Der Europaausschuss-Vorsitzende Anton Hofreiter fordert den Bundeskanzler eine klare Haltung zum Krieg in Gaza. Ein Ende der Waffenlieferungen an Israel sieht er trotzdem kritisch. Mit Blick auf die USA hat er eine klare Meinung.
Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, hat die Bundesregierung zu einer deutlicheren Haltung zum Gazakrieg aufgefordert. Auch Deutschland müsse die gemeinsame Erklärung von 28 Ländern für ein sofortiges Ende des Krieges unterzeichnen. "Es wäre richtig, dass sich Deutschland da anschließt", so der Grünen-Politiker im Frühstart von RTL und ntv.
Die Außenminister von mehr als zwei Dutzend Ländern fordern das Kriegsende in einer gemeinsamen Erklärung und kritisieren zugleich Israels Umgang mit der humanitären Hilfe für das abgeriegelte Gebiet. "Der Krieg in Gaza muss jetzt beendet werden", heißt es in dem Text. "Weiteres Blutvergießen dient keinem Zweck." Die weiter in Gaza festgehaltenen Geiseln müssten sofort freigelassen werden. Das israelische Außenministerium wies die Erklärung als "ohne Bezug zur Wirklichkeit" zurück.
Laut Hofreiter müsse man allerdings im Hinterkopf behalten, dass "Deutschland eine besondere Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel" habe. Trotzdem findet der Grünen-Politiker: "Was in Gaza passiert, das Ausmaß an Hunger und an humanitärer Katastrophe - daran muss sich sofort etwas ändern." Deshalb halte er in der Abwägung ein Unterzeichnen der Erklärung für richtig.
Die SPD im Bundestag dringt darauf, dass Deutschland sich der Forderung der 28 Staaten nach einem sofortigen Ende des Kriegs im Gazastreifen anschließt. "Wenn internationales Recht systematisch verletzt wird, muss das Konsequenzen haben", schrieb Fraktionschef Matthias Miersch auf der Plattform X. "Deutschland sollte sich der Initiative Großbritanniens anschließen und hier nicht ausscheren." Bundeskanzler Friedrich Merz sprach davon, die Bundesregierung habe in der Gaza-Frage eine einheitliche Meinung. Aus seiner Sicht gebe es keine Differenzen in dieser Frage zwischen der Union und dem Koalitionspartner SPD.
Hofreiter: für Deutschland ein ganz schwieriges Dilemma
Zu den Forderungen, die Waffenlieferungen einzustellen, erwiderte Hofreiter: "Da muss man vorsichtiger sein. Man darf bei all dem nicht vergessen, dass Israel konstant unter Druck steht und immer wieder von seinen Nachbarn angegriffen wird." Hofreiter hob hier besonders den Iran hervor. Mit Blick auf Bundeskanzler Merz und Außenminister Johann Wadephul fordern die SPD-Abgeordneten, bestehende Kooperationen mit Israel wie das Assoziierungsabkommen müssten auf Eis gelegt und weitere Maßnahmen wie der Stopp von Waffenexporten an die israelische Regierung durchgesetzt werden.
Hofreiter gibt zu bedenken: "Wir müssen auf der einen Seite versuchen, dafür zu sorgen, dass die Menschen in Gaza und im Westjordanland, wo schwere Verbrechen gegen die palästinensische Bevölkerung begangen werden, sicher sind. Auf der anderen Seite muss Deutschland dafür sorgen, dass Israel nicht erfolgreich angegriffen werden kann." Der Grünen-Politiker bewertet dies als eine "ganz schwierige Dilemma-Situation".
Anders als Deutschland gehört Frankreich zu den Unterzeichnern der Erklärung. Der Bundeskanzler wird am Mittwochabend Präsident Emmanuel Macron in der Berliner Villa Borsig am Tegeler See zu einem Abendessen empfangen. Es ist der erste Deutschlandbesuch Macrons seit dem Regierungswechsel in Deutschland am 6. Mai.
Vor dem Treffen, bei dem es auch um die Zukunft der europäischen Verteidigungspolitik gehen wird, mahnte Hofreiter: "Wir müssen uns schlichtweg darüber im Klaren sein, dass die USA kein verlässlicher Partner mehr sind." Der Vorsitzende des Europaausschusses sagte: "Manche hoffen, dass Trump am Ende die Europäer doch verteidigen würde. Aber im Kern funktionieren Abschreckung und das Prinzip der NATO auf Verlässlichkeit. Und wenn Trump irgendwas überhaupt nicht ist, dann ist es: verlässlich." Man solle die Naivität, die der Bundeskanzler und sein Außenminister gegenüber Trump hätten, ablegen. "Wir wissen es schlichtweg nicht und deswegen brauchen wir eine engere europäische Zusammenarbeit. Europa muss endlich erwachsen werden und in der Lage sein, selbst für seine Sicherheit zu sorgen."
Hofreiter betonte, dass Deutschland von Frankreich schon mit nuklearer Abschreckung geschützt werde: "Frankreich hat ja schon mehrmals erklärt, dass Berlin zu den vitalen Interessen Frankreichs gehört. Und das bedeutet übersetzt, dass wir bereits unter dem französischen Atomschirm sind."
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke