gemeinsame Entwicklung des Luftkampfsystems FCAS bis Ende August beilegen. Bei ihrem Treffen in Berlin beauftragten sie ihre Verteidigungsminister damit, bis dann "eine realistische Perspektive über die weitere Zusammenarbeit im FCAS-Konsortium zu evaluieren und Vorschläge für die Beilegung bestehender Konflikte zu unterbreiten", wie der deutsche Regierungssprecher Stefan Kornelius nach den mehr als dreistündigen Beratungen bei einem Abendessen in der Villa Borsig am Tegeler See mitteilte.
Die deutsche Erwartung sei, dass sich das französische Unternehmen Dassault "an die bestehenden Vereinbarungen hält". Danach sollen Dassault, Airbus Deutschland und das spanische Unternehmen Indra jeweils zu einem Drittel an dem Projekt beteiligt werden. Berichten zufolge strebt Dassault nun aber 80 Prozent an, was für Deutschland nicht infrage kommt.
Am 28. und 29. August findet eine gemeinsame Kabinettssitzung der beiden Regierungen im südfranzösischen Toulon statt. Bis dann soll der Streit beigelegt sein. Das Luftkampfsystem FCAS soll von 2040 an einsatzfähig sein und den Kampfjet Eurofighter ablösen. Es soll im Verbund mit unbewaffneten und bewaffneten Drohnen fliegen und ist insofern mehr als ein Kampfflugzeug. Die Gesamtkosten von FCAS werden auf einen dreistelligen Milliardenbetrag geschätzt.
Im Zollstreit werden die Instrumente sortiert
Im Zollstreit mit den USA zeigten sich Merz und Macron entschlossen, mit Gegenmaßnahmen auf mögliche US-Zölle zu reagieren. "Die beiden Seiten sind sich einig, dass sie sich weitere handelspolitische Instrumente vorbehalten sollten, sollten die Verhandlungen nicht zu einem Erfolg führen", sagte Kornelius. Man sei auch bereit, "neue Maßnahmen zu entwickeln".
Die USA wollen zum 1. August Zölle von 30 Prozent auf EU-Waren erheben. Derzeit laufen Verhandlungen mit der EU, um das mit einem Handelsdeal noch zu verhindern. Vor dem Treffen hatte Merz noch angedeutet, dass es zu einer schnellen Einigung kommen könnte. Man werde unter anderem über die "aktuelle Handelspolitik" beraten, "zu der wir in diesen Minuten hören, dass es möglicherweise Entscheidungen geben könnte", sagte er. Davon war nach dem Treffen allerdings keine Rede mehr.
Sorge wegen Selenskyjs Kurs bei Korruptionsbekämpfung
Merz und Macron zeigten sich besorgt über die Situation im Gazastreifen und appellierten an die israelische Regierung, "einen Waffenstillstand sofort einzuleiten und humanitäre Maßnahmen in unmittelbarer Nähe zu ergreifen", wie Kornelius sagte. Frankreich hat zuletzt den Appell von 28 Staaten zur Beendigung des Gaza-Krieges unterzeichnet, dem Deutschland sich nicht angeschlossen hat.
In dem "sehr vertrauensvollen" Gespräch habe es auch eine "lange und intensive Debatte" zu der Lage in der Ukraine gegeben, bei der es nicht nur um militärische Unterstützung, sondern auch um die innenpolitische Lage gegangen sei, sagte Kornelius. Parlamentsbeschlüsse zur Beschränkung der Korruptionsbekämpfung hatten in mehreren Großstädten der Ukraine zu Protesten geführt. Macron und Merz wollten mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj darüber reden, hieß es - auch mit Blick auf die EU-Ambitionen der Ukraine.
Erster Besuch beim neuen Kanzler
Es war der erste Deutschlandbesuch Macrons seit dem Regierungswechsel in Deutschland am 6. Mai. Am Tag nach seiner Wahl zum Kanzler war der CDU-Politiker Merz nach Paris aufgebrochen, um zusammen mit Macron einen "Neustart" in den unter seinem Vorgänger Olaf Scholz deutlich abgekühlten deutsch-französischen Beziehungen einzuläuten. Daran wollen beide nun weiter arbeiten und ihre Zusammenarbeit auf allen Ebenen vertiefen.
"Wir stehen auf dem Fundament einer über Jahrzehnte gewachsenen engen deutsch-französischen Freundschaft. Und wir beide empfinden dies als eine große Verpflichtung, daran auch in den nächsten Jahren weiterzuarbeiten", sagte der Kanzler vor dem Gespräch.
Das Treffen fand in einer Villa am Tegeler See statt, die einst der Industriellenfamilie Borsig gehörte und heute Gästehaus des Auswärtigen Amts ist. Merz ließ seinem Gast dort Tomatensalat, Helgoländer Meeresfrüchte mit Blumenkohl und Bohnenkernen sowie Kalbsrücken mit Sommergemüse, Pfifferlingen und Gnocchi servieren. Damit setzte er sich auch kulinarisch von seinem Vorgänger Scholz ab. Der hatte im Oktober 2023 versucht, Macron bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Hamburg mit einem Fischbrötchen zu begeistern - vergeblich.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke